Folgender Artikel dürfte von allgemeinem Interesse sein
Geschrieben von Hubert am 01. Februar 2003 13:12:19:
Kehrtwende Russlands bei Menschenrechten
Freiheitsbeschränkungen nehmen zuMOSKAU, den 25. Januar 2003 (ZENIT.org).- Restriktionen gegen die katholische Kirche in Russland sind eine Ursache für großes Leid für Johannes Paul II. Diese Worte gebrauchte er in seiner Ansprache an das diplomatische Corps am 13. Januar, als er über die Schwierigkeiten sprach, denen Katholiken in Russland ausgesetzt sind, die jetzt seit Monaten erleben müssen, dass einige ihrer Pfarrer aus administrativen Gründen daran gehindert werden, zu ihnen zurückzukommen.
Der Papst appellierte an die russische Regierung konkrete Entscheidungen zu treffen, um die Situation zu klären, im Einklang mit den internationalen Abkommen, die das moderne, demokratische Russland unterschrieben hat. Johannes Paul II. beendete seine offenen Bemerkungen mit den Worten: Russische Katholiken wollen wie ihre Brüder in der übrigen Welt in gleicher Freiheit und gleicher Würde leben.
Die kurzfristigen Aussichten für die Kirche sind nicht gut. In der Tat zeigt die Entwicklung Russlands unter der Führerschaft des Präsidenten Wladimir Putin eine zunehmende Neigung, die grundlegenden Menschenrechte und demokratischen Freiheiten zu missachten.
Einhergehend mit weitverbreiteten Beschränkungen der Religionsfreiheit sind die Medien zunehmend mundtot gemacht worden. Die jüngste Maßnahme, die am 20. Januar vom Wall Street Journal gemeldet wurde, war die Entlassung des amerikanischen Finanzexperten Boris Jordan, der Generaldirektor der Gazprom-Medien gewesen war.
Dieser Konzern ist eine Tochtergesellschaft von OAO Gazprom, der vom Staat beherrschten Gesellschaft, welche die Energieindustrie in Russland beherrscht. Jordan wird vorerst Generaldirektor von NTV, dem Fernsehkanal der Gazprom-Medien, bleiben. Aber, wie er sagt, erwartet er, dass er auch da entlassen wird.
Jordans Posten wackelte, seit Präsident Putin öffentlich NTVs Berichterstattung über die Geiselkrise vom Oktober kritisierte, als tschetschenische Bewaffnete 800 Menschen in einem Moskau er Theater als Geiseln nahmen, schrieb das Wall Street Journal.
Bis vor kurzem war NTV ein unabhängiger Fernsehsender. Aber dann, bald nachdem Putin im Jahre 2000 die Macht ergriff, wurde sein bisheriger Besitzer, der Medienmagnat Wladimir Gusinsky, des Betrugs angeklagt und für kurze Zeit inhaftiert. Im April 2001 übernahm das Staatsunternehmen Gazprom die Kontrolle von NTV und Gusinskys anderen Medienholdinggesellschaften.
Die Regierung machte noch weitere unabhängige Medienquellen mundtot, berichtete der Economist in seiner Ausgabe vom 11. Januar. Boris Berezovsky, der sich ebenso wie Gusinsky jetzt im Exil befindet, verlor seine beiden Fernsehstationen ORT und TV-6. Erstere ist jetzt, wie es im Economist heißt, ein Schoßhündchen des Staates, während letztere vor einem Jahr geschlossen wurde.
Der Economist erwähnte auch die zahlreichen die Pressefreiheit beschränkenden Gesetze. Darunter befinde sich auch ein Verbot für die Presse, für oder gegen Kandidaten Wahlkampfpropaganda zu machen. Aber das Gesetz mache nicht ganz deutlich, was unter das Verbot fällt und setze dadurch die Medien Eingriffen von Seiten der Regierung aus, wenn den Behörden eine Berichterstattung missfalle. Ebenso könnten Sendelizenzen nach zwei amtlichen Warnungen widerrufen werden. Und Razzien durch das FSB (den innerstaatlichen Sicherheitsdienst) oder die Steuerpolizei seien auch übliche Formen staatlichen Drucks, stellt die Zeitschrift fest.
Freedom House (Haus der Freiheits) kritisierte die russische Regierung in seinem im Dezember veröffentlichten Jahresbericht über die Pressefreiheit 2002: Der Kreml setzte seine Pressionen gegen Mediengesellschaften und Journalisten, die dem Regime gegenüber kritisch sind, fort, hieß es in dem Bericht. Dies sei geschehen trotz Präsident Putins Erklärung in den USA, dass er die Pressefreiheit unterstütze.
Als Gazprom die Mediengruppe Media-MOST von Gusinsky übernommen habe, habe es sich nicht nur die Kontrolle über NTV verschafft. Es habe auch die Zeitung Sevodnya geschlossen, das Personal der Wochenzeitung Itogi entlassen und den Ekho Moskvy-Rundfunk übernommen, das letzte unabhängige Sprachrohr von Media-MOST.
Außerhalb Moskaus seien die Dinge nicht viel besser. In abgelegenen Regionen stellte Freedom House fest, sind die Nachrichtenmedien überwiegend von Regierungssubventionen abhängig, und die Journalisten müssen mit Verleumdungsprozessen und Angriffen auf Leib und Leben rechnen, die der Einschüchterung von Kritikern dienen.
Menschenrechtsaktivisten werden ausgewiesen
Die Presse ist es nicht allein, die harte Zeiten durchmacht. Die New York Times berichtete am 16. Januar, dass russische Behörden sich weigerten, Irene Stevenson, einer amerikanischen Gewerkschaftsaktivistin, die Wiedereinreise zu erlauben, als sie nach einem Weihnachtsurlaub in ihrer Heimat nach Russland zurückkehren wollte. Sie hatte seit 1989 in Russland gewohnt und gearbeitet.
Es scheine, dass die Regierung nicht mit der von Frau Stevenson geführten Organisation zufrieden war. Das Amerikanische Zentrum für Arbeitnehmer-Solidarität, das Ausbildungsprogramme und Rechtsauskünfte für Russlands Gewerkschaften zur Verfügung stellte, habe kürzlich die Fluglotsenvereinigung beraten, als diese mit einem Streik drohte.
Wenige Tage vorher habe die Regierung angekündigt, dass sie die Arbeit des Friedenscorps in Russland beenden werde. Die Behörden hätten sich schon im vergangenen August geweigert, die Visa von 30 amerikanischen Friedens-Corps-Freiwilligen zu erneuern. Dann, einen Tag nach Frau Stevensons Ausweisung, habe die Regierung angekündigt, dass sie das Mandat der Friedensmission beende, die unter der Schirmherrschaft der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa arbeitete. Die Mission habe über den Konflikt in Tschetschenien berichtet.
Ein anderer Fall neueren Datums betraf eine britische Ökologin, die Forschungsarbeiten über den Baikalsee, den tiefsten Süßwassersee der Welt, durchführte. Die britische Tageszeitung Guardian berichtete am 2. Januar, dass Jennifer Sutton May, die seit 1974 in Russland wohnt und eine der vier Leiter der Gruppe Umweltwelle Baikal ist, von örtlichen FSB-Offizieren besucht wurde. Sie beschlagnahmten mehrere Computer und eine Liste von ausländischen Freiwilligen und Kontakten. Kurz danach wurde in ihre Etagenwohnung eingebrochen und ihr Auto gestohlen.
Der Guardian schrieb, dies sei nur die letzte von vielen amtlichen Aktionen gewesen, die von russischen Sicherheitsdiensten in der Absicht ausgeführt wurden, die Arbeit von Ökologen zu behindern. Im Dezember 2001 sei Grigory Pasko, ein Militärjournalist, der illegales Versenken von Atommüll durch die Marine enthüllte, zu vier Jahren Schwerarbeit wegen Landesverrat verurteilt worden.
Weiterhin bestehende Probleme
In ihrem Weltbericht 2003 gibt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch einen Überblick über einige beunruhigende Entwicklungen in Russland. Der Bericht führt die Maßnahmen an, die ergriffen wurden, um die Pressefreiheit einzuschränken, und bringt besonders die Sorge über die gravierenden Übergriffe durch russische Streitkräfte in dem langjährigen Tschetschenien-Konflikt zum Ausdruck.
Die russische Armee erfuhr auch Kritik wegen der Behandlung der einberufenen Soldaten. Schwerwiegende Missbräuche seien in Russlands Streitkräften immer noch weit verbreitet, wie in Tausenden von Beschwerden Einberufener beschrieben werde, die an Soldatenmütter-Organisationen gesandt würden, kommentierte der Bericht.
Human Rights Watch führte auch einen Mangel an Rechten für Häftlinge in russischen Gefängnissen an; Beunruhigung über den Mangel an angemessenen Verfahren nach dem neuen Strafgesetzbuch des Landes und Gewalttätigkeit gegen ethnische Minderheiten.
Auch Amnesty International wies auf die Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Russland hin. Die Homepage der Organisation bietet eine weltweite Kampagne für Gerechtigkeit für Russland.
Amnesty International räumt zwar ein, dass die Zustände in Russland sich seit dem Umschwung, der 1991 begann, verbessert haben. Verglichen mit dem Sowjetregime gebe es jetzt einen viel höheren Grad an Freiheit.
Aber Amnesty stellt auch fest, dass Menschenrechts-Verstöße noch weit verbreitet sind, und die Opfer noch wenig Chancen haben zu erleben, dass die Täter der Justiz überantwortet werden. Zudem gehörten Folter und Misshandlung auf Polizeiwachen praktisch zur Routine. Russland habe die entscheidenden internationalen Menschenrechtsverträge zwar ratifiziert, aber nicht verwirklicht, stellt Amnesty International fest.
Amnesty prangert auch das Verhalten der russischen Streitkräfte in Tschetschenien an. Die Truppen seien verantwortlich für Verstöße gegen internationale Menschenrechte und humanitäre Gesetze, auch für das Verschwinden (von Personen), außergerichtliche Hinrichtungen und Folter sowie Vergewaltigungen.
Russlands Übergang von einer kommunistischen Diktatur zu einer modernen Demokratie ist alles andere als reibungslos, geschweige denn gesichert. Umso mehr Grund für die Kirche und weltliche Aktivisten, ihren Einsatz zur Verteidigung grundlegender Menschenrechte fortzusetzen.
- nochmals apropo........ Bern 01.2.2003 13:38 (0)