Wenn jemand von euch noch"heiße Eisen" im Börseninferno hat............

Geschrieben von Scorp am 23. September 2002 18:04:24:

Fundstück aus dem WO Board:

"Keiner bestreitet das Vermögen der Allianz, dem stehen aber auch Schulden gegenüber, stark vereinfacht gilt: wiegt man beides gegeneinander auf (Inventur), so erhält man das Eigenkapital. Dieses ist im 2. Quartal von 32923 auf 28695 Mio. Euro gesunken, also um 4228 Mio. Euro in nur einem Quartal!

Nun zum Buchwert je Aktie:
Das im aktuellen Geschäftsbericht ausgewiesene Eigenkapital wird wie folgt korrigiert:

1) zuzüglich 50% der Sonderposten mit Rücklagenanteil
2) abzüglich Anteile anderer Gesellschafter
3) abzüglich Dividendenausschüttung (für das Jahr, für das die Abschlußbilanz aufgestellt ist)
4) abzüglich "Geschäftswert" oder "Goodwill"

(immaterieller, oft nicht real vorhandener Wert auf der Aktivseite der Bilanz, der dort bei zu teuren - weit über dem Eigenkapital liegenden - Firmenzukäufen eingestellt und über 15-20 Jahre abgeschrieben wird, um den Aktionären die Kapitalvernichtung durch solche teuren Zukäufe zunächst nicht deutlich zu machen -> es gäbe sonst einen Aufschrei, wenn die Bescherung sofort sichtbar ist, was an Eigenkapital auf diese Weise vernichtet wurde.)

Das so korrigierte Eigenkapital wird durch die Anzahl der Aktien dividiert, um den Buchwert je Aktie zu erhalten. (Definition nachzulesen vor jedem Statistikteil in der Zeitschrift "Börse online" .

Und hier die Allianz - Buchwert - Zeitreihe:

1999: 45,93 Euro
2000: 45,08 Euro
2001: - 9,74 Euro !!! negativ - nur wg. Dresdener Bank ?!!!
Q1 2002: 2,9 Euro
Q2 2002: 2,3 Euro

Die Bankverbindlichkeiten sind erfreulich gesunken - aber sie betragen immer noch 130 368 Mio Euro!
(das sind allein 5,4 % der Deutschen Staatsverschuldung in Höhe von 2 400 000 Mio. Euro).

Der Buchwert hat sich nur "geringfügig" weiter erniedrigt, für Q2 wurde ein negatives Ergebnis von - 356 Mio. Euro angegeben.
Darin berücksichtigt ist aber bereits eine Steuerrückzahlung in Höhe von 150 Mio. Euro allein in Q2/2002 an die "arme" Allianz!
(Da weiß man, wo unsere diesjährigen Steuergelder bleiben!)


Bei diesen Zahlen sind Meldungen wie diese:
"...Auf Basis dieser Untersuchung werden die Rückstellungen für Asbest- und Umweltrisiken in den USA um 750 Millionen US-Dollar erhöht." wertmäßig fast vernachlässigbar, denn berechnet auf den Kurs von 105 Euro/Aktie macht das gerade mal 3 Euro/Aktie aus.

Betrachtet man aber den Buchwert von aktuell nur 2,3 Euro, so wird dieser allein von solcher Summe gänzlich aufgefressen.


Wenn irgendwann die Banken nicht mehr an die "immateriellen Werte" in der Bilanz des Unternehmens glauben - dann Gute Nacht, Allianz."

Die Goodwill-Aktivierung in der Bilanz im Zusammenhang mit völlig überteuerten Aufkäufen von Unternehmen verstellt den Blick auf die Kapitalvernichtung und die Zerstörung der Unternehmen durch solche Zukäufe!

Sind die aktuellen Geschehnisse noch immer nicht Warnung genug? Beispiele in Mio Euro:

Insolvenzverschleppung dank Goodwill-Bilanzierung:
Babcock Borsig AG:
Eigenkapital: 447,0
./. Geschäftswert bzw. Goodwill: - 737,0
= - 290 (= minus 8,5 Euro/Aktie)

Kurz davor (USA):
WorldCom:
Eigenkapital: 58919,4
./. Geschäftswert bzw. Goodwill: - 51492,7
= 7426,7 Restwert vor dem Bilanzskandal

Deutsche Telekom AG:
Eigenkapital: 59773,0
./. Geschäftswert bzw. Goodwill: - 42683,0
(ohne UMTS-Lizenzen!)
= noch 17090 (= 4,1 Euro/Aktie)

Weitere Geschäftswerte bzw. Goodwill:
Allianz: 19984,0
E-ON: 10978,0
TUI AG: 4655,3
Siemens: 9771,0
Deutsche Bank: 9037,0
RWE: 8935,0

Die Staatsverschuldung beträgt über 2,1 Billionen Euro, mich würde es nicht wundern, wenn die Goodwill-Summe deutscher Unternehmen diesen Betrag noch deutlich übersteigt. Ein Teil des als Goodwill aktivierten Geldes wurde ins Ausland "verschenkt". Der innerdeutsche Teil stellt zwar auf der Verkäuferseite Veräußerungsgewinne dar, diese werden aber auch nicht mehr versteuert! Erst ab 2004 will die CDU diese Versteuerung wieder einführen. Dies schützt aber nicht vor steuerbegünstigten Kapitalgeschenken ins Ausland!

Das Phänomen in dem von mir beklagten Umfang ist erst in den letzten Jahren dramatisch ausgeufert, indem Großkonzerne zu weit überhöhten Preisen andere Unternehmen zu einem weit überhöhten "Marktpreis" oberhalb des Buchwertes aufkauften und die - tatsächlich bezahlte - Differnz zum Buchwert als immaterielles Wirtschaftsgut aktivierten.


Bitte addieren Sie die von mir oben genannten Zahlen auf, das Problem ist gewaltig groß! Die Bilanzen sind im Internet von den Unternehmen veröffentlicht und von jedem überprüfbar!

Wie lange will das Finanzministerium noch die Augen davor verschließen?

Es geht um die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands!


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