Es brodelt und kocht - 2003 wird interessant

Geschrieben von ahlfi am 12. Dezember 2002 12:43:59:

Jeden Tag neue Nachrichten, ob KK-Erhöhungen, angebliche Rücktrittserklärung von Schrödi, Rentendisaster, Dosenpfand und jetzt eskaliert der Krach wegen der Vermögenssteuer auf unteres Schubladenniveau:

Koch provoziert Riesen-Eklat

D as Reizthema Vermögensteuer bringt den Wahlkampf in Hessen zum Brodeln: Im Landtag hat Ministerpräsident Roland Koch den Umgang mit Reichen mit der Behandlung von Juden im Nazi-Reich verglichen und Tumulte ausgelöst. In der Debatte um die Wiedereinführung der 1997 abgeschafften Steuer seien die Reichen zu Menschen „mit so einer neuen Form von Stern an der Brust“ gemacht worden, sagte Koch am Donnerstag hörbar erregt in einer aktuellen Stunde. Es sei eine „schlimme Parallele zu anderen Zeiten“, wenn Reiche als Schmarotzer der Gesellschaft stigmatisiert würden. Nach Kochs Äußerung brachen im Landtag Tumulte aus. Die Sitzung wurde daraufhin unterbrochen.

Koch richtete sich mit seiner Bemerkung gegen Äußerungen des Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske, der im Fernsehen die Namen reicher Bürger genannt hatte, die von einer Vermögensteuer betroffen wären.

Bökel schießt quer

Ungeachtet der Geschlossenheitsappelle des Bundeskanzlers sprach sich Kochs SPD-Herausforderer Gerhard Bökel für die Steuer aus. Er sagte dem „Mannheimer Morgen“ vom Donnerstag, er wolle „die Vermögensteuer für die Bildung“. In Hessen wird am 2. Februar ein neuer Landtag gewählt.

„Der Ansatz der Vermögensteuer ist richtig“, sagte Bökel. „Wer Millionen auf der hohen Kante hat, soll ein wohlhabender Mensch bleiben, aber er muss einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten“, zitierte die Zeitung den SPD-Politiker.

Gerhard Schröder (SPD) hatte sich am Mittwochabend in der ARD erneut gegen die Wiedereinführung der Vermögensteuer ausgesprochen und seine Partei einmal mehr aufgefordert, in der Öffentlichkeit geschlossen aufzutreten. „Das Thema Vermögensteuer wird den Bundestag erst gar nicht erreichen“, sagte Schröder in der Sendung „Farbe bekennen“. Die Union habe mit ihren Gesetzesplänen ein Modell vorgelegt, das zu einem „Flickenteppich“ führen würde. Damit sei klar, dass es für die Pläne der SPD-geführten Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen im Bundesrat keine Mehrheit geben werde.

Schröder erneuerte seine Vorbehalte gegen die Vermögensteuer vor allem bei Betrieben. Die Steuer sei nicht gut für das Wirtschaftswachstum, weil damit Vermögenssubtanz für Investitionen vernichtet werde. Gleichwohl sei das Ziel Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens richtig, mehr Geld für die Bildung zu gewinnen. „Mehr Geld für die Bildung ja, aber nicht durch ein so ungeeignetes Mittel.“ Auch die SPD-Fraktion werde die Vermögensteuer gegebenenfalls ablehnen: Die Fraktion werde „das tun, was ich vorschlagen werde“, sagte Schröder.

Kanzler sucht die Offensive

Amtsmüdigkeit, Rücktrittsdrohungen: Schröder will davon nichts wissen. „Der Kanzler wird nicht das Schiff verlassen“, hatte der SPD-Vorsitzende am Mittwoch gesagt. „Alle diejenigen, die daran Hoffnungen knüpfen, werden sich irren. Und all diejenigen, die enttäuscht wären, werden sich freuen.“

Zu den Meldungen, er habe bei einer turbulenten SPD-Vorstandssitzung zwei Tage zuvor mit seinem Rücktritt gedroht, wollte sich Schröder nicht äußern. Er könne nicht den Bruch der Vertraulichkeit kritisieren und sich selbst nicht daran halten, sagte er. Der Kanzler war mit dem Satz zitiert worden: „Wer glaubt, dass er es besser kann, der soll es machen.“

Schröder bestritt, das es Differenzen zwischen ihm und dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Franz Müntefering gebe. „Das ist ganz und gar nicht der Fall.“

In der Diskussion um die Wiedereinführung der Vermögensteuer äußerte der Bundeskanzler Verständnis für abweichende Positionen von SPD-Ministerpräsidenten. Auch er habe als Ministerpräsident von Niedersachsen immer gesagt: „Erst das Land, dann die Partei.“ Es werde jedoch geschehen, „was der Bundeskanzler und Parteivorsitzende für richtig hält“.

Regierungschefs maulen

Die SPD-Regierungschefs von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen hatten weiter auf die Wiedereinführung der Steuer gepocht. Bereits im Januar werde eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet, kündigte der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag in Berlin an.

NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) verteidigte die Vermögensteuer-Initiative ebenfalls. Große Vermögen trügen „immer weniger zum Steueraufkommen bei“, sagte Steinbrück. Dies müsse geändert werden.

Der NRW-Regierungschef räumte zugleich ein, der Zeitpunkt für die Diskussion sei „denkbar ungünstig“. Allerdings habe Schröder von den seit Frühjahr laufenden Gesprächen zur Vermögensteuer gewusst und diese als Ländersache akzeptiert. Für das Machtwort von Schröder zeigte Steinbrück Verständnis. Der Kanzler sei zurzeit „geprägt“ von einer Debatte über viele steuerpolitische Vorschläge. Da könne er „gut verstehen“, dass der SPD-Chef versuche, „den Deckel auf den Topf zu bringen“.

12.12.02, 12:22 Uhr






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