Nachrichten zum Moskauer Gas
Geschrieben von IT Oma am 30. Oktober 2002 16:29:59:
Experten streiten über Art des in Moskau eingesetzten Gases
Hamburg/München (dpa) - Über die Art des beim Moskauer Geiseldrama
eingesetzten Gases herrscht unter Experten weiter Uneinigkeit. Nach
Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und
Intensivmedizin sowie dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten kann
es keines der üblichen Narkose-Gase gewesen sein. «Was von den
Geiseln bisher übereinstimmend über die Wirkung des Gases gesagt
worden war, passt nicht zu einem Narkosegas», teilten die beiden
Organisationen von Narkoseforschern und -ärzten am Mittwoch mit.
Vielmehr müsse es sich um eine speziell für großräumige Einsätze
entwickelte Substanz handeln. Sie widersprachen damit dem Münchner
Toxikologen Prof. Thomas Zilker, der von der Verwendung des gängigen
Narkosegases Halothan, vermischt mit einem Treibstoff, ausging.
Der Anästhesiologe Prof. Jörg Tarnow von der Universität
Düsseldorf sagte, es gebe kein Narkosegas, dass ohne gleichzeitigen
Sauerstoffmangel so schnell wirkt, wie von den Geiseln beschrieben.
Zudem seien bekannte Narkosegase bei Raumtemperatur flüssig und
müssten für eine Narkose gezielt verdampft werden. «Es ist
schlichtweg unmöglich, in einem Raum mit einigen tausend Kubikmetern
Inhalt schnell eine ausreichende Konzentration eines solchen
dampfförmigen Narkosemittels zu erzeugen.»
Auch Professor Hugo van Aken vom Universitätsklinikum Münster
hielt einen Halothan-Einsatz in Moskau für unwahrscheinlich. Nach
seiner Ansicht kann es sich bei dem Gas um ein vernebeltes Opioid
gehandelt haben. So könne Carfentanyl eingesetzt worden sein, dass
wesentlich stärker wirke als Morphin. Dafür spräche auch die
vorbeugende Gabe von Naloxan an Spezialeinheiten, die in das Theater
eindrangen. Die Todesfälle seien unter anderem damit zu erklären,
dass Menschen in der Nähe von Lufteinlässen höhere Dosierungen des
Gases abbekommen hätten. US-Experten hatten bereits die Vermutung
geäußert, dass das Gas eine Aerosol-Version des starken Opiats
Fentanyl enthielt.
Der Münchner Toxikologe Zilker räumte ein, dass Halothan allein
nicht rasch genug hätte verbreitet werden können, um in dem großen
Moskauer Theaterraum eine Zahl von rund 800 Personen schlagartig zu
betäuben. Er vermutete, dass zur schnelleren Verbreitung des
Narkosemittels ein Treibgas beigemischt wurde.
Nach Angaben seines Münchner Kollegen Prof. Ludwig von Meyer waren
Spuren des Narkosestoffes bei den beiden in München behandelten
Geiseln aus Deutschland nachgewiesen worden. Halothan kann in extrem
hohen Dosen zur Atemlähmung führen. Nebenwirkungen sind Übelkeit,
Erbrechen, Blutdruckabfall und Herzrhythmusstörungen, die bei
Überdosierung bis zum Herzstillstand führen können.
Allerdings ist Halothan nach Angaben van Akens als günstiges
Narkosemittel in Russland weit verbreitet. So könnten Spuren davon
noch in den zur Behandlung der Patienten eingesetzten Atemgeräten
gewesen sein und damit in deren Blutbahn gelangt sein. Halothan oder
seine Abbauprodukte fänden sich auch im Blut aller Schwestern und
Ärzte, die in russischen Operationssälen arbeiten. Der Einsatz beim
Geiseldrama sei auch deswegen unwahrscheinlich, da 3000 bis 5000
Liter innerhalb von Sekunden verdampfen müssten, um eine
entsprechende Wirkung zu erzielen. In Deutschland wird Halothan (2-
Brom-2-Chlor-Triflurethan) nach Auskunft van Akens kaum noch
verwendet, da es bessere Narkotika gebe.
dpa jk/hu yyzz sp301548 Okt 02
- Re: TV-Tip 21:45 ARD, Tod im Theater (Moskau) (o.T.) franz_liszt 30.10.2002 20:05 (0)
- Moskauer Gas ein Fentanyl-Derivat IT Oma 30.10.2002 16:42 (0)