Die Meinungsbildungsfunktion-Teil 1
Geschrieben von Kamikatze am 25. Juli 2001 22:19:53:
Als Antwort auf: Ja geschrieben von Freddie am 25. Juli 2001 21:21:53:
>Die Meinungsbildungsfunktion
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[ Jo Conrad Forum ]
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Geschrieben von Michael Kleinbub am 25. Juli 2001 18:05:32:Die Meinungsbildungsfunktion
Auf Seite 1 der Zeitschrift "Massenmedien I" wird kurz erwähnt, daß die Massenmedien in
der Bundesrepublik zum Teil aus privatwirtschaftlicher Presse bestehen. Den Autoren zufolge
sei eine der Funktionen der Massenmedien, an der Meinungsbildung mitzuwirken. Die Autoren
sind der Überzeugung, Fragen von öffentlichem Interesse könnten in freier und offener
Diskussion erörtert werden. Sie hoffen, daß im Kampf der Meinungen das Vernünftige die
Chance habe, sich durchzusetzen. Es wird eingeräumt, daß die Meinungen der einzelnen
Bürger, die beispielsweise in politischen Gesprächen formuliert werden, nicht in erster Linie
aufgrund von Wirklichkeitserfahrung zustande kommen. Sie kämen aufgrund von
Wirklichkeitsvermittlung durch die Massenmedien zustande. Die Autoren der Zeitschrift
"Massenmedien I" behaupten, die Vertreter von Mehrheiten in der Gesellschaft der
Bundesrepublik (im Parlament vertretene Parteien, Gewerkschaften und andere starke
Organisationen) hätten gute Aussichten, am Meinungsbildungsprozeß teilzunehmen. Dagegen
fänden die Vertreter von Minderheiten wenig Beachtung in den Massenmedien und wären
darum am Meinungsbildungsprozeß benachteiligt.
In den Ausführungen der Zeitschrift "Massenmedien I" wird nicht berücksichtigt, welchen
Einfluß eine kleine aber sehr mächtige Minderheit auf die Meinungsbildung hat: die Bourgeoisie. Die Bourgeoisie, und besonders das Finanzkapital, hat eine vollkommene
Kontrolle über die Presse. Kein bedeutender Zeitungsverlag konnte ohne das Startkapital
gegründet werden, welches von den Banken zur Verfügung gestellt wird. Aber auch nach der
Gründung bleiben die Zeitungsverlage von den Banken abhängig, denn das Herstellen von
Zeitungen ist ein sehr unsicheres Geschäft. Die Verleger müssen sich mit den Banken gut
stellen, wenn diese gelegentlich für die Weiterexistenz des Verlages mit ihren Krediten
einspringen sollen. Das Finanzkapital steht damit in einer großen Machtposition. Es braucht
niemals zulassen, daß etwas in den Zeitungen steht, welches gegen seine Interessen ist. Diese
Abhängigkeit wird jedoch von fast niemandem erkannt, und so wird die Presse auch von den
restlichen Massenmedien als das entscheidende Forum zur Meinungsbildung betrachtet. Die
öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten lassen die Presse z.B. in Sendungen wie "Presseclub"
und "Presseschau" zu Wort kommen und weichen in den wichtigen Fragen niemals in einem
größerem Maße von der Presse ab.
Der Einfluß der kleinen Minderheit der Bourgeoisie auf die Meinungsbildung ist viel stärker,
als es erahnt wird. Im neunzehnten Jahrhundert gab es neben der Klasse der Bourgeoisie noch
andere mächtige Klassen, wie den Adel und andere Großgrundbesitzer, welche sich die
Unterhaltung einer Presse leisten konnten. Diese anderen Klassen setzten sich in ihren
Zeitungen mit dem Einfluß der Bourgeoisie auseinander, und so war der Begriff
"Bourgeoisie" allgemein bekannt. Heute hat die Bourgeoisie die anderen Klassen längst
überflügelt. Sie hat heute als einzige Klasse entscheidenden Einfluß auf die Presse. Diesen
Einfluß erkennt man am deutlichsten daran, daß der Begriff "Bourgeoisie" nirgendwo mehr
fällt. Es macht den Eindruck, als hätte jemand diesen Begriff aus dem Vokabular gestrichen,
oder als würde es die "Bourgeoisie" gar nicht mehr geben. Sogar den gebildeten Leuten
scheint dieser Begriff veraltet zu sein. Politologen und Historiker belächeln denjenigen, der
den Begriff "Bourgeoisie" heute noch benutzt. Für sie ist dieser ein Fanatiker, der mit längst
überholte Denkweisen lebt.
Auf der anderen Seite fallen in der allgemeinen Umgangssprache manche Aussagen, die
eigentlich nur dann sinnvoll wären, wenn sie persönlich von einem Angehörigen die Klasse
der "Bourgeoisie" ausgesprochen wären. Einige typische Aussagen sind: "Die Sozialisten, die
Linken usw rütteln an den Grundfesten unserer Gesellschaft", "diese Leute sind gefährlich für
uns alle", "diese Leute sind gegen die Freiheit von uns allen" und "das Radikale hat keinen
Platz in unserer Gesellschaft." In der gesamten Gesellschaft wird also so getan, als würde die
Bourgeoisie nicht mehr existieren, währen alle so sprechen, als seien sie selber Bourgeois.
Dies ist eine wichtiger Punkt, welcher in einer ausführlichen Abhandlung über die
Massenmedien hätte berücksichtigt werden müssen.
Um zu verstehen, warum in der ganzen Gesellschaft so gesprochen wird, als seien alle selber
Bourgeois, muß man die Psychologie der Journalisten verstehen. Pressejournalisten sind von
Anfang an gezwungen, sich mit ihrem bourgeoisen Chef zu identifizieren (Die Identifizierung
ist ein Begriff aus der Psychoanalyse. Sie ist die Verinnerlichung eines anderen Menschen.
Die Gestalt eines Menschen wird übernommen. Mit diesem Vorgang wird ein Mensch so wie
ein anderer). Nur auf diese Art können sie immer wissen, was für sie erlaubt ist zu sagen oder
zu schreiben, und was nicht. Die Journalisten geben bei der Identifizierung ihre frühere
Auffassung, Einstellung und Meinung auf und haben dann nur noch die Meinung ihres Chefs.
Da dies ein entwürdigendes Verhalten ist, wird diese Tatsache verdrängt (Die Verdrängung
ist ein Begriff aus der Psychoanalyse. Mit der Verdrängung wird dem Bewußtsein ein
Schuldgefühl unzugänglich gemacht. Eine Tatsache wird beiseitegeschoben. Mit der
Verdrängung werden innere Anstrengungen erspart, welche eine Auseinandersetzung mit den
verdrängten Inhalten mit sich brächte). Die ständige Verdrängung führt dazu, daß die Journalisten nicht mehr wahrnehmen können, wenn andere Journalisten sich ebenfalls mit
ihrem Chef identifizieren müssen. Wegen dem Verlust dieser Wahrnehmung denken die
Journalisten, die anderen Journalisten hätten noch eine eigene Meinung, wo doch bei denen in
Wirklichkeit auch nur noch der bourgeoise Chef durch sie spricht. Das führt zum Schluß
dazu, daß die ganze Gesellschaft so spricht, wie sonst nur die kleine Minderheit der
Bourgeoisie sprechen würde. Die ganze Gesellschaft informiert sich nämlich ausschließlich
nur aus den Massenmedien, bei denen die von der Bourgeoisie kontrollierte Presse als
entscheidendes Forum der Meinungsbildung betrachtet wird. Die bourgeoisen Chefs der
Medien streben die Identifizierung mit dem Angreifer bei ihren Angestellten absichtlich an
(Die Identifizierung mit dem Angreifer ist ein Begriff aus der Psychoanalyse. Bei der
Identifizierung mit dem Angreifer wird nicht ein bewunderter, sondern ein gehaßter oder
gefürchteter Mensch zum Vorbild genommen. Ein Kind zum Beispiel ahmt den
Gesichtsausdruck des Lehrers nach, vor dem es besondere Angst hat, oder ein Lehrer kopiert
die Ausdrucksweise eines Vorgesetzten, den er zutiefst haßt. Durch die Verschmelzung mit
dem angsteinflößenden Angreifer wird die Angst vermindert). Um eine Identifizierung mit
dem Angreifer zu erzielen, üben die Chefs bei der Presse Druck auf die Journalisten aus. Man
nennt das Mobbing oder Psychoterror am Arbeitsplatz. Der Druck wird ausgeübt, ohne daß
gesagt wird, wie die Journalisten sich im Sinne der Chefs richtig verhalten sollen. Es wird nur
das falsche Verhalten bestraft. Da die Journalisten den Chefs vollkommen ausgeliefert sind
und vom Wohlwollen der Chefs abhängig sind, würde die Journalisten am liebsten gesagt
bekommen, welche politische Richtung sie vertreten sollen, damit sie wissen, was sie nicht
mehr falsch machen sollen. Der Bourgeois will aber das Bild eines Arbeitsteams
aufrechterhalten, in dem es angeblich eine freie Meinungsbildung gibt. Darum wird man es
niemals erleben, daß den Journalisten gesagt wird, welche Meinung sie haben sollen. Um am
alltäglichen Psychoterror nicht zu zugrunde zu gehen, bleibt den Journalisten nichts anderes
übrig, als sich in das Denken der Chefs hineinzuversetzen. Sie denken dann ständig daran,
was die Chefs bei jeder Situation denken würden, und wie die Chefs diese Situation erleben
würden. Nur auf diese Art können die Journalisten nun immer wissen, worüber sie lieber nicht
berichten sollten. Die Chefs der Fernsehanstalten gehen darüber noch weiter hinaus. Sie
stellen nur Nachrichtensprecher ein, die eine Schauspielerausbildung haben, weil diese dem
Publikum ein gutes Arbeitsklima vorspielen können.aus:
"Atomkrieg in parallelen Quantenuniversen"(Sarah Connor)
kann man sich bei Gonzos E-Books
kostenlos runterladen,
falls es dabei Probleme geben sollte,
kann ich das Buch(ca. 85 Seiten Din A4)
per e-mail versenden.
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Antworten:
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