Schöner Artikel aus der Solidaritaet bzgl. Mazedonien und USA!
Geschrieben von warlord am 06. Juli 2001 07:59:31:
Schützt NATO UCK-Terroristen?
Balkan. Die Empörung über das Eingreifen der NATO in Makedonien zugunsten der UCK führte zu massiven Ausschreitungen gegen die makedonische Regierung.
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Das üble Spiel der Angloamerikaner
Instabilität als Ziel
Die Folgen
--------------------------------------------------------------------------------Am 25. Juni marschierten Tausende wütender Makedonen nach Skopje, stürmten und verwüsteten das Parlamentsgebäude und den Sitz des Staatspräsidenten, dessen Rücktritt sie in lautstarken Sprechchören forderten. Zehntausende machten in den Straßen der Hauptstadt ihrem Unmut über die makedonische Regierung, die NATO und die Europäische Union Luft. Erst im Laufe des folgenden Tages kehrte wieder Ruhe ein.
Was war geschehen? Einige Tage zuvor hatten Regierungstruppen begonnen, Stellungen der UCK in Aracinovo anzugreifen, einem Vorort von Skopje, von dem aus die Hauptstadt und ihr Flughafen beschossen und die Verkehrswege zwischen beiden kontrolliert werden können. Im Verlauf des Sonntags war es ihnen gelungen, den Ort teilweise zu erobern und rund 400 Kämpfer der UCK einzukesseln.
Alles sah nach einem klaren Erfolg der Regierung aus. Augenzeugen berichteten gegenüber EIR, die UCK hätte sogar bereits die weiße Fahne gehißt. Aber als die makedonische Armee daran gehen wollte, die kapitulierende UCK-Einheit zu entwaffnen, seien plötzlich bewaffnete amerikanische KFOR-Einheiten - deren Aufgabe es ist, die im benachbarten Kosovo stationierten Truppen logistisch zu unterstützen - eingeschritten und hätten die makedonischen Truppen daran gehindert.
Gleichzeitig verkündeten die in Luxemburg versammelten Außenminister der EU, Makedonien werde keine Wirtschaftshilfe erhalten, wenn die Kämpfe nicht eingestellt würden. Angesichts der Tatsache, daß eine Fortsetzung der Aktionen der makedonischen Armee in Aracinovo eine militärische Auseinandersetzung mit US-Truppen und den Bruch mit der EU bedeutet hätte, deren Hilfe das vom Krieg zerrüttete Land dringend braucht, gab Präsident Trajkovski nach und stimmte der Evakuierung der UCK-Söldner zu.
Diese Evakuierung muß man eigentlich als geordneten Rückzug unter dem Schutz der NATO bezeichnen: Es wurden nicht nur Verwundete abtransportiert, sondern die gesamte Truppe, die noch nicht einmal ihre Waffen abgeben mußte! Sie wurde auch nicht außer Landes gebracht, sondern in von der UCK kontrollierte Gebiete Makedoniens. Wenig später wurden von dort aus makedonische Truppen und Orte beschossen, wobei es Tote und Verletzte gab.
NATO-Truppen - oder besser gesagt, von der NATO nach Makedonien entsandte US-Einheiten - griffen also ein, um der UCK die Fortsetzung der Kämpfe zu ermöglichen - und dies, obwohl die makedonische Regierung allgemein als demokratisch gewählt anerkannt ist und der Terrorismus der UCK ebenso allgemein verurteilt wird! Ein solch schändliches Verhalten mußte die makedonische Bevölkerung aufs äußerste provozieren.
Inzwischen berichtete das Hamburger Abendblatt sogar, unter den evakuierten UCK-Kämpfern seien 17 ehemalige US-Offiziere gewesen, die der UCK als Instrukteure "militärischen Nachhilfeunterricht erteilten". 70 Prozent der Ausrüstung der UCK seien amerikanischen Fabrikats, "darunter auch modernste Nachtsichtgeräte der dritten Generation". Damit werde die "mögliche NATO-Operation zur Entwaffnung der Rebellen vollends zur Farce".Das üble Spiel der Angloamerikaner
Viele Beobachter fragen sich, was die US-Regierung mit ihrer Balkanpolitik eigentlich bezweckt. Einige meinen, das Ziel der USA sei es, ihre militärische Präsenz auf dem Balkan zu zementieren und den Einfluß Europas und Rußlands in der Region zu schwächen. Tatsache ist, daß der US-Regierung das Geld knapp wird. Der größte Teil der für die Aufrüstung der US-Truppen bewilligten Gelder wurde dazu gebraucht, die massiv gestiegenen Treibstoff- und Energiekosten zu decken, so daß selbst für das Lieblingskind des US-Präsidenten, die Raketenabwehr NMD, kaum Geld da ist. An ein stärkeres Engagement der USA ist daher derzeit kaum zu denken.
Außerdem riskieren die USA mit ihrem Vorgehen, daß sich Makedonien nun erst recht Rußland zuwendet, das als einzige Macht die makedonische Regierung direkt und indirekt - über die Ukraine - wirksam unterstützt hat: Die militärischen Erfolge der Regierungstruppen sind vor allem den kurzfristig gelieferten russischen Flugzeugen und Kampfhubschraubern zu verdanken.Wirklichen Einfluß könnten sich die USA - wenn nicht durch militärisches Engagement - nur durch ein massives wirtschaftliches Engagement nach dem Vorbild des Marshallplans sichern, und damit wäre auch allen Beteiligten in der Region am meisten geholfen. Aber auch in dieser Hinsicht läuft weniger als nichts - vielmehr ziehen die USA jeden Vorwand an den Haaren herbei, um keine wirtschaftliche Hilfe leisten zu müssen; und wenn sie Wirtschaftshilfe geben, dann unter Konditionen, die mehr eine Belastung denn eine Hilfe für die betroffenen Nationen sind, und eine wirkliche Lösung der Krise verhindern.
Instabilität als Ziel
Und so bleibt im Grunde nur die Vermutung, daß der Zustand, den die Regierung Bush mit ihrer Balkanpolitik schafft, auch der ist, den sie schaffen will: Ein Krisenherd, der ständig am Kochen ist, den man je nach Bedarf mal ein wenig anheizt, mal ein wenig abkühlen läßt, ohne ihn erkalten oder überkochen zu lassen. Mal klopft man der UCK auf die Finger, mal stellt man sich schützend vor sie. Auch eine solche Politik führt zur Schwächung Europas, ist jedoch billiger als ein wirkliches militärisches Engagement.
Damit stellt sich die US-Regierung ganz in die Tradition der britischen Balkanpolitik. Schon vor dem ersten Weltkrieg unterstützte Großbritannien den Nationalismus auf dem Balkan, um Österreich-Ungarn zu schwächen, Reibungspunkte zwischen den von England als Konkurrenz betrachteten Mächten Rußland, Österreich-Ungarn und Deutschland zu schaffen, und gleichzeitig das Entstehen einer wirtschaftlichen Entwicklungsachse Deutschland-Österreich-Türkei zu unterbinden. Diese Politik löste schließlich auch den - von der britischen Politik erwünschten - 1. Weltkrieg aus.Diese Politik der permanenten Destabilisierung wurde nach dem Fall der Mauer von den damaligen Regierungen Bush und Thatcher wiederbelebt. Milosevic war hierbei nur das Instrument - solange es der angloamerikanischen Politik diente, wurde er von Bush und Thatcher gedeckt. Erst als Bushs Nachfolger Clinton mit dieser Politik brach und - viel zu spät - ein energisches Eingreifen forderte, ließ auch Großbritannien Milosevic fallen - weil dies nun die Möglichkeit bot, einen Keil zwischen Amerika und Rußland zu treiben, während Clintons Gegner in der eigenen Regierung die Weichen für die Fortsetzung der Krise stellten. Der Mohr Milosevic hatte seine Schuldigkeit getan und konnte gehen - selbst nach seiner Entmachtung dient er noch als Vorwand, Wirtschaftshilfe zu verweigern; und wenn er an das Haager Tribunal ausgeliefert ist, finden sich wohl neue Gründe.
Und diese Politik der permanenten Destabilisierung geht weiter: An die Stelle Milosevics ist nun die UCK getreten, die man zu diesem Zweck bewaffnete. Wie zuvor Milosevic, darf jetzt die UCK ihr Unwesen treiben, solange sie bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Und so schwärt die Wunde im "weichen Unterleib Europas" weiter.
Die Folgen
Die Folgen sind fatal, denn nun sind nicht nur die USA und deren Verbündete in Europa diskreditiert. Viel schlimmer ist, daß die makedonische Regierung selbst einen Großteil ihres Ansehens im Land eingebüßt hat und es ihr künftig viel schwerer fallen wird, Makedoniens Albaner vor der Wut der Makedonen auf die UCK zu schützen. Sieht das Volk sich erst einmal gezwungen, zur Selbsthilfe zu greifen, weil es die Regierung nicht mehr tut, wird das ganze Land zum Schauplatz eines unkontrollierten Bürgerkrieges zwischen Makedonen und Albanern werden, der sich leicht zu einem religiösen Konflikt - orthodoxe Christen gegen Moslems - über die Region hinaus ausweiten könnte. Es ist fraglich, ob die Regierung Bush unter solchen Bedingungen die Mittel fände, den Konflikt unterhalb dieser Eskalationsstufe zu halten.
Die europäischen Regierungen müssen daher aufhören, dem bösen Spiel hilflos zuzusehen. Sie müssen das amerikanische Verhalten in der jüngsten Krise eindeutig verurteilen und aufhören, es auch noch zu unterstützen. Um den Frieden auf dem Balkan zu sichern, müssen die Terroristen - gleich welcher Nationalität - zur Aufgabe gezwungen und die Volkswirtschaften wieder aufgebaut werden. Sollte hierüber in der EU kein Konsens möglich sein, müssen sich die Regierungen Kontinentaleuropas daran erinnern, daß sie im Notfall auch unabhängig von der EU agieren können - z.B. in Koordination mit Rußland - und daran, daß ein wirklich groß angelegter Plan zum Wiederaufbau des Balkan genau die Konjunkturspritze ist, die Europa jetzt braucht.Alexander Hartmann
MfgWarlord