Re: USA und die Ölversorgung (Afrika)

Geschrieben von Swissman am 30. September 2002 23:36:30:

Als Antwort auf: USA und die Ölversorgung (Afrika) geschrieben von King Henry am 29. September 2002 23:18:00:

>Wie es wieder in der Zeitung steht (taz) bemühen sich die USA intensiv um eine Sicherung der Ölversorgung in Afrika. Gleiches verlautet aus Peter Scholl-Latours neues Buch "Afrikanische Totenklage".

Scholl-Latours Buch habe ich gelesen und kann es, wie immer, nur weiterempfehlen.

>Das muß einen Grund haben.

Es gibt Berechnungen, wonach die globale Erdölförderung ca. 2004 ihren Zenith erreichen wird, um dann nach einer kurzen Stagnation, zuerst noch langsam, aber unaufhaltsam, zu sinken. Diesen Berechnungen zufolge ginge es spätestens ab 2010 abwärts... Ich erwarte in den nächsten Tagen die Lieferung von Jeremy Rifkin's "H2-Revolution", worin diese Szenarien detaillierter geschildert werden. Angenommen, Rifkin behält Recht, dann haben die Industriestaaten genau zwei Alternativen: a) Erdöl einsparen und/oder durch neue Energiequellen ersetzen; b) man nimmt das Öl jemand anderem weg.

>(speziell Angola, Gabun und / Nigeria - in der Hand von Shell)

Auf Angola würde ich mich nicht im geringsten verlassen: Das Land wird seit 30 Jahren von den Kommunisten beherrscht - am Tag X dreht Dos Santos den Ölhahn zu. Diesem Zustand wird man auf die Schnelle auch nicht mehr abhelfen können, da das Clinton-Regime die UNITA, eine der wenigen wirklich antikommunistischen Befreiungsbewegungen auf dem Schwarzen Kontinent, schmählich verraten und verkauft hat. Zudem ist es den Roten diesen Sommer gelungen, Jonas Savimbi, den Anführer der UNITA, zu ermorden.

>Mit dem Irak (soweit alles Gut geht) haben sie eine nicht ganz sichere Versorgung, jedoch einen Stützpunkt um dem erwarteten russischen Angriff auf
>den Nahen Osten abzuwehren (zumindest wollen sie es versuchen).

Diese Strategie halte ich für grundfalsch: Ein Angriff auf den Irak wird die gesamte islamische Welt vor den Kopf stossen. Andererseits ist Saddam Hussein ein Opportunist - ihm "interessiert nicht, wer ihm die Waffen liefert, sondern allein, was er damit tun kann" (O-Ton Saddam Hussein an den damaligen sowjetischen Botschafter). Er war stets klug genug, die irakische KP als das zu behandeln, was sie ist, nämlich als Staatsfeind Nr. 1.

Meiner Einschätzung nach müsste es möglich sein, Saddam Hussein, wie übrigens auch den Iran und einige andere Staaten, auf diplomatischem Weg (an Bush's Stelle würde ich mich mit Hussein auf neutralem Gebiet, meinetwegen sogar in Bagdad, treffen, ihm ein dickes Dossier über die wirklichen Absichten Moskaus mitbringen, und nebenbei einen Vater-Sohn-Konflikt durchblicken lassen - das Embargo würde ich als Zeichen des guten Willens ohnehin aufheben) ins antikommunistische Lager zu holen, was Moskau gehörige Bauchschmerzen bereiten und uns zusätzliche Zeit zur dringend notwendigen Wiederaufrüstung einbringen würde.

Auf diese Weise ist die Erdölversorgung ebenfalls gesichert, und zusätzlich bleibt der Irak als Machtfaktor erhalten, bringt seine Potenz aber neu auf der richtigen Seite zum Einsatz

>Andererseits: Es ist im Sinne des KGB, das ein Irakkrieg und die damit folgende Ölpreiserhöhung die Wirtschaftskrise beschleunigt.
>Allerdings sollte es noch nicht jetzt zum Crash kommen, weil -
>das ist meine Prognose - die Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen sind.

Ein Crash würde dem KGB durchaus schon jetzt nützen: Zusätzlich zu den bereits genannten Punkten ist Russland seit kurzem der weltweit grösste Erdölproduzent - Russland könnte sich als weisser Ritter aufspielen, indem es einen Teil der ausgefallenen Lieferungen übernimmt (natürlich nicht zuviel, denn man will dem Westen ja nicht wirklich helfen). Bei den dannzumal zu erwartenden Wucherpreisen sprudeln etliche Milliarden in die russische Staatskasse, die man wiederum in die Rüstungsindustrie investieren wird.

>Aus welchen Gründen kann Moskau nun der Irak-Resolutin zustimmen?

Aufgrund "neuer Fakten"... Wobei Russland der Resolution nicht unbedingt zustimmen muss: Es genügt bereits, dass es sie nicht ablehnt - Eine Stimmenthaltung würde bereits genügen.

>Oder sie legen ihr Veto ein?

Ehrlich gesagt: Keine Ahnung.

>Noch eine Frage:
>Wie ist das mit dem Sicherheitsrat, der über einen Krieg entscheiden soll?
>Bestimmen die 5 ständigen Mitglieder oder die 15 (ab 2003 mit Deutschland)?

Theoretisch die Mehrheit der 15, praktisch bestimmen die Grossen 5 - denn nur diese haben ein Vetorecht, während die anderen 10 Staaten im wesentlichen dekoratives Beiwerk sind, damit der Rest der Welt das schöne Gefühl hat, seine erlauchte Meinung hätte einen Einfluss in der UNO. Zudem rekrutieren sich die nichtständigen Mitglieder mehrheitlich aus wirtschaftlich mehr oder weniger stark ausgepowerten 3.-Welt-Ländern, deren Stimmen gegen Kredite und "Entwicklungshilfe" käuflich ist.


Antworten: