Re: verzichten

Geschrieben von Torsten am 03. Dezember 2002 15:04:45:

Als Antwort auf: Re: verzichten geschrieben von Ghost am 03. Dezember 2002 13:37:52:

Lieber Geist,

klar klingt das nach kommie, oder besser nach chrisie. Der materielle Besitz ist nicht das Problem, sondern die dahinterstehende Orientierung auf materiellen Besitz, und zwar egoistisch nur auf den eigenen oder bestenfalls noch den einer kleinen Gruppe. Viele reden von gesellschaftlichem Wohlstand als Ziel, aber ihr Handeln ist nur auf den eigenen ausgerichtet. Und natürlich rechtfertigen sie ihren Wohlstand als Nebenprodukt ihres verantwortungsvollen Handelns.

Für mich gibt es eine einfache Frage zur Unterscheidung von tolerierbarem Wohlstand und unverantwortlichen Luxus: Würde unsere Umwelt 6,2 Milliarden Menschen mit diesem Lebensstandard vertragen? Wenn nicht: Was macht einen Menschen so außerordentlich wertvoll, sich herauszunehmen, was Allen zuzugestehen zur ökologischen Katastrophe führen würde? Warum darf ausgerechnet dieser "wertvolle" Mensch Anderen durch seine überproportionale Bereicherung schaden (denn aus irgendwas muß sich die Proportion ja ergeben)? Und - mit Verlaub - drei Mercedes, meinetwegen sogar auf die Kleinfamilie bezogen, würden weltweit etwa 5 Milliarden Stück bedeuten. Wer drei Mercedes hat, nutzt sie auch nicht allzulange. Was soll aber mit den 10 oder mehr Milliarden Gebrauchten pro Jahrzehnt werden, die kein Mensch haben will, weil er ja seine eigenen drei neuen besitzt?

Aus meiner Sicht schließen sich die beiden Wertesysteme aus. Ein gemeinnütziges Wertesystem (beruhend auf Ehrlichkeit, Vernunft, Bescheidenheit, Toleranz, Opferbereitschaft, Nächstenliebe, Verläßlichkeit) läßt keine persönliche Bereicherung zu, während ein egoistisches (gekennzeichnet durch Habsucht und Herrschsucht) gemeinnütziges Handeln vereitelt. Letzteres ist nur eine solche Massenerscheinung, daß es als "normal" empfunden wird. Und die Meisten werden es auch rechtfertigen, um sich nicht selbst in Frage zu stellen. Sie treffen natürlich auf geneigte Zuhörer, denen diese Rechtfertigung wiederum die Richtigkeit ihres Denkens und Handelns bestätigt - und so weiter. Wer sagt Dir, daß es vertretbar ist, drei Mercedes zu besitzen, wenn nicht jemand, der auch mindestens drei besitzt oder gern besitzen würde oder zwei und eine Yacht und das rechtfertigt? Welche objektiven Beweise der Richtigkeit dieser Ansicht kannst Du anführen?

Mahner werden als Spinner, Gutmenschen, Idealisten und Anderes disqualifiziert (wobei mir unklar ist, wie Gutmensch und Idealist zu Schimpfwörtern werden konnten). Sie sagen die verheerenden Folgen falschen Handelns voraus, diese treten auch ein, aber nach wie vor glaubt die Mehrheit der angenehmen Lüge eher - und wundert sich nicht mal darüber, innerlich abzustumpfen, zu verblöden und immer mehr bunte Pillen zu brauchen (wie psychologische und andere Studien belegen).

Im Grunde könnte mir das egal sein, da ich die Schädlichkeit dieses Denkens für mich erkannt und mich geändert habe und so vielleicht Andere zum Nachdenken bringe. Wenn Andere mit ihrem zerstörerischen Treiben weitermachen und unbedingt von Befriedigung zu Befriedigung hasten wollen (ohne je Zufriedenheit kennenzulernen) enspricht das eben dem natürlichen Verlauf. Wenn sie dabei ihre und meine materiellen Lebensumstände verschlechtern, stört nur sie das. Das ist für das langfristige Überleben der Menschheit ohnehin erforderlich und je schneller sie das Schiff den Bach 'runtersteuern, umso besser für die Zukunft. Nur nationale und globale Gewaltausbrüche wären nicht so begrüßenswert, da die neben den Schuldigen auch Unschuldigen schaden. Unsere heutige Welt muß und wird untergehen, und es wäre günstig, dabei nicht allzuviel kaputtzumachen.

Viele Grüße

Torsten



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