Re: Templar's Sicht der Welt und des Forums

Geschrieben von Mabo am 12. Juni 2001 20:31:15:

Als Antwort auf: Templar's Sicht der Welt und des Forums geschrieben von Templar am 12. Juni 2001 12:23:23:

Lieber Templar, liebe Gemeinschaft!

Auch ich möchte diesen Deinen Beitrag dazu nutzen mal wieder etwas von mir hören zu lassen. Wer die E-Mail-Verknüpfungen hinter den Kulissen dieses Forums kennt, weiß wie nahe meine Sichtweise Deinen Ausführungen steht, Templar. Als ich damals hinzukam, war meine Einstellung eine noch deutlich andere als heute. Aber das sollte man annehmen dürfen, wenn man erwartet, daß die zahlreichen Diskussionen und das dadurch angestoßene Lesen verschiedener Bücher gewisse Spuren hinterlassen würden. Und genau darum ging und geht es uns doch. Warum finden wir uns hier zusammen, wenn es nicht darum ginge, ein größeres Verständnis für die Zusammenhänge zu erwerben?

Zugegeben, ich hätte damals wahrlich nicht damit gerechnet, ausgerechnet über das Forum einer so angsteinflößenden Homepage die das Horror-Szenario eines bevorstehenden Dritten Weltkriegs beschreibt, meinen ganz persönlichen Weg zu Gott zu beschreiten. Durch das gnadenlose Schreckensbild, welches wir mit unseren Beiträgen in uns kreierten und aufrechterhielten, brachten wir in uns Gedanken in Gang, die wir unbeschwerter Dinge nicht gehabt hätten. Kaum dachten wir über diese Themen nach, erregte es uns auch schon, wie unwissend, naiv, destruktiv und unsinnig doch der Rest der Menschheit den Tag verlebt. Dann wurde uns bewußt, daß wir trotz unserer bloßen Erkenntnis einer großen Gefahr (die sich von Tag zu Tag, von Beitrag zu Beitrag auch noch zu potenzieren schien anstatt etwa abgemildert zu werden), in der Praxis keinerlei sinnvolle Schritte unternahmen um dem entgegenzuwirken. Es folgte eine traurige, frustrierende Phase, eine Art Kapitulation vor dem scheinbar Abgekarteten. Positive Überlegungen, wurden schon im Keime mangels Aussicht auf Erfolg erstickt. Nicht nur durch andere Forumsteilnehmer, die etwaige Vorschläge etwa niedermachten, sondern schon durch einen selbst, war doch mittlerweile die Einsicht gediehen, man könne die großen Geschehen als einzelner ohnehin nicht beeinflussen.

Das war der Zeitpunkt an dem ich mich aus meiner aktiven Rolle im Forum verabschiedete. Ich spürte, daß es an der Zeit war, die erkannte Problematik zunächst einmal sacken zu lassen, mich eingehender damit auseinanderzusetzen und mich vor allem etwas aus dem mich immer tiefer ziehenden Strudel der Resignation zu befreien, da dieser mich immer mehr lähmte statt fit für die Zukunft zu machen. Mir wurden egoistische Mechanismen in meinem Denken bewußt, die mich dazu anhielten Dinge zu tun, die vornehmlich darauf abzielten, nur meinem eigenen Überleben eventuell etwas förderlich zu sein. Auf der anderen Seite wurde mir aber auch bewußt, daß eben dieses Verhalten einen nicht unerheblichen Einfluß darauf hat, daß die Situation, vor der ich mich zu schützen suchte, überhaupt erst existiert. Daß ich mit meiner Angst vor dem tragischen Ende und all meinen Maßnahmen dem gestärkt begegnen zu können, ein Mitauslöser dessen war. Ich wurde mir plötzlich bewußt, daß ich mich schuldig mache!

Wie sollte man jemandem vor einem Krieg warnen und ihm raten sich mit Vorräten einzudecken oder gar Waffen empfehlen, wenn man im Herzen erst gar keinen Krieg entstehen lassen wollte? Wie sollte man es sich selber nur raten? Wie gut kann Frieden gedeihen, wenn man nur mit dem Gedanken an Krieg lebt? Wieviel gutes könnte getan werden, würde man sein Geld und seine Zeit nicht darin verschwenden etwas zu fördern was man eigentlich verhindern will? Und überhaupt. Wie würde ich mit dem was da kommt umgehen, selbst dann, wenn ich vergleichsweise besser vorbereitet wäre? Würde ich meine gehorteten Vorräte dann nicht mit anderen Menschen teilen? Würde ich Waffen dazu einsetzen diese Vorräte vor anderen Menschen zu verteidigen? Würde ich töten? Hätte ich dann etwas in diesem Leben begriffen, würde meine ganze Vorbereitung am Ende dann darauf hinauslaufen, daß ich mich in aller Konsequenz dann noch tiefer versündigen müßte? Zuerst die Sünde es durch mein Verhalten erwirkt zu haben und schließlich die Sünde es bis zum bitteren Ende durchgezogen zu haben? Und wofür eigentlich?

Nein, meine Antworten konnte ich in diesem Forum wirklich nicht mehr finden. Auch wenn die aktuellen, dem Weltgeschehen entnommenen Themen durchaus wechselten, das eigentliche Problem welches sich in meinem Kopf und zunehmend im Magen drehte, wurde dadurch kein anderes und es wurde auch nicht klarer oder lösbarer. Je mehr ich versuchte meine Überlebenschancen zu verbessern, im Sinne von materieller Vorsorge jeglicher Art, umso auswegloser wurde die Situation. Umso schuldiger fühlte ich mich dabei.

An dieser Stelle möchte ich einmal erwähnen, daß einige von uns ernsthaft den Gedanken hegten ein Buch zu schreiben, einen spannenden Roman, um die Thematik, die Möglichkeit eines Krieges, sogar in Verbindung mit einem kosmischen Finale alla ZetaTalk, dem Mitmenschen zugänglich zu machen. Doch als wir feststellten, nachdem das Storyboard und erste Teilkapitel bereits standen, daß die Message des Buches unserer Intention vollkommen entgegen stehen würde, stampften wir schließlich alles ein. Im Ergebnis hätten wir den Menschen aufgezeigt, daß die Welt unweigerlich zugrunde gehen wird, daß Krieg und Zerstörung eine logische Konsequenz der Weltgeschichte seien und daß es nur noch darum gehen könne, sich umfassend abzusichern, sich einen Geländewagen zu kaufen, ein Fluchtobjekt in der Pampas einzurichten etc. Die Message wäre ein Aufruf gewesen die Welt abzuhaken, sich von ihr abzuwenden, damit aufzuhören irgendwas verbessern zu wollen, eine Kriegserklärung an den Guten Willen, eine vollkommene Aufgabe der Hoffnung. Wer braucht noch einen Gelben Sack um die Umwelt zu schonen, wenn es doch bald sowieso Krieg gibt und alles in einem gigantischen Inferno untergeht? Wozu noch Tierschutz betreiben oder Amnesty International unterstützen, wenn doch demnächst fast alle Lebewesen umkommen werden? Wir erkannten, daß wir eher einen Beitrag für schreckliche Zeiten liefern würden als einen um dieses alles abzuwenden!

Die Aufgabe dieses Projektes tat weh. Endlich glaubte man etwas zu haben, womit man die Menschen hätte in die Problematik einbeziehen können, da erkannte man, daß es im Ergebnis - mal von der tatsächlichen Reichweite eines Romans geringer Auflage an und für sich abgesehen - eher Angst geschürt als Hilfe gespendet hätte. Und gleichzeitig war diese Erkenntnis aber auch ein Spiegel dessen, was wir hier im Forum eigentlich machten. Denn galt diese Feststellung für unsere potentiellen Leser, so mußte es auch auf uns diese Wirkung haben. Und tatsächlich. Ich kann in meinem Leben in den vergangenen Jahren viele Beispiele finden, wo ich Entscheidungen getroffen habe, die der Zukunft, die einer positiveren Zukunft eine klare Absage erteilten. Denn gab es überhaupt noch eine Zukunft? Sollte man Geld in längst überfällige Renovierungen oder den Garten investieren, wo doch absehbar war, daß man dies alles bald verlieren würde? Sollte man in diese kaputte Welt überhaupt noch Kinder setzen? Lohnt sich ein gewisses Aufgehen und kontinuierliches Weiterbilden in einem Beruf überhaupt noch, den bald gar kein Mensch mehr gebrauchen kann, da wir uns doch unweigerlich in die Steinzeit zurückbomben würden?

Aus dieser Spirale wollte ich heraus! Es reichte mir. Aus dem schaurigen Reiz der Zukunft mittels Informationsvorsprung vielleicht ein Schnippchen schlagen zu können, wurde dieser unbarmherzige Sog in wirklich lebensfeindliche Denkmuster. Anstelle einer gesundenden Freude am Leben förderte ich die Angst davor. Die Angst dieses Leben zu verlieren, die Angst mit den bevorstehenden Aufgaben nicht fertig werden zu können. Am Ende würde ich Angst davor haben etwas zu verlieren, was ich doch schon jetzt nicht mehr lieben konnte. Es bedurfte eines Befreiungsschlags, der mir wieder Lust zurückgeben mußte, um überhaupt wieder Kraft zu haben, mich dem zu stellen was ich doch immerhin noch habe: mein Leben!

Wir müssen uns alle im klaren darüber sein, daß wir Teil dieser Welt sind. Wir sind unsere Gesellschaft. Wir sind die Menschen die die Welt zerstören. Es ist so einfach mit dem Finger auf die Wunden einer abstrakten Gesellschaft zu zeigen, Fehler auszumachen, die im Resultat die Erde zerstören, solange man sich selber klammheimlich nicht diesem Gebilde zurechnet. Aber selbst der Einwand, man selber sei viel zu gering, als daß man die Welt tatsächlich verändern könne ist nicht aufrichtig, da so natürlich alle argumentieren und man sich am Ende doch fragen muß, warum all diese Menschen dies denn dann nicht gemeinsam geändert haben. Mir wurde immer mehr klar, daß die Summe der kleinen Egoismen täglicher Entscheidungen jedes einzelnen im Ergebnis der Grund für unsere Welt darstellen. Doch trage ich persönlich nicht die Verantwortung für alles Leid der Erde! Ich trage die Verantwortung nur zu einem Bruchteil. Jeder von uns trägt diese Verantwortung zu einem winzigen Teil, genau so winzig wie die Einflußmöglichkeit. Und wenn die Summe allen Übels das Gesamtübel ausmacht, dann ist auch die Summe aller positiven Bemühungen die gesamte positive Energie. Ich trage die Verantwortung für mein Leben! Ich entscheide in jeder Sekunde wie ich bin, was ich tue und welche Zukunft ich herbeiführen will. Das ist eine Tatsache der ich mich stellen kann und nur hier habe ich einen Ansatzpunkt die Welt zu verbessern. Ich kann nämlich versuchen meine eigene Welt zu verbessern. Nur hier kann ich etwas bewirken!

Am Ende dieses Lebens werde ich mich verantworten müssen. Sei es vor mir selber oder vor einer Instanz die wir von mir aus Gott nennen. In diesem Moment werde ich wissen, was ich tatsächlich bewirkt habe. Jede meiner Handlungen wird in irgendeiner Weise Reaktionen gezeitigt haben, gleich welche auch immer. Doch in diesem Moment werde ich vielleicht verstehen, was meine Existenz der Welt gebracht hat. Habe ich unter dem Strich Leid oder Freude gebracht? Die Chance diesen Statusbericht zu verändern habe ich aber nicht im Moment des Ablebens. Diese Chance habe ich jetzt. Jetzt, während meines Lebens! Und selbst wenn ich annehmen würde, daß es keinerlei weiterer Existenz jenseits dieses Lebens gäbe, so läge es doch trotzdem in meinem Interesse lieber Freude als Leid in diese dann umso trostlosere Welt zu bringen. Ich habe als Mensch doch einen eigenen Erfahrungswert darüber, was Freude ist. Ich weiß doch aus eigener Erfahrung wieviel schöner Freude ist. Ich selber möchte doch vermeiden zu leiden und wünsche mir von den anderen doch auch, daß sie mich nicht verletzen. Also selbst ohne einen Glauben sollte es doch mein Bestreben sein, Liebe in diese Welt zu tragen!

Ich habe damit begonnen mir vorzustellen, daß Gott mein Leben gleichzeitig mit mir durch meine Augen - ja, und Gedanken - wahrnimmt. Ich stehe dabei mit ihm gewissermaßen in einem Dialog, wenn man so will in einem permanenten Gebet, was allerdings eher einem freundschaftlichen Gespräch zu einem weisen Meister, der mein Leben begleitet gleicht. Dabei fallen mir ganz beiläufig viele kleine Handlungen auf, die ich bisher gar nicht hinterfragt hatte. Ich erkenne, wie mir das Leben immer wieder Situationen beschert, als seien sie von diesem Meister wohlwollend bereitgestellt, die mir die Gelegenheit geben Entscheidungen zu treffen und dort zu reifen, wo es für mich Erfahrungen bedarf.

Das Schicksal offenbart sich recht dynamisch und ist individuell auf einen zugeschnitten. Weicht man der Erfahrung aus, wird sich eine weitere Gelegenheit ergeben, in der man diese nachholen kann. Es ist kein vorgefertigter Plan, der unabänderlich vor uns liegt. Auch das Schicksal der gesamten Menschheit halte ich für dynamisch und von daher auch für nicht vorhersehbar. Aber treffen wir heute nicht die notwendigen Entscheidungen, weichen wir also den erforderlichen Erfahrungen aus, so werden wir ihnen eines Tages abermals begegnen. Nur werden die Probleme, so wie im persönlichen Leben eines einzelnen Menschen ja auch, verdrängt und auf spätere Zeiten verschoben, wachsen die Konsequenzen bis dahin leider weiter an. Das Problem wird immer schwieriger, immer unlösbarer und die damit verbundenen Korrekturen werden immer schmerzlicher für alle Beteiligten.

Um den Begriff Karma in diesem Kontext einzubringen: Wir schleppen alle unsere kleinen persönlichen Karma-Pakete mit uns herum und versuchen diese immer am liebsten jemand anderem aufzulasten. Und tatsächlich vertreten einige Religionen die Auffassung, daß jedes Leid, welches ich einstmals zugefügt habe, eines Tages auf mich zurückfallen wird. Mag sein, aber ich denke, daß nur Erfahrungen gemacht werden müssen, wo noch aufgrund mangelnder Erkenntnis Erfahrungsbedarf besteht. Daher glaube ich, daß wir, wenn wir uns den Inhalt unseres persönlichen Karma-Päckchens näher ansehen und bewußt werden, uns dem stellen, Reue verspüren, nicht zwingend eine gleichgewichtige Reaktion bevorstehen muß. Die Christen sprechen hier von Gnade.

Ich will damit nicht den Eindruck vermitteln, daß ich mich mit einer solchen Betrachtung um notwendige Konsequenzen drücken möchte. Aber vielleicht ist es bei ausreichender Erkenntnis möglich, abgemilderte Erscheinungsweisen des Schicksals zu erfahren, da das Ziel der Lektion, ohne ein solches keine Lektion einen Sinn ergäbe, bereits vorher erreicht werden konnte. Daraus schöpfe ich im übrigen auch die Hoffnung, daß die Menschheit durchaus noch nicht verloren ist. Denn ich kann einfach nicht der Meinung sein wollen, daß all das traurige Karma der Welt, welches die Menschen vor uns aufgehäuft haben und zu dem wir unseren Anteil gewiß beigetragen haben, unumgänglich in voller Wucht über uns hereinbrechen müsse.

Vielleicht vermag mein Funke nach langer Abwesenheit etwas Licht und Liebe - so abgedroschen dies für den einen oder anderen auch klingen mag - in dieses Forum zu tragen. Ich möchte mich damit Templar anschließen. Wir lösen die Probleme dieser Welt nur dadurch, daß wir uns unserer eigenen Ängste stellen, uns selber an die Nase nehmen, wahrhaftig werden, also die Liebe leben, die wir in dieser Welt so sehr vermissen.

Euer
Mabo


Antworten: