Re: Frage zur Reichskristallnacht

Geschrieben von Kalitsch am 09. November 2002 20:48:59:

Als Antwort auf: Frage zur Reichskristallnacht geschrieben von Harri_2 am 09. November 2002 20:25:01:

Hallo!

>um es gleich vorwegzunehmen, ich war ja nicht dabei damals am 9. November, aber mein Opa hat mir immer die folgende Geschichte erzählt:
>die Reichskristallnacht heißt deswegen so, weil in dieser NACHT im ganzen REICH KRISTALLE an die Juden verschenkt wurden, und die Juden bis heute nur deshalb so böse sind, weil diese Kristalle nicht Diamanten waren...
>stimmt diese Geschichte so oder was steckt wirklich dahinter ?

Das habe ich noch nie gehört...


[...]Sind die Begriffe "Kristallnacht" und "Reichskristallnacht" zeitgenössischen Ursprungs? Sind sie Teil der Lingua Tertii Imperii oder ein Niederschlag der verdeckten Kritik der Bevölkerung an den Pogromen? Gerade die populäre Annahme, sie entstammten dem "Jargon der Mörder" (so Willy Brandt in einer Gedenkrede zum 44. Jahrestag), sorgt für regelmäßige Kritik an ihrer unreflektierten Verwendung. Schon die Wörter gelten vielen als zu gefährlich und deren Gebrauch als Zeichen der Verdrängung des eigentlichen Geschehens. Die Gegenposition vertritt freilich mit ebensolchem Nachdruck die Überzeugung, "Reichskristallnacht" sei keinesfalls ein "Naziwort, sondern ein Begriff der Opposition" (Günther Gillessen) gewesen.

Während die Auffassung, der Berliner Volksmund habe schon im November 1938 infolge der mit Scherben der zerstörten Schaufenster übersäten Straßen den Ausdruck "Reichskristallnacht" geprägt, nie belegt werden konnte, ist die Gegenthese inzwischen besser fundiert. Denn im Deutschen Rundfunkarchiv lagert ein Tondokument, worin ein NS-Funktionär am 24. Juni 1939 in einer Rede auf dem Gautag des Gaus Hannover-Ost der NSDAP in Lüneburg den verstümmelten, aber aussagekräftigen Satz formuliert: "Nach der Reichskristallnacht voriges Jahr, am 11. November [sic], sehen Sie, also die Sache geht als Reichskristallnacht in die Geschichte ein (Beifall, Gelächter), Sie sehn, das ist humoristisch erhoben, nicht wahr, schön." Nur wenige Tage später erwähnte ein Zeitgenosse unter dem Datum des 4. Juli 1939 in seinem Tagebuch die "schwarzen Novembertage 1938, die Reichsscherbenwoche". [...]


cya
Kalitsch



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