Mondlandung - NASA geht in die Offensive

Geschrieben von Marco am 11. November 2002 07:53:21:

Die Nasa hat die Nase voll

Eine flatternde Fahne, mysteriöser Staub und verschwundene Sterne: Weil sich die Gerüchte häufen, die Mondlandung hätte nie stattgefunden, geht die Weltraumbehörde jetzt in die Offensive

Von Ulli Kulke

Seit der ersten Mondlandung wird die US-Weltraumagentur von einem bösen Gerücht heimgesucht: Der kleine Schritt für Neil Armstrong, der ein so großer Sprung für die Menschheit gewesen sein sollte, habe gar nicht auf dem Mond stattgefunden, sondern in irgendeinem Filmstudio. Und überhaupt: Kein Mensch habe jemals den Mond betreten.

33 Jahre lang hat die Nasa die bösen Zungen, die das behaupten, einfach ignoriert, obwohl laut Umfragen zwischen zehn und 28 Prozent der Amerikaner glauben, die Mondlandung hätte nie stattgefunden. Nun ändert die Nasa ihre Strategie, denn die Lage hat sich zugespitzt: Die Nasa fühlt sich gezwungen zu reagieren, man gibt sich offensiv und operiert doch defensiv – die Weltraubehörde verteidigt sich und nimmt ihre Gegner dabei ernst.

Die Nasa hat nun ein Buch in Auftrag gegeben bei dem renommierten Weltraumautor James Oberg. Der soll sich im Einzelnen mit allen vorgebrachten Beweisen auseinander setzen, die angeblich alle Mondlandungen widerlegen. Oberg gilt als unverdächtig, ein Nasa-Propagandist zu sein, denn er setzte sich auch kritisch mit den Projekten der Weltraumbehörde auseinander.

Die Debatte darüber, ob die US-Flagge am 20. Juli in Mondgestein gerammt wurde oder doch nur auf einen präparierten Sandboden – etwa in den riesigen Hallen der Nasa-Basis Muffett-Field bei San Francisco – hat zuletzt handfeste Formen angenommen. Im September stellte der Filmemacher Bart Sibrel auf offener Straße Edwin „Buzz“ Aldrin, nach Armstrong der zweite Mann auf dem Mond. Er forderte den Astronauten ultimativ zum Schwur auf, dass er den Mond wirklich betreten habe, mit der Hand auf der mitgebrachten Bibel. Doch anstatt die Hand auf die Bibel zu legen, ballte Aldrin sie zur Faust und schlug Sibrel ins Gesicht. Der ging zu Boden.

Sibrel war kein Unbekannter für Aldrin. Sie hatten sich schon mal zum gemeinsamen Videoabend getroffen. Und einen Film angesehen, den der bekannte TV-Journalist, der unter anderem für CNN arbeitete, von der Nasa versehentlich erhalten haben wollte. Nach Meinung Sibrels sei er eindeutig von der Apollo-11-Crew aufgenommen worden – belege aber ebenfalls eindeutig, dass die Astronauten die ganze Zeit nur in der Erdumlaufbahn gekreist seien. Aldrin hatte damals zu Sibrel gesagt: „Sie sprechen mit dem falschen Mann“, was Sibrel nicht nur aufzeichnete, sondern auch als entlarvende Reaktion einordnete.

Der Streifen, den der Filmemacher unter dem Titel „Es passierte was Lustiges auf der Fahrt zum Mond“ dem amerikanischen Publikum vorführte, löste öffentliche Debatten aus. Und bei der Nasa schrillten erste Alarmglocken. Darüber hinaus hatte Sibrel auch die einschlägig bekannten fotografischen Belege für den angeblich größten Bluff der Nachkriegsgeschichte angeführt. Als da wären: falsche Schatten, rätselhafter Sternenschwund, im Wind flatternde Fahnen, wo es gar keinen Wind gab (siehe Kasten). Tausende Web-Seiten sind damit gefüllt, und gerade in letzter Zeit beginnen Chat-Klubs heftig darüber zu debattieren.

Angefeuert wurde die Debatte zuletzt auch aus Frankreich, seit langem eine konkurrierende Raumfahrtnation. Erst kürzlich lief ein eineinhalbstündiger, nur unzureichend als Satire gekennzeichneter Dokumentarstreifen auf Arte, der sich eine subtile, weil die Mondverschwörung lindernde Lesart zurechtgelegt hatte: Apollo 11 wäre tatsächlich erfolgreich auf dem Mond gelandet – aber die Nasa habe vorgebaut. Für den Fall des Scheiterns wären vorsorglich aufwendigste Studioaufnahmen von einer erfolgreichen Landung gedreht worden, die dem Weltpublikum hätten vorgeführt werden können. Kein geringerer als Stanley Kubrick („Odyssey im Weltraum“) habe damals Regie geführt, und viele Beteiligte hätten später zur Tarnung leider erschossen werden müssen. Alte, mit allen Wassern gewaschene „Insider“ wie Kissinger, Haig und Eagleburger bestätigten diese Verschwörung in völlig aus dem Zusammenhang gerissenen, aber perfekt eingepassten O-Tönen. Der „Krieg der Welten“ von Orson und H.G. Wells ließ grüßen, und ein mutmaßlich bedeutender Teil der Arte-Zuschauer dürfte heute noch nicht wissen, dass der dargestellte Mond-Fake selbst ein Doku-Fake war – eben weil die Mondlandung selbst nicht in Abrede gestellt wurde.

Einen ähnlich kompromissbereiten Ansatz verfolgt jetzt auch der französische Autor Philippe Lheureux. In seinem Buch „Lumières sur la Lune“ („Lichter auf dem Mond“) hegt er eine nicht völlig abwegige These: Die Nasa habe teilweise gefälschte Fotos über die Mondlandung in Umlauf gebracht, um bestimmte Informationen geheim zu halten und so den Vorsprung ihrer Wissenschaftler nicht unnötig preiszugeben. Eine zwar harmlose Variante des Verschwörungsvorwurfs, die dennoch wieder alle fundamentalen Zweifel der Hardliner nährt. Immerhin soll die Nasa Lheureux gegenüber eingestanden haben, dass etwa 20 der Apollo-Fotos tatsächlich fragwürdig seien.

Oberg, der nun alles richten soll, und auch die Nasa selbst machen sich keine Hoffnung, die große Gemeinde hartnäckiger Anhänger der Verschwörungstheorie bekehren zu können. Das Buch soll daher, so heißt es, eher auf Bevölkerungskreise zielen, die nur als verführungsanfällig gelten. Es richtet sich besonders an Lehrer, die damit den Patriotennachwuchs gegen alle Zweifel wappnen sollen.

Die Chefideologen der Verschwörungstheorie sind der Nasa bekannt. Bill Kaysing etwa, ehemaliger Angestellter einer Raketenfabrik, der behauptet, dass eine Mondfahrt einfach unmöglich sei, und mit einschlägigen Verdächtigungen schon einmal viel Geld machte: Er gilt als Ghostwriter des Drehbuchs von „Unternehmen Capricorn“, einem Thriller über eine gefakte Mars-Mission der Nasa. Oder Ralph Rene, Autor des Buches „It Was Only a Paper Moon“ und David Percy und Mary Bennet, die „Dark Moon – Apollo and The Whistle Blowers“ verfassten.

Sie alle tingeln mit der abenteuerlichen These landauf, landab durch die Medien. Doch auch ihre Lehre wäre noch zu toppen: Das Hamburger Magazin „Mare“, so hat seine Redaktion angekündigt, wird in der nächsten Ausgabe der Frage nachgehen, was eigentlich wäre, wenn es gar keinen Mond gäbe und alles nur eine Projektion am Himmelszelt wäre. Ganz wissenschaftlich.




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