Re: Warum wurde es vom Papst so lange nicht publiziert?

Geschrieben von Mulder911 am 02. Dezember 2002 18:11:57:

Als Antwort auf: Warum wurde es vom Papst so lange nicht publiziert? geschrieben von Georg am 02. Dezember 2002 15:33:43:

>Wenn man das 3. dritte Geheimnis auf der Homepage des Vatikans liest, fragt man sich, warum es vom Papst so lange nicht publiziert worden ist.
>Es klingt doch nicht so sehr danach, dass da etwas zu verbergen wäre, oder?
>
>Wenn es denn echt sein sollte.


Am 26.06.2000 veröffentlichte der Vatikan das "dritte Geheimnis von Fatima". Darin soll in einer Symbolsprache über die Verfolgung der Kirche im 20. Jahrhundert berichtet und das Attentat auf den Papst vorausgesagt worden sein. Bekanntlich entging Papst Johannes Paul II. am 13.05.1981 nur knapp dem Tode, als der Attentäter Ali Agca auf dem Petersplatz mit einer Pistole auf den Heiligen Vater feuerte. Der Präsident der römischen Glaubenskongregation, der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger, kommentierte die Veröffentlichung mit salbungsvollen Worten:
"Die Lehre der Kirche unterscheidet zwischen der 'öffentlichen Offenbarung' und den 'Privatoffenbarungen'. Zwischen beiden besteht nicht nur ein gradueller, sondern ein wesentlicher Unterschied. Das Wort 'öffentliche Offenbarung' bezeichnet das der ganzen Menschheit zugedachte Offenbarungshandeln Gottes, das seinen Niederschlag in der zweiteiligen Bibel aus Altem udn Neuem testament gefunden hat. 'Offenbarung' heißt es, weil Gott darin sich selbst Schritt um Schritt den Menschen zu erkennen gegeben hat, bis zu dem Punkt hin, dass er selbst Mensch wurde, um durch den menschgewordenen Sohn Jesus Christus die ganze Welt an sich zu ziehen und mit sich zu vereinigen. Weil Gott nur einer ist, ist auch die Geschichte, die er mit der Menschheit eingeht, eine einzige, die für alle Zeiten gilt und mit Leben, Tod und Auferstehung Jesu Christi ihre Vollendung erreicht hat. Die Autorität der 'Privatoffenbarungen' ist wesentlich unterschieden von der einen, 'öffentlichen Offenbarung'..."
Man erfährt weiter, die 'Privatoffenbarung' beziehe sich auf den Glauben und "die Gewissheit", dass Gott rede. Die Privatoffenbarung sei eine Hilfe zum Glauben. Der Maßstab und der Wert einer Privatoffenbarung sei eine Hinweisung auf Christus selbst. "Wenn die 'Privatoffenbarung' von Christus wegführt...oder sich gar als eine andere und bessere Ordnung, als wichtiger denn das Evangelium ausgibt, dann kommt sie sicher nicht vom Heiligen Geist, der uns ja in das Evangelium hinein- und nicht aus ihm herausführt." [Bertone, Tarcisio: Die Botschaft von Fatima. Herausgegeben von der Kongregation für Glaubenslehre. Vatikanstadt, 29.06. 2000]
Eine abstruse Logik. Wenn der allgegenwärtige Gott schon zwischen privat und öffentlich unterscheidet, dann wäe auch die Privatoffenbarung von Gott. Stimmt nicht, sagt der tiefgläubige Kardinal. Denn eine Privatoffenbarung kommt nur dann von Gott, "wenn die in das Evangelium hineinführt". Muss ich daraus schließen, dass auch die Gegenseite, der Teufel, Privatoffenbarungen erteilt?
Die weltweiten Erwartungen über den Inhalt des dritten Geheimnisses von Fatima waren hoch, denn noch 1960 hatte der Papst gesagt, er könne das Geheimnis nicht veröffentlichen, es betreffe "unseren Glauben". Und Papst Johannes Paul II. erklärte den verblüfften Journalisten 1980 in Fulda:
"Wegen des schwerwiegenden Inhalts zogen meine Vorgänger im Petrusamt eine diplomatische Fassung vor. Außerdem sollte es ja jedem Christen genügen, wenn er folgendes weiß: Wenn zu lesen ist, dass Ozeane ganze Erdteile überschwemmen, dass Menschen von einer Minute zur anderen abberufen werden, und das zu Millionen, dann sollte man sich wirklich nicht mehr nach einer Veröffentlichung dieses Geheimnisses sehnen... Betet und fragt nicht weiter. Alles andere vertraut der Gottesmutter an." [Fiebag, Johannes und Peter. Die geheime Botschaft von Fatima. Tübingen, 1986]
Nach derartig schwerwiegenden Aussagen durfte wohl etwas Weltbewegendes erwartet werden. Und was steht wirklich im (angeblich) dritten Geheimnis? Keine Sensationen, kein Weltende, keine überschwappenden Meere und Millionen Tote, auch nichts, was "unseren Glauben" betrifft. Zudem stimmt der veröffentlichte Text nicht mal mit der Realität überein. Hier die vom Vatikan freigegebene Fassung:
"Ich schreibe aus Gehorsam gegenüber euch, meinem Gott, der es mir aufträgt, durch seine Exzellenz, den Hochwürdigsten Herrn Bischof von Leiria, und durch Eure und meine allerheiligste Mutter.
Nach den zweit Teilen, die ich schon dargestellt habe, haben wir links von Unserer Lieben Frau etwas oberhalb einen Engel gesehen, der ein Feuerschwert in der linken Hand hielt; es sprühte Funken, und Flammen gingen von ihm aus, als sollten sie die Welt anzünden; doch die Flammen verlöschten, als sie mit dem Glanz in Berührung kamen, den Unsere Liebe Frau von ihrer rechten Hand auf ihn ausströmte: den Engel, der mit der rechten Hand auf die Erde zeigte und mit lauter Stimme rief: Buße, Buße, Buße! Und wir sahen in einem ungeheuren Licht, das Gott ist, 'etwas, das aussieht wie Personen in einem Spiegel, wenn sie davor vorübergehen', einen in Weiß gekleideten Bischof, 'wir hatten die Ahnung, dass es der Heilige Vater war'. Verschiedene andere Bischöfe, Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen einen steilen Berg hinaufsteigen, auf dessen Gipfel sich ein großes Kreuz befand aus rohen Stämmen, wie aus Korkeiche mit Rinde. Bevor er dort ankam, ging der Heilige Vater durch eine große Stadt, die halb zerstört war, und halb zitternd mit wankendem Schritt, von Schmerz und Sorge gedrückt, betete er für die Seelen der Leichen, denen er auf seinem Weg begegnete. Am Berg angekommen, kniete er zu Füßen des großen Kreutes nieder. Da wurde er von einer Gruppe von Soldaten getötet, die mit Feuerwaffen und Pfeilen auf ihn schossen. Genauso starben nach und nach die Bischöfe, Priester, Ordensleute und veschiedene weltliche Personen, Männer und Frauen unterschiedlicher Klassen und Positionen. Unter den beiden Armen des Kreuzes waren zwei Engel, ein jeder hatte eine Gießkanne aus Kristall in der Hand. Darin sammelten sie das Blut der Märtyrer auf und tränkten damit die Seelen, die sich Gott näherten." [Bertone, Tarcisio: Die Botschaft von Fatima. Herausgegeben von der Kongregation für Glaubenslehre. Vatikanstadt, 29.06. 2000]
Diese Veröffentlichung des Vatikans, immerhin der obersten Instanz der römischen Kirche, der ein Milliardenheer von Gläubigen angehört und die ihren Gläubigen gegenüber auch die höchste Instanz der wahrheit bedeutet, kann bestenfalls die halbe Wahrheit sein - oder die halbe Unwahrheit. Entweder haben die Päpste früher gelogen, als sie sich zum dritten Geheimnis von Fatima äußerten, oder der hochwürdige Kardinal Ratzinger lügt jetzt. Zudem schildert die vom Vatikan veröffentlichte Version nichts, was in der Vergangenheit geschehen ist oder in der Gegenwart geschieht - auch nicht das Attentat auf den Papst. Gesprochen wird vielmehr von einer "großen Stadt, die halb zerstört war", in welcher der Heilige Vater gemeinsam mit vielen anderen erschossen wird. Ich bedaure, Exzellenzen, am 13. Mai 1981, als auf den Papst geschossen wurde, war weder Rom "halb zerstört", noch vielen Schüsse auf andere Menschen. Und wie deutet der Präsident der römischen Glaubenskongregation die Widersprüche?
Gemeint sei, so Kardinal Ratzinger, das Schlüsselwort der vorhergegangenen Geheimnisse, "salvare le anime" (die Seelen retten). Dies komme zum Ausdruck in den Worten "Penitenza, Penitenza, Penitenza" (Buße, Buße, Buße). Man werde an den Beginn des Markus-Evangeliums erinnert: "Tut Buße und glaubt an das Evangelium." Der Engel mit dem Flammenschwert stelle die Gerichtsordnung dar. Der Mensch selbst habe das Flammenschwert mit seinen Erfindungen bereitgestellt. Die ganze Schau, welche die Kinder von Fatima erblickt hätten, sei keine "unabänderliche Zukunft", kein Film, der die fixierte Zukunft zeige, sondern ein Plan, diese (mögliche) Zukunft "ins Positive zu wenden". Wodurch? Durch Buße und Einsicht selbstverständlich. Kardinal Ratzinger: "Deswegen gehen fatalistische Deutungen des Geheimnisses völlig an der Sache vorbei, die zum Beispiel sagen, der Attentäter vom 13. Mai 1981 sei nun einmal ein von der Vorsehung gelenktes Werkzeug göttlichen Plans gewesen, und habe daher gar nicht frei handeln können..."
Da möchte ich bescheiden dazwischen fragen was hat denn der Attentäter vom 13. Mai 1981 mit einer "halb zerstörten Stadt" zu tun? Mit einer "Gruppe von Soldaten"? Und mit der Ermordung vieler anderer Menschen neben dem Papst?
Je höher die Theologen in der kirchlichen Hierarchie angesetzt sind, desto verwirrender ist wohl ihr Denken. Kardinal Ratzinger verdreht das angekündigte Zukunftsbild in eine vage Vergangenheit. Sein Kommentar:
"Der Papst geht den anderen voraus, zitternd und leidend ob all der Schrecken, die ihn umgeben. Nicht nur die Häuser der Stadt liegen teils in Trümmern - sein Weg führt an den Leichen der Getöteten vorbei. Der Weg der Kirche wird also als Kreuzweg geschildert... Man darf in diesem Bild die Geschichte eines ganzen Jahrhunderts abgebildet finden... In der Schau können wir das abgelaufene Jahrhundert als Jahrhundert der Märtyrer ... als Jahrhundert der Weltkriege und vieler lokaler Kriege erkennen ... Dabei spielt die Figur des Papstes eine besondere Rolle. In seinem mühsamen Hinaufsteigen auf den Berg dürfen wir ruhig mehrere Päpste zusammengefasst finden... Auf der Straße der Märtyrer wird in der Vision auch der Papst ermordet. Musste der Heilige Vater, als er sich nach dem Attentat vom 13. Mai 1981 den Text des dritten Geheimnisses vorlegen ließ, darin nicht sein eigenes Geschick erkennen? Er war sehr nahe an der Grenze des Todes gewesen und hat selbst seine Rettung mit den folgenden Worten gedeutet: '...es war eine mütterliche Hand, die die Flugbahn der Kugel leitete und es dem Papst, der mit dem Tode rang, erlaubte, an der Schwelle des Todes stehen zu bleiben' (Aussage des Papstes vom 13. Mai 1994). Dass da eine 'mano materna' (mütterliche Hand) die tödliche Kugel doch noch anders geleitet hat, zeigt nur noch einmal, dass es kein unabänderliches Schicksal gibt, dass Glaube und Gebet Mächte sind, die in die Geschichte eingreifen können, und dass am Ende das Gebet stärker ist als die Patronen, der Glaube mächtiger als Divisionen."
Was hier der Öffentlichkeit vorgesetzt wird, ist eine Zumutung. Die "halb zerstörte Stadt" wird in das vergangene Jahrhundert umfunktioniert, die beim Papst-Attentat nicht(!) ermordeten Priester und Ordensleute in Märtyrer der Vergangenheit verwandelt, das "Flammenschert" einer irdischen Erfinung gleichgesetzt, und die Kugel, die letztlich den Papst nicht(!) tötete, wird von der Mutter Maria abgelenkt. Und angeblich soll der Papst nach(!) dem Attentat von 1981 erstmals das dritte Geheimnis von Fatima gelesen haben, während er sich in Wirklichkeit bereits 1980 öffentlich darüber äußerte.
Wie kommt eigentlich eine derartige Geisteshaltung zustande? Die Muttergottes höchstpersönlich soll den Kindern von Fatima ihre Visionen eingegeben haben - welche Muttergottes? Was ist im Jahre 1917 in Fatima tatsächlich geschehen? Und wie kamen diese Botschaften - Geheimnisse - zusammen? Was steht wohl im ersten und zweiten Geheimnis, wenn man das dritte schon verfälscht?
Alles entstammt der Vorstellungswelt, andere mögen sagen, der Einbildung, wieder andere der Fälschung der Kirchengeschichte, seit gut 1900 Jahren. Doch der Reihe nach:
Dass die Heilige Schrift des alten Testaments eine Ansammling voller Widersprüche ist, eines metaphysischen Gottwesens unwürdig, entstanden zu verschiedenen Zeiten und verfasst von diversen Autoren, sollte jedem klar sein. Die Christenheit baut auf das Alte und(!) das Neue Testament. Erinnern wir uns: Die Schrift des Alten und des Neuen Testaments soll denselben Urheber haben. Gott habe - so die Theologie - mit dem Volke Israel einen besonderen Bund geschlossen, der aber "von ewigen Zeiten her" nur auf Prolog auf Cristus hin geplant gewesen sei (Karl Rahner: "Das alte Testament ist eine von Gott gesteuerte Bewegung auf Das endgültige Heil zu"; Jaques Guillet: "Beim Alten Testament handelt es sich ausnahmslos um Vollzugsberichte eines Wortes Gottes, dieses Schema ist allgemeingültig.") Dementsprechend ist das Neue Testament die Fortsetzung des Alten. Wer verfasste eigentlich dieses Neue Testament? Wer sind die Urheber? Der liebe Gott? Wohl kaum, wie jeder Theologe weiß.


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