Re: Strategic Alert vom 9. März 2000

Geschrieben von Hubert am 20. Januar 2003 21:57:58:

Als Antwort auf: Strategic Alert vom 9. März 2000 geschrieben von Hubert am 20. Januar 2003 20:23:49:

Sorry, der Link kann nicht funktionieren, da die Daten bereits im Archiv gebunkert waren. Ich habe entsprechend gegraben:

STRATEGIC ALERT Nr. 10, 09. März 2000
"Eliten" der G-7 in (geistiger) Verwirrung

Der Prozeß der globalen finanziellen Desintegration läßt innerhalb der transatlantischen politischen Eliten Konflikte aufbrechen, deren Intensität seit Ende des Zweiten Weltkrieges beispiellos ist. Am deutlichsten wurde dies bei der Auseinandersetzung um die Neubesetzung der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF). Normalerweise ist dies ein reibungsloser und diskreter Prozeß, bei dem ein Europäer ausgewählt wird. Diesmal aber kam es gegen die Kandidatur von Caio Koch-Weser vom deutschen Finanzministerium zu extrem scharfen Reaktionen.

Die USA lehnen, angeführt von Finanzminister Lawrence ("Larry") Summers, Koch-Wesers Kandidatur ab. Bei einer "Probeabstimmung" am 3.3. - in einer nach Aussagen von IWF-Vertretern "extrem gespannten Atmosphäre" - konnte Koch-Weser sich zwar gegen den stellv. IWF-Direktor Stanley Fischer (der in Sambia als "afrikanischer" britischer Untertan geboren wurde, jetzt aber amerikanischer Staatsbürger ist) sowie Eisuke Sakakibara aus Japan behaupten, verfehlte aber die absolute Mehrheit.

Allerdings geht es um weit mehr als einen "deutsch-amerikanischen" Streit. Einmal gibt es klare Anzeichen dafür, daß die Briten und Franzosen zwar öffentlich Koch-Wesers Kandidatur im Namen der "europäischen Solidarität" unterstützen, insgeheim jedoch alles unternommen haben, um seine Chancen zu schmälern. Den Kern des Problems sprach die einflußreiche Londoner Times am 2.3. in einem Editorial an. Die Welt trete in eine Periode ernster neuer finanzieller Umwälzungen ein, heißt es dort, und Koch-Weser sei der Aufgabe, mit solchen Krisen umzugehen, nicht gewachsen. Die düstere Vorhersage der Times deckt sich völlig mit den "Abschiedsworten" des scheidenden IWF-Direktors Camdessus, der von einer sehr gefährlichen bevorstehenden Situation im Wirtschafts- und Finanzbereich sprach (siehe SAS 8/00).

Zuverlässigen Quellen zufolge ist jetzt der frühere Spitzenbeamte der Bank von England und heutige Chef der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Andrew Crockett als EU-Kompromißkandidat für die IWF-Spitze im Gespräch.

Eine zunehmende Uneinigkeit herrscht auch im britischen außenpolitischen Apparat. Eine sehr gut unterrichtete Quelle aus London erklärte am 1.3. gegenüber diesem Nachrichtenbrief, im Londoner Royal Institute of International Affairs (RIIA, "Chatham House"), dem Renommierinstitut der britischen Außenpolitik, herrsche nach der jüngsten Serie kontroverser personeller Veränderungen "gewaltige Unruhe und Spannung". Die Regierung Blair ignoriere im wesentlichen das RIIA und habe eine eigene außenpolitische Denkfabrik gegründet, das Foreign Policy Centre. Gleichzeitig käme es immer häufiger zu Auseinandersetzungen zwischen Blairs Downing Street und dem britischen Foreign Office mit Außenminister Robin Cook an der Spitze.

Die Turbulenzen in den westlichen Eliten vor dem Hintergrund der wachsenden Weltfinanzkrise erhöhen auch die Wahrscheinlichkeit, daß versucht wird, die globalstrategische Aufmerksamkeit auf einen neuen "splendid little war" abzulenken. Es mehren sich die Anzeichen dafür, daß eine mächtige anglo-amerikanische Fraktion auf eine erneute militärische Eskalation gegen den Irak hinarbeitet. Man muß davon ausgehen, daß es zu einem transatlantischen Konsens kommt, am Irak ein weiteres "sckreckliches Exempel zu statuieren".




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