Krieg als Vater aller Dinge: Was bringt er im Fall Irak?

Geschrieben von Fred Feuerstein am 07. Dezember 2002 14:09:38:

Als Antwort auf: N : Irak-Krieg könnte für USA teuer sein geschrieben von Apollo am 06. Dezember 2002 17:05:49:

Hallo Apollo,

hier ein aus dem Nachbarforum rüberkopierter Beitrag.
Eine kalte Kosten-Nutzenanalyse eines m.E. in den nächsten Wochen ausbrechenden (sozusagen vom Zaun gebrochenen) Irakkrieg.

Der Abschnitt:
"Die Auswirkungen eines Irak‑Krieges für die Weltwirtschaft sind ein Tabuthema der Regierung Bush. Präsidentensprecher Ari Fleischer weigert sich deshalb standhaft, »nutzlose Spekulationen zu kommentieren«. Dabei haben die Wirtschaftsberater des Weißen Hauses schon detaillierte Szenarien ausgearbeitet, die nur aus einem einzigen Grund unter Verschluss gehalten werden: Bei ihrem Bekanntwerden könnte sich die weit verbreitete Zustimmung der US‑Öffentlichkeit zu einem Irak‑Krieg sehr schnell verflüchtigen."

sagt wohl alles: KRIEG UM JEDEN PREIS. Die Weichen sind gestellt, der Epresszug rast mit Volldampf .... (ins Verderben?)
Übrigens: DIESER Krieg, so er denn wohl unabwendbar ist, ist für mich nicht der von vielen Sehern geschilderte neue Nahostkrieg (Waldviertler), da in diesem Nahostkrieg die Russen eingreifen, was ich mir erst nach einem Regimewechsel (Putsch!) in Russland vorstellen kann.
Daß dieser Krieg jedoch die i.M. sowieso sehr labile Weltwirtschaft (auf tönernen Füßen) in eine schlimme Rezession jagt, ist für mich jedoch dagegen sehr sicher.
D.b.: m.E. mögliches Szenario:
- USA werden wohl diesen "Präventivkrieg" gewinnen, der aber deutlich länger dauert als prognostiziert.
- Weltwirtschaft schlittert in eine dicke Rezession.
- Putsch in Russland
- Saudi-Arabien mögl. auch Regimewechsel, USA werden versuchen auch die saudischen Ölfelder unter ihre Kontrolle zu bringen (wenn man schon mal da ist).
(ich erinnere an Nostradamus: Im Frühjahr geht voraus: Umgestaltung der Länder..)
- Russland wird intervenieren, da sonst USA absolute Kontrolle über die größten Weltölreserven.

- to be continued -


Krieg als Vater aller Dinge: Was bringt er im Fall Irak?

Während sich die Vereinten Nationen mit der Entsendung von Waffeninspektoren in den Irak letztlich um die Verhinderung eines neuen Golfkriegs bemühen, setzt Washington die amerikanischen Kriegsvorbereitungen mit Hochdruck fort. Regierungs‑ und Nichtregierungs‑Experten stellen gleichzeitig Rechnungen über die Kosten und wirtschaftspolitischen Folgen des Krieges zusammen. Über die teilweise eine neue Weltwirtschaftskrise prognostizierenden Berechnungen und die Bemühungen der Bush‑Regierung ihre Publizierung zu verhindern, berichtet unser Washington‑Korrespondent Peter W. Schroeder.

WASHINGTON. »Jeder Krieg ist auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor«, erklärte Präsident Bushs Wirtschaftsberater Lawrence Lindsey den Redakteuren des Wall Street Journal. »Ein Krieg kann wirtschaftliche Katastrophen auslösen, aber auch immense Gewinne bringen.« Der Präsident beauftragte deshalb seine Experten schon vor Wochen, eine Kosten-Nutzen‑Analyse für den von ihm als unabwendbar eingestuften Krieg gegen den Irak aufzustellen.

Auch der amerikanische Rechnungshof und Washingtoner »Denkfabriken« stellten Rechnungen auf und alle kamen zu demselben Ergebnis: Der wirtschaftliche Aufwand wird gigantisch sein, bis zu Tausend Milliarden Dollar betragen und die Welt möglicherweise in eine Not und Elend auslösende Weltwirtschaftskrise wie in den 30er Jahren stürzen.

Alle Berechnungen gehen von unterschiedlichen Annahmen über die Art der Kriegsführung, die Dauer eines Irak‑Krieges sowie das Ausmaß der Zerstörung der irakischen Ölfelder aus. Zusätzlich berücksichtigt wurden die wirtschaftlichen Konsequenzen eines möglichen Übergreifens des Krieges auf andere nahöstliche Staaten und denkbare Schwenks bislang US‑freundlicher Öl‑Länder zur US‑Feindlichkeit mit einer Einschränkung von Öl-Lieferungen.

Weitere berücksichtigte Kostenfaktoren sind der Aufwand für den Wiederaufbau des Irak, die Kosten für eine mit Sicherheit jahrelange »Verwaltung« des Irak entweder durch einen amerikanischen »Statthalter« oder ein von Washington unterstütztes US‑freundliches Regime, und die Verhinderung von irakischen Bürgerkriegen zwischen diversen Minderheiten.

Berechnet, aber nicht veröffentlicht und auch noch nicht durch Indiskretionen bekannt wurden die Ergebnisse amtlicher und halbamtlicher Berechnungen der »Nutzen« eines Irak‑Krieges. Sicher ist nur, dass die Bilanzierer auch dabei von unterschiedlichen Szenarien ausgingen: von einer kompletten US‑Kontrolle über die irakische Öl‑Produktion im besten, und von einem irakischen In‑Brand‑Setzen der Felder und einem gleichzeitigen arabischen Öl‑Boykott im schlimmsten Fall. Ungeschätzt blieb zudem der erwartete »Mini‑Boom« für die US‑Rüstungsindustrie, die kriegsbedingt vernichtete und verbrauchte Militärgüter ersetzen muss.

Auch die Experten des Weißen Hauses gehen davon aus, dass die Vereinigten Staaten keine große finanzielle Kriegs‑Unterstützung durch verbündete und befreundete Staaten erwarten dürfen. Im Kostenbericht des US‑Rechnungshofes heißt es unumwunden: »Eine Lastenverteilung wie beim Golfkrieg von 1991 gilt als ausgeschlossen.« Die unmittelbaren Kosten des Krieges nach der irakischen Annektierung Kuwaits hatten amtlich festgestellt rund 80 Milliarden Dollar betragen. Im Rahmen der »Operation Tin Cup« (Operation Sammelbüchse) hatte Washington mit mehr oder weniger sanftem Druck hauptsächlich bei Kuwait, Saudi-Arabien, Deutschland und Japan 73 Milliarden Dollar an »Kostenbeteiligung« eingetrieben.

Anschließenden Berechnungen des US-Rechnungshofes zufolge lagen die direkten Gesamtkosten der damaligen Kriegsführung aber vermutlich unter 60 Milliarden Dollar. Danach hätte der »Reinerlös« für Washington etwa 13 Milliarden Dollar betragen. Doch auch ein solcher »Überschuss« konnte nicht verhindern, dass die US‑Wirtschaft nach dem Krieg in eine Rezession abstürzte, die dem damaligen Präsidenten George Bush Senior die Wiederwahl kostete.

Für einen Krieg gegen den Irak ist US‑Präsident George W. Bush offensichtlich kein Preis zu hoch und in jedem Fall »ein gutes Geschäft«. Denn er ließ einen Sprecher ausdrücklich mitteilen, dass die in Dollar und Cent ausgedrückte Gefahr durch ein die Welt mit Massenvernichtungsmitteln bedrohendes Regime in Bagdad unendlich viel größer sei als der Aufwand zur Beseitigung dieser Gefahr.

Die amerikanischen Militärplaner haben sich auf eine Anti‑Saddam‑Hussein-Streitmacht von 250 000 US‑Soldaten festgelegt. Fest eingeplant sind auch mehrere zehntausend Soldaten aus Großbritannien. US‑Verteidigungsminister Donald Rumsfeld rechnet fest mit einem »kurzen Krieg« und einem »Überzeugenden Sieg«. Errungen werden soll der Sieg mit einem massiven Bomben‑ und Raketeneinsatz und anschließenden »kurzen Gefechten« zwischen »alliierten Bodentruppen« und irakischen Einheiten.

Eine schnell erreichte Kapitulation der irakischen Armee werde kostspielige und verlustreiche »Straßen‑, Häuser‑ und Guerillakämpfe« überflüssig machen. Die Gesamtkosten eines solchen »kurzen« Kriegseinsatzes werden in Washington übereinstimmend auf 40 bis 60 Milliarden Dollar geschätzt. Dies gelte aber nur, wenn die irakische Hauptstadt kampflos den Invasionstruppen übergeben werde und Saddam Hussein entweder durch eine Revolte seiner eigenen Anhänger gestürzt oder getötet werde, ihm die Flucht ins Ausland gelänge oder er in die Hände von US-Soldaten falle.

Dass ihn die Vereinigten Staaten in letzterem Fall wegen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht stellen und aburteilen wollen, gilt als sicher. Eine Sonderkommission des amerikanischen Justizministeriums ist schon seit Monaten damit beschäftigt, eine entsprechende Anklage zusammen zu stellen. Die Juristen des Ministeriums stützen sich dabei auch auf im Irak-Krieg von 1991 erbeutete irakische Akten.

Drei Monate für Kämpfe eingeplant

Sollte es keinen irakischen Aufstand gegen den Diktator geben und die Armee auch nicht so schnell kapitulieren wie in Washington erwartet, gehen die US‑Pläne von einem bis zu dreimonatigen Krieg aus. Dessen Kosten würden vermutlich bis zu 100 Milliarden Dollar betragen. Voraussetzung dafür sei aber ein Kriegsbeginn im Januar und damit noch vor dem Abschluss der UN‑Waffenkontrollen im Irak Ende Februar. je später ein »protracted war« (sich hinziehender Krieg) beginne, desto teurer werde er wegen der dann im heißen Wüstenklima notwendig werdenden zusätzlichen Anstrengungen.

Nach Kriegsende fallen »Besatzungskosten« an, die in den US‑Plänen »Stabilisierungsaufwendungen« genannt werden. Sie betreffen neben Reparaturarbeiten an im Krieg zerstörter Infrastruktur hauptsächlich die Stationierung einer von Washington befehligten »internationalen Friedenstruppe«. Ihre Hauptaufgabe soll die »Ausschaltung verbliebener Widerstandsnester«, die »innere Befriedung« des Irak und die Verhinderung von Kampfhandlungen der Kurden im Norden, der Sunnis im Zentral‑Irak und der Schiiten im Süden sein.
Das bringt uns nicht um

Diese Folgekosten werden in Washington auf 40 bis 60 Milliarden Dollar jährlich geschätzt, und sie müssten unter Umständen fünf Jahre lang finanziert werden. Bei einer weit reichenden Zerstörung der Ölförderanlagen sei mit höheren Aufwendungen zu rechnen. In den Berechnungen des Weißen Hauses wird davon ausgegangen, dass Verbündete der USA (einschließlich Deutschlands) von diesen Gesamtkosten in Höhe von 200 bis 300 Milliarden Dollar »freiwillig« etwa 150 bis 200 Milliarden Dollar übernehmen. Die Vereinigten Staaten wollen ihren »Anteil« an den Folgekosten als »Darlehen« an den Irak betrachten und eine Rückzahlung aus irakischen Ölerlösen verlangen.

Nach diesen Rechnungen müssten die Vereinigten Staaten maximal 200 Milliarden Dollar für die unmittelbare Kriegsführung und Folgekosten aufbringen. »Das bringt uns nicht uni«, heißt es im Weißen Haus. Aber auch die Präsidentenberater wissen, dass die unmittelbaren Folgen des Krieges vermutlich um ein Vielfaches höher sein werden und ein Chaos in der Weltwirtschaft auslösen können.

Ein Schaden zwischen null und tausend Milliarden Dollar

Die Auswirkungen eines Irak‑Krieges für die Weltwirtschaft sind ein Tabuthema der Regierung Bush. Präsidentensprecher Ari Fleischer weigert sich deshalb standhaft, »nutzlose Spekulationen zu kommentieren«. Dabei haben die Wirtschaftsberater des Weißen Hauses schon detaillierte Szenarien ausgearbeitet, die nur aus einem einzigen Grund unter Verschluss gehalten werden: Bei ihrem Bekanntwerden könnte sich die weit verbreitete Zustimmung der US‑Öffentlichkeit zu einem Irak‑Krieg sehr schnell verflüchtigen.

Wie die Präsidentenhelfer die makroökonomischen Kriegsfolgekosten beziffern, ist deshalb ein Geheimnis. Private Experten wie Wirtschaftsprofessor William Nordhaus von der Yale‑Universität sind da etwas mitteilsamer. Nordhaus rechnet mit einem Schaden für die Weltwirtschaft zwischen null und tausend Milliarden Dollar. Ex‑Zentralbankratsmitglied Professor Laurence Meyer hält als Folge eines neuen Krieges am Golf eine »Weltwirtschaftskrise« für möglich.

Bei einem kurzen Krieg, einem schnellen amerikanischen Zugriff auf unversehrt gebliebene irakische Ölquellen, ununterbrochenen Öllieferungen aus anderen arabischen Staaten sowie einer Kriegsbegrenzung auf den Irak ist nach Meinung etlicher Experten mit nur unwesentlichen Wirtschaftsfolgen zu rechnen. Auf kurzfristige Ölpreissteigerungen werde dann ein ungehindertes Anzapfen der irakischen Quellen folgen, was ein Sinken der Ölpreise und damit letztlich eine Konjunkturbelebung auslösen werde.

Dieses Szenario ist nach Meinung der meisten US‑Ökonomen aber nicht sehr wahrscheinlich. Denn es lasse völlig außer Acht, dass sich die US‑Wirtschaft bereits in einer Rezession mit sich abzeichnender Deflation, das heißt sinkenden Verbraucherpreisen, befindet. Diese wirtschaftliche Niedergangsspirale werde allein durch die über den Staatshaushalt zu finanzierenden unmittelbaren Kriegskosten in Höhe von hundert Milliarden Dollar noch weiter verstärkt. Wirtschaftswissenschaftler der Harvard‑Universität nannten den neuen Golfkrieg deshalb auch schon die » 100‑Milliarden‑Dollar‑Konjunkturbremse«. Unter den Experten ist unumstritten, dass der »schnelle« Golfkrieg von 1991 die US‑Wirtschaft mit 500 Milliarden Dollar belastete.

Ein längerer neuer Golfkrieg mit einem Übergreifen auf andere Regionen, zusätzlichen amerikanischen Kriegs‑ und Hilfeanstrengungen (etwa zu Gunsten Israels) sowie ein Ölboykott treibe die Kriegskosten in die Höhe. Die Warnung des früheren saudischen Ölministers Scheich Yamani, dass sich der Ölpreis boykottbedingt verdrei‑ oder gar vervierfachen und die Marke von 100 Dollar je Barrel übersteigen könnte, halten US ‑Experten für »durchaus realistisch«.

Das allein würde ein Minuswachstum in den westlichen Industrieländern von 3,5 bis 4,5 Prozent und damit ein spürbares Schrumpfen der Wirtschaft bedeuten. Die praktischen Folgen eines Schrumpfens ,wären Massenarbeitslosigkeit, eine dramatisch sinkende Nachfrage nach Konsum‑ und Investitionsgütern, Massenkonkurse von Firmen sowie ein erheblicher Rückgang der Steuereinnahmen. Das wiederum würde automatisch zu erheblichen Kürzungen staatlicher Leistungen (etwa im Sozialbereich) und zu einer vermehrten staatlichen Schuldenaufnahme mit der Folge von Zinserhöhungen führen, was wiederum eine Konjunkturbelebung erschwerte.

Viele US‑Wirtschaftsexperten halten einen neuen Krieg am Golf deshalb auch für eine »Vabanquespiel, bei dem wenig zu gewinnen und sehr viel zu verlieren ist«. Die in Zahlen auszudrückende Kosten‑Nutzen‑Analyse lasse einen Krieg rein wirtschaftspolitisch als sinnlos erscheinen, und der Erhalt des Friedens sei in jedem Fall billiger. Aber die Geschichte lehre, dass die Entscheidungen über Krieg und Frieden fast immer von Bedrohungsszenarien, von machtpolitischen Überlegungen und der Bereitschaft zu unkalkulierbaren Risiken bestimmt würden. Allem Anschein nach würde ein amerikanischer Krieg gegen den Irak da keine Ausnahme sein.

Peter W. Schroeder




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