Re: passend - Büro für Desinformation und andere Quellen!
Geschrieben von franz_liszt am 12. Februar 2003 17:48:02:
Als Antwort auf: passende Fundsache vom Elliottforum (3.WK etc.) geschrieben von Baldur am 12. Februar 2003 17:25:32:
Hallo Foris,
eine Fundsache aus n-tv.de mit vielen konkreten Hinweisen.
Gruß franz_liszt
Mittwoch, 12. Februar 2003
Breaking News
Der Krieg und die Medien
Die Bilder sind noch in
Erinnerung: Brutale Iraker
zerren kuwaitische Babys aus
Brutkästen und töten sie,
150.000 Iraker marschieren an
der Grenze zu Kuwait auf, ein
ölverschmierter Kormoran als
Symbol für die naturzerstörende
Kriegsführung Saddam Husseins.
Erst nach dem Golfkrieg 1991
zeigte sich, dass diese Bilder und
die Geschichten dazu gefälscht
waren. Medien wurden
manipuliert, um einen Krieg in
der Öffentlichkeit zu
rechtfertigen.
Ein Bericht von Peter Poprawa
Die Auswahl der täglichen
Berichterstattung, die Frage, wie
ausführlich dieses oder jenes
Thema präsentiert wird, dies sind
die originären Aufgaben der
Massenmedien. Selektion ist nötig.
Keines der einzelnen Medien kann
auch nur im Ansatz
„Vollständigkeit“ leisten, die die
relevanten aktuellen
Informationen der Welt liefern.
Darum zählt eine Medienvielfalt
auch zu den Grundpfeilern demokratischer Staaten.
Auch wenn man den Nachrichtenagenturen und Redaktionen keine
politische Intention unterstellen möchte, werden sie immer nur eine
bereits verzerrte Abbildung der Realität liefern können. Die Nachricht
als Beschreibung eines Vorgangs beinhaltet bereits unbewusst eine
subjektive Bewertung. Schon deshalb können Medien kein
umfassendes Bild von der Wirklichkeit produzieren, sie sind also
wirklich niemals „objektiv“. So wie sich auch der Betrachter niemals ein
objektives Bild einer Erscheinung machen kann.
Gravierender hingegen ist es, wenn Medien bewusst manipuliert
werden, wenn bewusst Falschinformationen als Wahrheit „verkauft“
werden. Nicht immer gelingt es dem Journalisten, der „tatsächlichen
Wahrheit“ auf den Grund zu gehen. Medien werden manipuliert, um die
Öffentlichkeit in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken. Die
Interessen können politische, wirtschaftliche oder auch kulturelle sein.
Aus Sicht der Pressefreiheit war der Vietnamkrieg wohl einer der
idealsten Kriege überhaupt. Es war der erste Krieg, bei dem
Journalisten so gut wie keiner Zensur unterworfen waren. Wie es
scheint, war es aber auch der letzte Krieg, der ohne größere Zensur
auskam. Verantwortliche auf Seiten der USA hatten erkannt, dass ein
„idealer Krieg nur ein total geheimer Krieg“ ist.
Die Kraft der Bilder
Aus dem Vietnamkrieg sind Tausende Fotografien bekannt, die das
Leiden auf beiden Seiten dokumentieren. Diese Bilder mit
entsprechenden Reportagen wurden in allen Teilen der Welt
veröffentlicht - auch in den USA. Später wurde analysiert, dass es auch
diese Berichte waren, die dafür sorgten, dass die „Heimatfront“ in den
USA und im Rest der Welt zusammenbrach. Die patriotische
amerikanische Öffentlichkeit fühlte sich gedemütigt, als sie Berichte
über das Sterben ihrer Soldaten sehen musste. Die Pazifisten sahen
sich bestätigt in ihrer Sicht eines „sinnlosen Krieges“. Es muss also
davon ausgegangen werden, dass die Berichte dazu beitrugen, diesen
Krieg zu beenden.
Im Gegenteil zu Vietnam konnte man später feststellen, dass es aus
dem zweiten Golfkrieg 1991 so gut wie keine Fotos von getöteten
Soldaten gibt. Bekannt wurden lediglich zwei Fotos, die um die Welt
gingen. Beide stammen von den Brüdern Peter und David Turnley von
der Agentur „Black Star“: Eines zeigt einen halb verbrannten irakischen
Soldaten. Ein weiteres zeigt einen verletzten GI, der um einen in einem
Leichensack neben ihm liegenden Kameraden weint. Allerdings wurde
das zweite Bild erst nach Ende der offiziellen Kampfhandlungen
veröffentlicht. 1993 bekamen die US-amerikanischen Strategen im
Nachhinein Recht, was ihre Angst vor Bildberichten betraf: Paul Watson
fotografierte 1993 den in Mogadischu, Somalia, abgeschossenen
Piloten eines Hubschraubers der US-Army. Die Wirkung dieses Bildes
wurde später in US-Medien so beschrieben: „Binnen weniger Monate
zogen sich US-Truppen und UN-Streitkräfte aus Somalia zurück“.
Manipulation im TV
Während des Vietnamkriegs steckte das Fernsehen noch in den
Kinderschuhen. Später und vor allem im Golfkrieg 1991 wurde es als
Medium entdeckt, welches den Krieg in ein realitätsnahes bewegtes
Leben versetzte. Fast 90 Prozent der Medienkonsumenten schauten
fern. Mit dem Fernsehen stieg auch der Glaube der Zuschauer, mehr
und besser Bescheid zu wissen. Der Krieg wurde zur besten Sendezeit
in die Wohnzimmer gebracht und erhielt damit eine zentrale Rolle in
der Planung kommender Kriege. Die Schlacht am Persischen Golf
begann am 16. Januar 1991 zur Primetime 19.00 Uhr in Washington. In
Bagdad ist es schon der 17. Januar und 03.00 Uhr morgens. Die
Angriffe von amerikanischen Apache-Hubschraubern werden von CNN
live aus Bagdad übertragen. Dieser Krieg erweckte schon in den
Anfangsminuten den Anschein, zu 100 Prozent transparent geführt zu
werden. Nicht umsonst gibt es den Ausspruch führender US-Militärs,
dass „alle folgenden Kriege an den Fernsehern der Nation entschieden
werden“.
Fatal an dieser Entwicklung ist, dass diese neuartigen Bilder genau
das Gegenteil von dem suggerierten was sie tatsächlich beinhalteten.
Der Fernsehzuschauer war überwältigt von den „detaillierten
Informationen“ die ihm präsentiert wurden. Man konnte scheinbar
genau beobachten, wie die „intelligenten Waffen“ ihr Ziel fanden und
zerstörten. Der Zuschauer musste sich auf zusätzliche vom Militär
gelieferten Informationen über Zeit, Ort und Folgen des Angriffs
verlassen. Denn was er sah, war lediglich, dass eine lasergesteuerte
Bombe irgendwo ein Gebäude oder Fahrzeug zerstörte. Diese Bilder
aus den „Köpfen der Bomben“ vermittelten gemeinsam mit der
Verwendung des Begriffs der „intelligenten Waffen“ den Eindruck
absoluter Zielgenauigkeit. Der Begriff der „chirurgischen Präzision“, der
immer wieder im Zusammenhang mit Angriffen Verwendung fand,
unterstützte diesen Eindruck zusätzlich. Nach dem Krieg gab die Air
Force jedoch zu, dass 56.000 Tonnen Sprengstoff (rund 70 Prozent)
nicht ihr vorgegebenes Ziel trafen.
Gezielte Desinformationen
Doch nicht erst während des Krieges wurden gefälschte Nachrichten
dazu verwendet, um den militärischen Gegner sowie auch die
Öffentlichkeit zu täuschen oder zu beeinflussen. Eines der
gravierendsten Beispiele solcher Aktivitäten ist die Rolle der
PR-Argentur „Hill and Knowlton“ aus den USA in der Vorbereitung des
zweiten Golfkrieges: Laut einem am 20.02.2002 von Florian Rötzer
veröffentlichten Artikel im „Telepolis“, hatte die Organisation „Citizens
for a free Kuwait“ diese Agentur 1990 engagiert, „um der militärischen
Befreiung Kuwaits Nachdruck zu verleihen.“
Wie aus mehreren Quellen zu entnehmen ist, gelang es der
PR-Argentur, ein 15-jähriges Mädchen, die Krankenschwester
„Nayirah“, in einer öffentlichen Anhörung vor dem
Menschenrechtsausschuss und Abgeordneten des US-Kongress im
Oktober 1990 berichten zu lassen. Sie schilderte, wie irakische
Besatzer in das Addan-Hospital eindrangen, Säuglinge aus den
Brutkästen holten und sie auf dem kalten Boden sterben ließen. Diese
Geschichte wurde nicht nur in unterschiedlicher „Ausschmückung“ von
den Medien übernommen, auch Präsident Bush (sen.) verwies bei
öffentlichen Auftritten mehrmals auf diese Story. Sogar amnesty
international übernahm diese Geschichte mit der angegebenen Zahl
von 312 toten Säuglingen anscheinend ungeprüft. Des Weiteren ließ
„Hill and Knowlton“ offensichtlich einen Film dieser Geschichte
herstellen, der dann an Sender verteilt wurde, die diesen auch
ausstrahlten. Außerdem soll es der Agentur gelungen sein, Bilder von
angeblich gefolterten Kuwaitis während der Sitzung des
Sicherheitsrats der UN zu präsentieren und angebliche Zeugen
aussagen zu lassen.
Später stellte sich heraus, dass „Nayirah“ die Tochter des kuwaitischen
Botschafters in Washington ist und die „Brutkastengeschichte“ eine
Fälschung war. Die Bilder der Geschichte und eines ölverschmierten
Kormorans, der zum Symbol für die naturzerstörende Kriegsführung
Saddam Husseins wurde, sollen in Wirklichkeit nicht in Kuwait, sondern
vor der kanadischen Küste gemacht worden sein.
Angst verbreiten mit Lügen
Zur Stationierung der US-Truppen und ihrer Alliierten kam es auch nur
durch einen offensichtlichen Schwindel der USA. Die US-Regierung legte
dem saudischen Königshaus angeblich authentische Satellitenbilder
vor, wonach ca. 150.000 Soldaten der irakischen Armee mit vielen
Panzern entlang der kuwaitisch-saudischen Grenze Aufstellung
bezogen hatten. Aus Angst willigte die bis dahin wenig begeisterte
saudische Regierung sofort ein. "Newsweek" konfrontierte die
US-Regierung wenig später mit Bildern russischer
Aufklärungssatelliten, wonach an der Grenze zu Saudi-Arabien kein
einziger irakischer Soldat aufmarschiert war. Die US-Regierung
verweigerte hierzu jeglichen Kommentar, was so gut wie ein
Zugeständnis ist, da man im Folgenden auch keinerlei Schritte
unternahm, um rechtlich gegen "Newsweek" vorzugehen.
Bei anderen Nachrichten konnte zwar keine Fälschung nachgewiesen
werden, aber die Art der Informationen, die die Öffentlichkeit zur
Verfügung hatte, verzerrte die Realität und suggerierte gewisse
Inhalte.
In bestem Wissen und Gewissen
Offenbar ist die breite Zustimmung der Öffentlichkeit für die
Durchführung eines Krieges unverzichtbar. Da diese Zustimmung
Resultat einer Meinungsbildung ist, die auf Aufklärung durch die Medien
basiert, liegt es nahe, dass die Informationen im jeweiligen Interesse
des Landes präsentiert werden.
Klaus Kreimeier vom Duisburger Institut für Sprach- und
Sozialforschung stellt fest, dass die „Entmachtung einer stets als
unabhängig verstandenen audiovisuellen Nachrichtenkommunikation
im Golfkrieg“ Folgen für die Berichterstattung der deutschen Medien
hat. Laut Kreimeier wird die entstandene Verunsicherung in Blick und
Argumentation integriert. Das „Konjunktiv wird kultiviert“ und die
Moderatoren warnen direkt und indirekt vor dem von ihnen
präsentierten Material.
Nach dem Informationsdesaster von 1991 gaben sich auch prominente
deutsche TV-Journalisten zerknirscht und gelobten Besserung.
Nikolaus Brender sprach in einem Interview von "offensichtlichen
Fehlleistungen der Kolleginnen und Kollegen" und stellte nachdrücklich
Wandlung in Aussicht: "Es war totales Fernsehen mit null
Informationen und trotzdem haben wir mitgemacht. Wir waren von der
Einschaltquote fasziniert."
Nichts bleibt, wie es war?
Nach den Anschlägen am 11. September 2001 zeichnet sich allerdings
eine Entwicklung ab, die es momentan schwer macht, an zuverlässige
Informationen über Sachverhalte zu gelangen, die im weitesten Sinne
mit der Sicherheitspolitik der USA in Zusammenhang stehen. Präsident
Bush formulierte es bezugnehmend auf den Kampf gegen den
Terrorismus so: „Viele unserer Siege werden unsichtbar bleiben.“ Der
stärker werdende Patriotismus in der Bevölkerung und in den Medien
nach dem 11. September ist unübersehbar. Das sich dies auf die
Berichterstattung auswirkt, liegt auf der Hand.
Einen Fauxpas leistete sich die US-Regierung zudem mit ihrem Büro für
Desinformation. Das OSI („Office of Strategic Influence“) wurde nach
den Anschlägen von 11. September gegründet. Es sollte Pläne für
künftige Kampagnen ausarbeiten, die auf ausländische Medien und
das Internet ausgerichtet sind. Damals hatte es geheißen, absichtlich
gestreute Desinformationen könnten für die Amerikaner im Kampf
gegen den Terrorismus nützlich sein. Dass Falschmeldungen auch die
allgemeine Öffentlichkeit täuschen, war in Kauf genommen worden.
Proteste von Journalisten führten schließlich dazu, dass das OSI
offiziell geschlossen wurde. Ob das auch für die „Pläne zukünftiger
Kampagnen“ gilt, bleibt zu bezweifeln.
Im Falle eines neuen Golfkriegs soll nun aber alles anders werden.
Nach Plänen des US-Verteidigungsministeriums sollen Reporter die
Soldaten bis an die Front begleiten dürfen. Ihre Berichte sollen den
„irakischen Desinformationen entgegenwirken“. Allerdings dürfe das
Informationsbedürfnis der Reporter nicht den militärischen Plänen der
US-Allianz und seiner Soldaten widersprechen. Warten wir also
gespannt auf die nächsten Breaking News.