Re: @badland

Geschrieben von Badland Warrior am 27. November 2002 14:41:50:

Als Antwort auf: @badland geschrieben von Gandalf am 27. November 2002 01:43:24:

Gandalfpostingantwort

Hi, Gandalf!

Anscheinend habe ich bei dir Verwirrung ausgelöst. Mach dir nichts draus, passiert vielen. Bricht aber auch alte Strukturen auf und hilft einem, weiterzukommen.
Hat auch seine Gründe. Da komm ich noch drauf.

Gandalf: Also, du schreibst manchmal Dinge, die bei mir einen absoluten Aha-Effekt auslösen. Und dann schreibst du wieder Sachen, die ich ohne weiter darüber nachzudenken, als Unsinn betrachten würde, würde es nicht von jemanden wie dir stammen.

Badland Warrior: Es hat damit zu tun, dass ich kaum in eine Schublade passe.
Für die Linken habe ich zuviele Ansichten, die dort absolut nicht reinpassen, für die Rechten bin ich zu liberal und zu prosemitisch, für die Liberalen bin ich zu kapitalfeindlich, für die Anarchisten zu strukturiert im Sinne eines biologistischen Rudeldenkens, für die Konservativen zu anarchistisch, für die Grünen zu ethnozentrisch, für die Ethnozentriker zu aufgeschlossen. Usw. Und ich zitiere ohne jede Scham von Lao tse über Jesus und Gandhi, Buddha, Goethe oder Mao oder sogar Goebbels jeden, dessen Zitate in einem bestimmten Zusammenhang etwas zu bedeuten haben oder als rhetorischen Griff, ohne jedoch die Ideologie unbedingt mitzutragen. Einige meiner Beiträge haben schon bei Etlichen hier einen Denkknoten ausgelöst.
Es liegt an den Meta-Ebenen. Das, was ich schreibe, ist nicht unbedingt nur das, was ich meine, meistens aber schon. Es gibt auch weitere Ebenen als das platt Ideologische, und manchmal spiegle ich auch. Siehe auch "Scheiße passiert", meine früheren Streitereien mit Franz-Liszt, die sich manchmal über Monate hinzogen (ich glaube, wir beide sind auch recht impulsiv) und die Sache mit "Seid zur Heiterkeit bereit!"
Und ich breche manchmal absichtlich Denktabus. Einmal, weil ich versuche, die einzelnen Äste eines Ereignisbaumes abzuklappern, aber auch, weil ich bei dem, was ich tue, Verantwortung habe. Ich weiß, wenn man nun á la Sartre oder á la Hassan i Sabbahs "Nichts ist wahr, alles ist erlaubt!" an etwas heranginge, würde sich ein riesiger Abgrund der Ungewissheit auftun. Ich bin KEIN Nihilist, was aber nicht heißt, dass ich deshalb irgendeiner Sache anhängen MUSS!
Gleich mehr dazu.

Gandalf: So denke ich darüber nach und werde nicht schlau daraus. Ich meine, es gibt viele Menschen, die in einzelnen Punkten anderer Ansicht sind als ich, aber meistens habe ich das Gefühl zu verstehen, was sie meinen. Gerade bei dir aber geht es mir so, daß ich mich noch nicht mal in die Logik bzw. Unlogik hineinversetzen kann.
Ich hab auch total das Problem, dich einzuordnen. Du machst auf mich den Eindruck einer Sphinx die in sich völlig gegensätzlich ist.

Badland Warrior: Vraiemont. In der Tat. Meistens geht man von einem in sich geschlossenen Gebilde an Einstellungen aus. Sagen wir es mal so: Meins ist an den Rändern ausgefranst und bietet eine Menge Adapteranschlussmöglichkeiten.
Gut. Vielleicht helfe ich dir und anderen, mich besser zu verstehen, vielleicht ist es auch ein gutes Mittel zur Selbstreflexion, da bin ich dir auch dankbar.
Wo beginne ich? Am besten von vorne. Lineare Strukturen haben manchmal etwas Beruhigendes. Von A nach B. Ich bin gleichzeitig in zwei nahe verwandten und doch verschiedenen Kulturkreisen aufgewachsen und habe mir daher eklektisch (auswählend) meine eigene Mentalität entwickelt, die etwas ganz Eigenes ist. Das zum ersten. Da beide Parentalfamilien (also die Familien meiner Eltern) unter Repressionen totalitärer Staaten zu leiden hatten, und ich von klein auf sehr viel erzählt bekam, wurde ich neugierig. Ich sah mir auf verschiedenen Sendern (damals gab es vom Empfangsbereich unseres Fernsehers nur ZDF, ARD und Ostzone, räusper, DDR) verschiedene Sachen an, zerbrach mir den Kopf über den Irrsinn der Welt und die Geschichte insbesondere, las die Zeitungen meiner Eltern und Geschwister, von denen einer ein freundlicher Hippie war und dachte nach. Über Waldsterben, Wilderei und Widerlichkeiten. Schon mit Acht. Und damals, Mitte der Sechziger, waren viele Themen tabu, oder man sah sie als Preis des Fortschritts, auch wenn sie bedauerlich waren. Ich war gern im Wald und liebte die Atmosphäre dort. Und ich war versessen auf Tiere, da ich selbst keine hatte und komme heute noch mit den meisten Hunden dergestalt aus, dass sie mir schwanzwedelnd entgegen kommen, ohne dass sie mich kennen. Sie SPÜREN, dass ich sie mag, vielleicht bis auf ein paar hysterische Handtaschenpinkler oder völlig versaute Killerköter.
Ich fragte damals jedem ein Loch in den Bauch und war berüchtigt für meine Rhetorik. Später las ich jedes Buch, das ich über den NS-Staat, Widerstand, die Revolutionen, die Religionen und Geschichte finden konnte. Mit 14 hatte ich Darwin, Hartmann von Aue, Thomas Mallory und Plato schon hinter mir, weil ich sie gelesen hatte, als die meisten meiner Altersgruppe die Namen noch nicht mal kannten oder nur als vage Erwähnung irgendwo. Mit 15 hatte ich bereits Schwierigkeiten in der Stadtbibliothek ein interessantes Buch zu finden, das ich noch nicht kannte, wobei sich mir die Hauptbiblio noch nicht erschlossen hatte.
Dennoch lebte ich ein verhältnismäßig gewöhnliches Leben. Wie viele andere Jugendliche auch. Und meine Eltern waren, was Allgemeinwissen anging, obwohl aus sehr bescheidenen Verhältnisse stammend, wandelnde Lexika.
Dennoch fand ich bei allem, was ich las, irgendwo ein Haar in der Suppe, und die politischen Ideologien waren mir zu starr und zu theoretisch, am Faktor Mensch mit seinen Unwägbarkeiten vorbei. Wobeich ich durchaus damals schon und auch heute noch, nachvollziehen kann, wie Leute in eine bestimmte Ideologie geraten, es jedoch nicht gutheißen muss.
Mit 17 hatte ich die Upanishaden und das Bhagavad-Gita, Teile des Neuen Testaments und die groben Umrisse der germanischen und römischen Mythologie intus, das Tibetische Totenbuch gelesen und konnte die einzelnen politischen Richtungen runterbeten. Als faustischer typ jedoch, der herausfinden will, "was diese welt im Innersten zusammenhält", stürzte ich mich auch auf die Bibel, welche ich mehrfach gelesen habe, mitsamt Apokryphen und vielen Auslegungen, Teile jüdischer Weisheitsbücher, den Koran (ja, ich habe ihn tatsächlich gelesen, und ich finde ihn völlig daneben), Robert Anton Wilson, Tim Leary, Freud, Sartre und einen Wust an ethnologischen Berichten, Arbeiten, astronomischen Sachen, Esoterik bis zum Abwinken, buddhistische Sachen usw. usf.
Es gibt aber ein Bild, auf dem die Erschaffung Adams nach Michelangelo abgebildet ist und wo "Gott" zu Adam sagt "Think for yourself, Schmuck!", "Denk selbst nach, Blödmann!" Dieses Bild hat mich fasziniert und mich dazu gebracht, in einer meiner Phasen, wo ich alles zusammenfasste, was ich bisher so mitbekommen hatte, mal Dinge hin und herzudrehen, um zu einem eigenen ergebnis zu kommen. Das war für mich ein ziemlicher Durchbruch. Nicht nur mein darauf folgendes manisches Gelächter, das meinen Nachbarn wahrscheinlich heute noch Alpträume beschert, sondern auch mein Ergebnis, von dem aus ich weiterging. Seitdem mache ich mein eigenes Ding. Später begann ich mich mit Schamanismus, Mulford (nein, nicht der Tee!), Hexerei, sowie einigen anderen Religionen und Philosophien zu befassen. Und immer war Forschung mir wichtig, von den Salinenkrebsn, die ich mal hielt, bis zu eiem andere Experimet, das böse hätte ins Auge gehen können. Ansonsten mischte ich mich unters Volk, unternahm einiges, reiste viel und unterhielt mich auch gern mit Älteren, wenn sie nicht schon völlig verknöchert oder senil waren. Und ich habe viel vom Leben mitbekommen, auch Dinge, die ich sonst nicht für möglich gehalten hätte. Das formt.

Gandalf: Ich dachte immer es ist im Leben einfacher, "den Stein der Weisen zu finden" als eine Frau zu verstehen -> scheint wohl noch schwierigere Probleme zu geben ;-) ! gibt es irgendeine weltanschauung der du nahe stehst? Wie würdest du deine weltsicht auf den punkt bringen? Sind nicht all diese Terroristen, Antiterroristen, Anti-anti-terroristen ... alle Sandkörnchen im großen Weltgetriebe, dessen Wesen Harmonie, Vollkommenheit und Schönheit ist, und
die sich umsonst abmühen, der Einheit zu widerstehen?

Badland Warrior: Ob der Lapis philosophorum nun materiell oder als Symbol oder als etwas ganz anderes existiert, ist eine Sache. Kommunikation ist möglich, auch zwischen Mann und Frau, auch wenn sie verschieden denken ("Du kannnst mich einfach nicht verstehen!" - tolles Buch!) Übrigens brauchst du mich nur bis zu einem gewissen Punkt zu verstehen. Ist aber nett, dass du dir Mühe gibst.
Weltanschauung? Hm. Am Anfang war nichts, nicht das Geschaffene noch das Ungeschaffene, nicht das Sein und nicht das Nichtsein, doch da die Möglichkeit bestand, kam das Nichtsein und aus dem Nichtsein das Sein. Aus diesem wurde, was zuvor nicht war. Raum und Zeit. Die Göttin trieb dahin im Raum und sehnte sich nach einem Gegenüber. So gebar sie den Gott. Und beide vereinigten sich. Und die Göttin gebar alles, was war. Die Polarität männlich-weiblich, Yin-Yang, das alles kam durch das Sein. Gegensätze, die sich anähern und abstoßen, Ordnung und Chaos. Es gibt ein Wechselspiel, denn eine endgültige Harmonie wäre farblos, langweilig, widernatürlich, Stillstand, Erstarrung. Völliges Chaos aber wäre Formlosigkeit, Wirbel, Wahnsinn, lebensfeindlich. So ist in jedem Chaos Ordnung und der Keim für eine neue Ordnung, und in jeder Ordnung der Keim des Chaos angelegt. Leben verläuft in Zyklen (Geburt, Leben, Tod, Wiedergeburt; Frühling, Sommer, Herbst, Winter; Barbarei, Kultur, Hochkultur, Verfall, Barbarei...). Das Göttliche ist immanent und gleichzeitig um uns. Es gibt gleichzeitig kein Innen und kein Außen, aber es gibt auf einer anderen Ebene Innen und Außen.
Materie ist nichts Verwerfliches, da es auch das Göttliche enthält. Askese ist daher eigentlich Blasphemie. Der Mensch lernt seine Lektionen in vielen Leben.
Es ist nicht alles Liebe oder Hass, alles ist ambivalent, also unterschiedlich. Das absolut nur Gute gibt es nicht, ebensowenig das absolut Böse.
Das Leben, das man hat, soll man nutzen, lernen, genießen, verteidigen, anderen Gutes tun (es sei denn, im Verteidigungsfall),zur Blüte bringen. Kultur ist höher als Barbarei, und Kulturgüter sind z. B. Schrift, gestaltende Kunst, Musik, Theater, Philosophien, Gleichheit von Mann und Frau, sexuelle Freizügigkeit und freie Entfaltung derselben in Verantwortung, sobald sich jemand reif dazu fühlt, gerechte Gesetze, usw. Wer Frauen verstümmelt und musikinstrumenbte verbietet, ist also ein Barbar. Patriarchat wie Matriarchat sind Unsinn. Parität ist in Ordnung.
Ich bin aber auch glichzeitig ein Zivilisations-, bzw. Kulturkritiker. "Neues Theater", wo nur rumgekreischt und mit Farbe rumgesudelt wird, nachdem jemand auf ein Hühnchn masturbiert hat, sehe ich nicht als Kunst oder kulturell wertvoll. Ebensowenig die verlogene Political Correctness oder Betroffenheitsphilosophie, oder die Harmoniesucht um jeden Preis, die nur blind macht. Oder Leibfeindlichkeit. Dekadenz und Barbarei sind sich recht ähnlich. Das Eine ist die Vorstufe zum anderen.
Anarchie ist nicht möglich im Sinne von völliger Autoritätslosigkeit, da Menschen von Natur aus Egoisten sind und nicht alle gleich intelligent, kompetent, reif und verantwortungsvoll sind. Es muss also Autorität geben, aber nur in dem Umfang, wie es notwendig ist. Tu, was du willst, solange du niemanden schadest, es sei denn, der andere bedrohe dich. Dann vernichte ihn oder schalte ihn aus.

Mein Verhältnis zur Prophezeiung bzw. Vison: Prophezeiungen haben eine Art Regulierungsmechanismus, in der Form, dass sich die Vorbedingungen ändern lassen und sie damit nicht eintreten müssen. Visionen zeigen dagegen an, was unwiderruflich geschehen WIRD, wozu die Vorbedingungen entstehen werden, ob man will oder nicht. Beides verschiedene Sachen, wobei aber beides möglich ist. Hab beides schon erlebt. Manchmal kann man gerade dadurch, dass man versucht, das Eintreten der Geschehnisse in einer Vision zu verhindern, diese hervorrufen. Sie wären aber so oder so geschehen.

Ich denke, dass wir wunderbare Dinge haben, angefangen von Wannen mit heißem Wasser, Kühlschränken bis zu Sozialversicherung. Aber wir verfallen, jedenfalls die, welche es zulassen. Ignoranz, Unwissenheit und sprachliche Verwahrlosung künden davon, überzogene asketische Lebensweisen, Prüderie und Drogenkonsum, abr auch die unbewusste Todessehnsucht durch absurden Pazifismus oder Verachtung des Materiellen ebenso. Und man macht sich zuviele Sorgen, wo keine sind. Man kann sich auch kaputtdenken. Diese Gesellschaft weltweit ist neurotisch.
Wir sind zuviele, können nichta alle ernährt werden, und viele sind auch Barbaren, erheben sich aber über andere, obwohl sie nie eine wirkliche Hochkultur entwickelt haben. Allerdings sind auch wir Hochkulturellen in böse Sackgassen geraten, wie Sinnentleerung, Umweltzerstörung und konsumierender Beliebigkeit, sowie der Entfremdung von der Natur. Deshalb - so die Prophs und visionen - ist ein gewaltsames Ausbrechen aus der Sackgasse notwendig, um einen neuen Zyklus zu beginnen. Das wird umso schwerer, als im Gegensatz zu früher heutzutage alles vernetzt ist, und die schäen noch nie größer waren. Wir werden wieder relativ weit unten anfangen müssen, um uns hochzuentwickeln. Ob wir dann irgendwann eine Zivilisation á la Star Trek haben, ist möglich,a ber nicht notwndigerweise. Vorerst haben wir noch Bürgerkriege, den III. und den IV. Weltkrieg zu überstehen und zu gewinnen. Weshalb? Es ist wahrscheinlich immanent und das Höhere selbst oder das Göttliche hat Menschen darauf aufmerksam gemacht, was kommen wird, um sie vorzubereiten, es durchzustehen oder anderen einen Hinweis zu geben.
Aus dem Chaos wird Hoffnung erwachsen. Bleiben wird die Verantwortung, denn es wird kein Weltdiktator kommen, es wird kein Manna regnen, ebensowenig, wie dann der Weltfriede und das goldene Zeitalter kommen werden. Wohl aber werden einige Fehler endgültig beseitigt sein. Es gibt ja noch genügend neue... Das Rad dreht sich. Dieses entnehme ich meiner Lebenserfahrung, dem,w as ich an Menshlichem, Allzumenschlichem kenne, und nach dem, was geschichtlich gelaufen ist. Aber auch aus dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Prophezeiungen und Visionen. Ich weiß nicht alles, doch das Wenige, das ich weiß, mit Sicherheit.
So muss ich z. B. George Bush nicht sympathisch findn. Ich finde einiges soigar ziemlich daneben, was er gemacht hat, aber er ist immerhin derjenige, welcher den Wüstensöhnen die Stirn bietet, sie in die schanken weist und nebenbei noch daran mitarbeitet, dass die Prophs sich erfüllen. Wie gesagt, ich mochte die Gesellschaft, in der wir leben, mal sehr, möchte auch, dass die Freiheiten gerettet werden, und sehe abr auch, dass es so nicht weitergeht. Da lieber ein Neuanfag nach einem Totalzusammenbruch.
Lebe offen und rustikal, mach dein Ding, nimm die Dinge, wie sie kommen und mach das Beste daraus.

Komm gut durch!

Badland Warrior
(P.S.: Was machen deine Marzipangrabungen?)




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