Re: Honi soit, qui mal y pense!

Geschrieben von Swissman am 26. Oktober 2002 02:47:55:

Als Antwort auf: Honi soit, qui mal y pense! geschrieben von RaginHari am 25. Oktober 2002 00:24:00:

>da beginnt also grade ein paralleler Aufmarsch der Truppen der Russen und der Amis im und am Rande des aktuellen Öl-Krisen- und Kriegsgebietes;
>meine Frage: wäre dann, im Falle eines direkten militärischen Zusammenstoßes zwischen US- und russ. Einheiten auf nahöstlichem Boden, der NATO-Beistandsfall automatisch gegeben?

Theoretisch nicht unbedingt - je nachdem, wie die Beistandsklausel im Wortlaut genau formuliert ist: Wenn das Territorium eines NATO-Staates verletzt werden muss, nicht, wenn der Bündnisfall als Angriff auf die Streitkräfte, oder ganz allgemein den "Staat" definiert wurde, wäre die Beistandsverpflichtung zweifellos gegeben, wobei die heutigen Juristen erfahrungsgemäss überaus kreativ sind, wennn es darum geht, einen Gesetzestext zu "interpretieren"...

Faktisch ist es daher beinahe bedeutungslos, was im Original steht: Ein "begabter" Jurist kann sicherlich "beweisen", dass eigentlich etwas anderes gemeint war (so findet sich etwa in der US-Verfassung nirgends ein Satz, welcher sich mit der Frage der Abtreibung befasst - was einige perverse Bundesrichter keineswegs daran hinderte, die Verfassung dahingehend zu interpretieren, dass darin "ein ungeschriebenes Recht auf Abtreibung" enthalten sei...)

Eine entscheidende Vorbedingung ist in jedem Falle, dass ein NATO-Staat von einem Nicht-NATO-Mitglied angegriffen wird.

>Und hiesse das dann sofort: germans to the front?

Kommt ganz auf die konkreten Umstände an (die Spürpanzer in Kuwait wahrscheinlich schon). Wenn effektiv Russen und Amerikaner militärisch aufeinanderprallen würden, was ich zum jetzigen Zeitpunkt so gut wie ausschliesse, hätte dies ohnehin den WK3 zur Folge - da beide Staaten über Atomwaffen verfügen, gebietet es die Vernunft, diese bereits zur Eröffnung einzusetzen, um das feindliche Nukleararsenal präventiv einzuäschern. Dass dann niemand mehr an das Märchen vom lieben, armen, schwachen, etc. Iwan glaubt, versteht sich von selbst - ergo müssten auch die weiteren Kriegsplanungen realisiert werden, da die als Opfer ausersehenen Staaten sich schliesslich ebenfalls ausrechnen können, was die Stunde geschlagen hat, und (hoffentlich) wieder aufrüsten würden.

Ein direktes Eingreifen der Russen ist zu diesem Zeitpunkt aber auch noch gar nicht unbedingt notwendig, da bereits die potentielle Möglichkeit einer Intervention die Risiken erhöht und die Planungen der USA erschwert.

Ähnliches wurde bereits in früheren Kriegen erfolgreich praktiziert:

Im Rahmen der Operation "Overlord", der alliierten Landung in der Normandie, "kommandierte" General George S. Patton in Südost-England eine Geisterarmee - diese bestand im wesentlichen aus einem Stab und einigen hundert Kulissenbauern. Pattons gelang es, bei der deutschen Abwehr den Eindruck zu erwecken und zu verstärken, die Invasion würde an der schmalsten Stelle des Kanals, im Pas de Calais, stattfinden.

Die Täuschung war ein voller Erfolg und trug nicht unwesentlich zum Erfolg des Unternehmens bei: Der Atlantikwall wurde schwergewichtig an dieser Stelle forciert, diverse kampfstarke Divisionen wurden hier gebunden und fehlten später in der Normandie. Tatsächlich glaubte Hitler noch mehrere Tage nach der Landung, es handle sich dabei lediglich um einen Scheinangriff, weswegen er sich weigerte, die Panzerdivisionen vom Pas de Calais wegzubeordern, wo seiner eigenen fixen Idee zufolge die eigentliche Landung stattfinden sollte.


Antworten: