Re: Wie oft werden die Toten noch nach oben korrigiert?
Geschrieben von Swissman am 27. Oktober 2002 02:16:04:
Als Antwort auf: Re: Wie oft werden die Toten noch nach oben korrigiert? geschrieben von Johannes am 26. Oktober 2002 23:12:12:
>Was ich nicht verstehe: Gibt es denn kein Gas, das geruchlos und etwas weniger gefährlich ist? Wie es scheint, kam ein guter Teil der Geiseln (wenn nicht sogar die meisten) durch die Folgen des Gaseinsatzes um, nicht durch Schußverletzungen.
Da bin ich überfragt - Denkbar wäre es durchaus, dass es unter den in der Chirurgie verwendeten Narkosgasen auch solche gibt, die geruchlos sind. Eine andere Frage ist natürlich, ob und inwiefern es überhaupt praktikabel wäre, damit ein ganzes Gebäude einzunebeln. Die Frage müsste man eigentlich an einen Anästhesisten weiterreichen. Entsprechende eigene Erfahrungen habe ich nämlich keine - bei den beiden Eingriffen, denen ich mich unterziehen musste, genügte eine lokale Betäubung, sodass ich den grossen Moment mit eigenen Augen miterleben konnte.
Hingegen kann ich in einem anderen Punkt mit einem eigenen Erlebnis dienen: Entweder im ARD oder im ZDF wurde gemeldet, dass es sich um eine Abart von CS-Gas gehandelt haben soll. CS-Gas wird vor allem in den USA und Israel gegen Demonstranten eingesetzt. Das Gas ist in der Wirkung erheblich stärker, als das hierzulande eingesetzte Tränengas (u. a. greift es zusätzlich die Atmungsorgane an). Ein bekannte Nachteil besteht darin, dass alte und kranke Menschen, insbesondere solche mit Lungen oder Herz-Kreislaufproblemen, darin sterben können. Insbesondere dann, wenn es in geschlossenen Räumen eingesetzt wird.
Vor ca. fünf Jahren hatte ich selbst das Missvergnügen, CS-Gas einzuatmen. Ich war damals in England auf Sprachaufenthalt. Am Abend ging ich mit einigen Freunden in eine Disko - irgendein Idiot (bedauerlicherweise konnte die Polizei den Schuldigen nicht finden) fand sein perverses Vergnügen darin, eine CS-Petarde in das Lokal zu werfen, wobei ich davon nichts mitbekommen habe.
Die Wirkung setzte schlagartig ein: Mir schossen die Tränen in die Augen, gleichzeitig nahm ich einen ekelerregenden Geschmack im Mund wahr. Sekundenbruchteile später setzten hämmernde Kopfschmerzen, Hustenreiz und eine Enge in der Brust ein. Gleichzeitig bekam ich kaum noch Luft und hatte das Gefühl, zu ersticken. Wegen der Tränen war ich in der Sicht stark eingeschränkt und bemerkte erst gar nicht, dass es den Leuten ringsum genauso erging, wie mir. Als nach einigen ewig langen Sekunden die Musik ausging, der DJ dazu aufrief, schnell rauszugehen, und ich die anderen husten hörte, war ich vor allem erleichtert, dass das Problem nicht nur mich betraf.
Glücklicherweise kam niemand ernsthaft zu schaden: Die Diskothek war ein langer "Schlauch", deren eine Längsseite automatisch durchgehend geöffnet werden konnte, zudem hatten die Wachleute die Situation die ganze Zeit im Griff. Nicht zuletzt sind die Briten durch lebenslanges Schlangestehen diszipliniert genug, um nicht so schnell in Panik zu geraten. ;-)
An der frischen Nachtluft liessen die gröbsten Symptome dann relativ rasch soweit nach, dass ich es nach einigen Minuten wagen konnte, nochmals reinzugehen, um Wasser für ein Mädchen, welches augenscheinlich eine grössere Dosis als ich abbekommen hatte, zu organisieren (glücklicherweise hatte sich das Gas unterdessen soweit verflüchtigt, dass ich dabei keine nachteilige Wirkung mehr bemerkte).
Erstaunlicherweise spürte ich die ganze Zeit weder Angst noch Panik - erst nachdem ich die Wasserflasche abgeliefert hatte, bekam ich weiche Knie und bemerkte den kalten Schweiss auf meiner Stirne.
Den Rest des Abends hatte ich relativ leichte Kopfschmerzen, und der Geschmack im Mund blieb mir ebenfalls erhalten (die Idee, ihn mittels eines Glases Wodka zu übertönen, erwies sich als schlechter Einfall - er wurde dadurch nur noch vorübergehend verschlimmert). Am nächsten Tag hatte ich dann ziemlich starke Kopfschmerzen, und der Geschmack blieb mir sogar für mehrere Tage erhalten.
Ausgehend von meiner eigenen Erfahrung wage ich die Veermutung, dass es den befreiten Geiseln einige Stunden bis Tage miserabel ging, bzw. geht. - Die Erfahrung ist alles andere als angenehm.