Besser spät als nie...

Geschrieben von Badland Warrior am 23. Oktober 2002 21:45:33:

Hallo, Leute!

Bin eben auf eine Meldung vom August gestoßen, von der ich nicht mehr weiß, ob sie hier stand, aber egal. Sie ist brisant, so, wie wir es gern haben:

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RECON
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17.07.2001
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Verfasst am: 21 Aug 2002 12:21 Titel: Bundeswehr ordert massenhaft
Anti-Pocken-Impfstoff


Um gegen Angriffe mit Pockenviren gewappnet zu sein, bestellt die
Bundeswehr eine Million Dosen Pockenimpfstoff, wie SPIEGEL ONLINE
vorliegende Papiere belegen. Der Liefertermin für die erste Tranche habe
nichts mit einem möglichen Feldzug der USA gegen den Irak zu tun, erklärt
das Verteidigungsministerium.

Berlin - Das Ausschreibungsverfahren mit der Nummer
"Q/B41G/2G490/2C128" ist in einem dringlichen Tonfall gehalten. "Die oben
genannte Liefertermine", schreibt das Bundesamt für Wehrtechnik und
Beschaffung in Koblenz, "müssen unbedingt eingehalten werden." 500.000
Dosen Pockenimpfstoff seien mit "Liefertermin November 2002", weitere
500.000 Dosen mit "Liefertermin Februar 2003" zu beschaffen.

Damit der Ankauf zügig abgewickelt wird, hat die Behörde in der
Ausschreibung zum "beschleunigten, nicht offenen Verfahren" gegriffen. Die
beschränkte, europaweite Auswahl auf ganze fünf Anbieter von
Pockenimpfstoffen begründet das Bundesamt mit einem knappen Satz: "Der
Liefertermin für die ersten 500.000 Dosen Impfstoff (November 2002) muss
sichergestellt werden."


Merkwürdiger Zeitpunkt für die Impfbestellung

Ist das plötzliche Tempo im Bundesamt für Wehrtechnik ein Zufall?
Merkwürdig ist der Zeitpunkt der Beschaffungsmaßnahme allemal: Nach
Ansicht von Experten könnte der Feldzug der USA gegen den Diktator Saddam
genau in den Zeitraum zwischen November und Februar fallen.

Das Bundesverteidigungsministerium weist derartige Verknüpfungen zurück.
Man beteilige sich "grundsätzlich nicht an Spekulationen um Angriffspläne auf
den Irak", heißt es in einer schriftlichen Antwort an SPIEGEL ONLINE. Die
Beschaffung des Pockenimpfstoffes sei "seit längerem in Abstimmung mit dem
Bundesministerium des Inneren und dem Bundesministerium für Gesundheit
geplant". Bei der Aufteilung in zwei Tranchen habe die "Verfügbarkeit von
Haushaltsmitteln" aus dem Etat des Bundesministeriums für Verteidigung "im
Vordergrund" gestanden.

Bereits seit dem Frühjahr 2000 wollen die drei Behörden Schutzmaßnahmen
gegen den Erreger der Pockenerkrankung erwogen haben. Nach den
Terrorangriffen am 11. September seien die Anstrengungen der
Bundesregierung "intensiviert" worden, so das Wehrministerium.

In der Tat war nach den ersten Meldungen über eine mögliche Biobedrohung
das Bundesgesundheitsministerium aktiv geworden. Im November kaufte die
Behörde zum Preis von rund 60 Millionen Euro (120 Millionen Mark) sechs
Millionen Impfdosen in der Schweiz auf - um wenigstens einen kleinen Teil der
Zivilbevölkerung im Notfall gegen Pockenviren schützen zu können. Auch die
Bundeswehr sollte für alle Fälle einen Grundstock bereitstellen.

Die jetzt vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung georderten
Pockendosen reichen aus, um alle Angehörigen der Truppe gegen die Pocken
zu schützen - neben den rund 338.000 Soldaten auch die rund 140.000
Zivilbeschäftigten. Doch eine Massenprävention ist vorerst nicht geplant. Es
sei "derzeit" nicht beabsichtigt, Angehörige der Bundeswehr gegen den
Erreger der Pocken zu impfen, lautet die Antwort der Hardthöhe.

Zivilbevölkerung weitestgehend ungeschützt

Mit der Anschaffung von einer Million Impfdosen ist die Bundeswehr im Notfall
besser geschützt als die Zivilbevölkerung. Seit Monaten streiten sich Bund
und Länder um den Kauf weiterer Mittel. Um flächendeckende Impfungen an
den rund 80 Millionen Einwohnern der Bundesrepublik durchzuführen, müsste
Serum im Wert von rund 420 Millionen Euro gekauft werden. Doch Länder und
Bund schieben sich die Zuständigkeiten gegenseitig zu: Der Bund hält die
Pockenimpfung für eine Aufgabe des Katastrophenschutzes, womit die
Anschaffung des Serums in die Zuständigkeit der Länder fiele. Die Länder
ihrerseits verweisen auf den Zivilschutz - und der ist Sache des Bundes.

Dabei wäre Eile wohl angebracht. Sicherheitsexperten wie Hans-Ludwig
Zachert warnen seit langem vor den Gefahren eines Pockenangriffes. Es sei
bemerkenswert, mit welcher "befremdlichen Gelassenheit" die meisten
Deutschen und vor allem die für die Innere Sicherheit zuständigen Behörden
mit der Bedrohung durch Bioterrorismus umgingen, stellt der frühere
Präsident des Bundeskriminalamtes konsterniert fest.


Bush bewilligt Milliarden für Anti-Pockenkampf


In den USA, Hauptziel möglicher neuer Terrorangriffe, wird die Gefahr seit dem
11. September nicht mehr unterschätzt. US-Präsident George W. Bush
bewilligte ein knapp über fünf Milliarden Dollar schweres Programm. Damit
werden Hochsicherheitslabore gebaut und neue Forschungsaufträge
vergeben. In einer ersten Stufe sollen Ärzte und Krankenhauspersonal gegen
die Pockenviren geschützt werden. Die Angst vor der Ansteckungsgefahr ist
zurückgekehrt - und das, obwohl die Epidemie, die wohl an die 500 Millionen
Menschen im 20. Jahrhundert dahinraffte, seit fast 30 Jahren als ausgerottet
gilt. Der letzte natürliche Fall wurde 1977 in Somalia gemeldet. Doch im Kalten
Krieg wurde auf beiden Seite weiterhin mit Pockenviren geforscht. Offiziell
existieren noch immer zwei tiefgekühlte Bestände an Pockenviren: Beim
"Center für Disease Control and Prevention" (CDC) im US-amerikanischen
Atlanta und am Vektor-Institut in Nowosibirsk in Russland. Die US-Regierung
glaubt, dass sich Staaten wie der Irak oder Nordkorea aus dem früheren
Beständen der Sowjetunion mit Pockenviren bedient haben könnten - und
notfalls zu einem Einsatz entschlossen wären.

Eigentlich sollten die US-Virenbestände nach einem Beschluss der
Weltgesundheitsorganisation WHO bis Ende dieses Jahres vernichtet werden.
Doch nach den Terrorangriffen auf New York und Washington vollzog Bush
eine Kehrtwende. Stattdessen gehen US-Forscher jetzt an die Entwicklung
neuerer und besserer Impfstoffe.

Tausende Tote bei Angriff auf Metropolen

Wie leicht eine Supermacht durch Pockenviren zu erschüttern wäre, haben die
CDC-Wissenschaftler in Modellrechnungen zusammengefasst: Bereits ein
Anschlag auf eine mittelgroße Stadt hätte verheerende Folgen. Im Verlaufe
eines Jahres würden bei der Infizierung von 1000 Menschen bis zu 110.000
Menschen sterben. Würde eine Pockeninfektion in einem einzigen
auftretenden Fall hingegen sofort festgestellt und unverzüglich mit
Massenimpfungen begonnen, würden nur 560 Menschen sterben. Auch
könnte die Ausbreitung nach Ansicht der US-Forscher in 115 Tagen gestoppt
sein.

Wie in den USA, so sind auch in der Bundesrepublik die meisten Menschen
gegen das Virus nicht immun. In den USA wurde 1972 die Impfung eingestellt,
in Deutschland 1984. Unklar ist auch, wie weit ältere Impfungen - etwa aus
den Sechzigern - heute noch Schutz böten. Die Reihenimpfungen waren unter
anderem auch wegen der Nebenwirkungen eingestellt worden, die vor allem
bei Kranken, Alten und Kindern auftauchen. Trotz möglicher Nebenwirkungen -
das in Berlin angesiedelte Robert-Koch-Institut plädiert seit langem für die
Anschaffung eines Serum-Grundstockes für alle 80 Millionen Einwohner
Deutschlands. Die Forscher wollen für den GAU gewappnet sein - um bei einer
"Veränderung der Bedrohungslage" oder "beim Auftreten eines Falles" zügig
an die Impfung der Bevölkerung zu gehen.

Für ihre Angehörigen wird die Bundeswehr spätestens im November dazu in
der Lage sein. Zwar wird im Verteidigungsministerium die Wahrscheinlichkeit
eines Angriffs mit Pockenviren zurzeit für unwahrscheinlich gehalten. Träte er
jedoch ein, wäre der Ausbruch einer Pockenepidemie, so das
Verteidigungsministerium in seiner schriftlichen Antwort, "eine existentielle
Herausforderung für die Bundeswehr."


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