No ! The jail door is opened constantly !

Geschrieben von wikking am 08. Februar 2003 20:21:54:

Als Antwort auf: Prisoner of Planet Earth geschrieben von quink am 08. Februar 2003 18:06:00:

Servus, Quink,

nein, wir sind sicher keine Gefangenen der Erde, sondern Gefangene eines völlig eingeengten Bewußtseins. Wir projizieren diese "innere Kerkerhaft" nur auf allerlei äußeres...

Wenn man sich die "Proph-Tabelle" von Chromos weiter unten ansieht, dann dürfte die Gefangenschaft sich wohl langsam dem Ende zuneigen.
Und auch jetzt schon stehen doch jedem einzelnen von uns schon die Käfigtüren seines Bewußtseins offen, nur: wer erkennt es, daß die Türen schon offen sind ... und wir nur noch hindurchzugehen brauchen.

Ich kopiere hier eine kleine Parabel ein, die das schön zeigt.
Wir Menschen sind manchmal wie jener Vogel Rea...

Beste Grüße
wikking

***

Schlichtweg vergessen...

Rea war ein Vogel der im unendlichen Blau des Himmels zuhause war. Wenn er sich in die Lüfte erhob,
dann wäre sein kleines Vogelherz am liebsten vor Freude zersprungen, so weit und frei fühlte er sich dann. Reas Leben bestand im Grunde genommen nur darin, seine himmelwärts gerichtete Freiheits-Freude durch stetiges Singen zu verbreiten. Er spürte, daß viele Tiere und Menschen seinen Gesang mochten, daher sang er, wo er nur konnte, sein sanftes Lied, welches aus den drei „Fs“ bestand: Freiheit, Friede, Freude. Und allein diese Tatsache, andere Wesen durch seinen Gesang inspirieren zu dürfen, das machte ihn selbst überglücklich. Er hatte keine Wünsche und Begierden; was sollte er auch begehren, trug er doch die absolute Fülle in sich. Er kannte keinen Hochmut oder Stolz; worüber hätte er sich auch künstlich erheben wollen, war ihm doch die Freude des Fliegens in der Unendlichkeit des Himmels ständig vergönnt.
Doch eines Tages geschah etwas Schlimmes. Ein Mensch, der seinen Gesang nur mit den Ohren, jedoch
nicht mit dem Herzen wahrnahm, fing den kleinen Vogel mit einem Netz und sperrte ihn in einen engen
Käfig. Diesen Käfig stellte der Mensch in seine Wohnung in einer grauen Großstadt (Rea wunderte sich, wie ein Wesen in solch zermürbendem Grau überhaupt existieren konnte, ohne wahnsinnig zu werden...), und er erwartete nun von dem Vogel, daß er ihn trotz der aufgezwungenen Enge tagtäglich mit seinem Gesang erfreute. Äußerlich bot der Mensch seinem eingesperrten Vogel zwar alles, was dieser zum Leben brauchte, doch wichtigste wurde Rea nun vorenthalten: die Freiheit, sich zum Himmel zu erheben. Statt daß er sich sein Futter unter rauschenden Bäumen im Wald oder in sonnendurchfluteten, grünen Wiesen holen durfte, bekam Rea jeden Tag eine Handvoll alter Körner in den Käfig geworfen, die entsetzlich schmeckten und ihm all seine Energie raubten. Statt daß er die Wärme der Sonne auf seinem Gefieder erfahren durfte, wurde er mit seinem Käfig an einen Heizkörper gestellt, der Rea ununterbrochen mit einer gänzlich ungesunden, künstlichen Wärme ermattete. Statt daß er die Freude unterschiedlicher Witterung und den ständigen Kontakt mit anderen Vögeln weiter erleben durfte, mußte Rea immer nur ein künstlicher Raum-Klima
ertragen und hatte als einzige Gesellschaft einen meist mißmutig gelaunten Menschen, der ständig schimpfte, wenn er den Vogelkäfig sauber machen mußte und darüber nörgelte, daß der Vogel zuviel fraß und zuwenig sang. Rea mußte zwangsweise seine Unendlichkeits-Freiheit mit dem Kunst-Leben in der menschlichen Zivilisation eintauschen. Und dieser Tausch veränderte ihn. Langsam, ganz langsam vergaß er das Leben unter freiem Himmel, vergaß die unendliche Weite, die seine Heimat gewesen war, vergaß aber auch seine Seelen-Lieder, die er früher über Freiheit, Frieden und Freude gesungen hatte. Eine Zeitlang sang Rea zwar noch, obwohl seine Gesänge eher von Traurigkeit über den Verlust seiner Freiheit erzählten, doch dies bemerkte der Mensch natürlich nicht. Nach ein paar Monaten verstummte der Gesang dann gänzlich.
Da ging der Mensch mit Rea zum Tierarzt, weil er immerhin bemerkte, daß etwas nicht mit dem Vogel
stimmte. Als der Tierarzt hörte, daß es sich hier um einen gefangenen Vogel handelte, riet er dem
Vogelbesitzer: „Sie müssen ihn wieder freilassen. Er ist den Käfig nicht gewöhnt. Er wird sterben, wenn er weiterhin eingesperrt bleibt...“
Traurig ging der Mensch mit seinem Vogelkäfig wieder nach Hause. Er wartete noch einige weitere Monate. Als dann derVogel immer noch nicht sang, stellte er den Käfig mit geöffneter Tür ans offene Fenster und sprach zu Rea: „So, mein Kleiner, dann flieg mal los..., dir scheint es ja bei mir nicht zu gefallen !“
Doch Rea blieb in seinem Käfig sitzen. Er hatte sich an sein Leben in Unfreiheit gewöhnt. Der Käfig war
seine gewohnte Umgebung für ihn geworden. Die künstliche Nahrung und das unechte Wohnungsklima
hatten ihn zwar verweichlicht und unglücklich gemacht, doch er kannte es ja nicht anders. Er hatte dasUnglücklichsein und die Verweichlichung als normalen Dauerzustand akzeptiert.
Er hatte schlichtweg vergessen, daß er einst als singendes Geschöpf Gottes im Unendlichkeits-Himmel das Lied der Freiheit, des Friedens und der Freude verbreitet hatte.

***

Wichtig an dieser Stelle ist nur, daß wir, die Leser dieser Parabel, finden, wo sich in unserem Leben die offene Tür befindet, die aus dem Käfig hinausführt. Eigentlich ist alles ganz einfach: Wir brauchen nur durch die offen stehende Tür hindurchzufliegen.
Das Problem liegt jedoch darin, daß wir alle meistens zu blind sind, um zu erkennen, daß die Türe ständig offensteht, und es somit allein an uns liegt, ob wir im Käfig verbleiben wollen, oder nicht.


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