Zensur in Deutschland!

Geschrieben von King Henry am 25. Dezember 2002 21:33:50:

Zensur in Deutschland!

Hallo,

habe gerade ein Buch über den Beruf des Schriftstellers gelesen mit einer guten Schilderung der tatsächlich praktizierten Zensur in Deutschland.
Interessant auch weil er den Krieg und den Kommunismus anspricht.

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Dass aber dennoch eine Zensur stattfindet, und zwar ständig, ist jedem bekannt, der mit den Medien zu tun hat. Diese Zensur ist manchmal ganz offen und unverhüllt, manchmal subtilerer Natur, wenn sie mit bürokratischen Anordnungen und Maßnahmen bemäntelt wird.
Oft ist sie auch nur dadurch gegeben, dass der Redakteur, der eine Sendung oder einen Artikel zu verantworten hat, abhängig ist und das der Autor das weiß und deswegen darauf von vornherein Rücksicht nimmt: "die Schere im Kopf".
Da dies so ist, baten einige Schriftsteller und Journalisten vor Jahren mit einem Anflug von Sarkasmus darum, man solle doch am besten die offene Zensur, wie wir sie im Feudalismus hatten, wieder einführen; dann könne ein Gesetz dazu erlassen werden, die Zensurbehörde könne ihre Zustimmung entweder erteilen oder verweigern, und die Autoren wüßten wenigstens woran sie sind. Daran ist etwas wahres.

Zur Zeit sind solche Reizthemen gegen die Mehrheitsmeinung die Verhältnisse in der ehemaligen DDR, überhaupt Fragen des Kommunismus und Sozialismus. Wer wie Günter Grass, Zweifel an der bestehenden Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung (Raubtierkapitalismus) äußert, muß mit Sanktionen rechnen.
Und wer nicht so bekannt ist wie Grass, kann leicht daran scheitern. (Anmerkung: ich denke da an G. Hannich ...)

In der heutigen "Mediengesellschaft" ist Zensur meist gar nicht mehr nötig; den Querköpfen sind nach und nach ihre Grenzen deutlich gemacht worden (oder die Illusion einer besseren Welt abhanden gekommen, und die anderen praktiziern überwiegend Opportunismus.

Beim Rundfunk sehen die Arbeitsbedingungen nicht viel anders aus, aber nur wenige Zensufälle kommen überhaupt ans Licht. Beim Südwestrundfunk erhielt zum Beispiel ein Redakteur Mikrophonverbot, weil er im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Jugoslawien das Wort "Angriffskrieg" benutzt hatte. Allerdings war in der Berichterstattung über diesen Konflikt in vielen Fällen eine unglaubliche Unterwürfigkeit und Kritiklosigkeit der Journalisten zu registrieren, wenn entsprechend der amtlichen Verlautbarungen, aber unzutreffend, von "Völkermord" und "Massakern" der Gegenseite gesprochen wurde. Seinerzeit ist innerhalb weniger Monate überaus deutlich geworden, wie anpassungsbereit unsere Medien sind. Diese <> wird von offiezieller Seite seit jeher massiv gefördert: durch Akklamation und Belobigung einerseits, Einschüchterung und Drohung andererseits.

So nennt der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2000 ein Buch, in dem der Krieg gegen Jugoslawien als verfassungswidrig bewertet wird. Und der General Heinz Loquai ist vom Verteidigunsministerium entlassen worden, nachdem er in einer Rundfunksendung und in einem Buch Tatsachen über den Krieg veröffentlicht hatte, die der nach seiner Ansicht unverantwortlichern Regierungspropaganda widersprachen (seine Darstellungen blieben unwiderlegt).

Freiheit des Wortes und der Kunst, schön und gut, aber Job und Karriere haben im Allgemeinen Vorrang. Viele Journalisten haben schlicht und einfach Angst vor Entlassung. So werden brisante Vorfälle nicht selten abgetan, schwierige Themen erst gar nicht erst aufgegriffen. Ein Beispiel von vielen ist die "Erfurter Erklärung" von 1997, die in zugespitzter Weise äußerst heikle politische Fragen angesprochen hat. Sie ist in den Medien kaum erwähnt worden...

Die Erklärung folgt in den nächsten Tagen.

... soweit zur Pressefreiheit im Deutschland.
"Eine Zensur findet nicht statt" Grundgesetz, Artikel 5.

Quelle: Wolfgang Bittner, "Beruf: Schriftsteller", Rowohlt, Januar 2002.

Gruß

Henry


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