Re: Bestätigung: Ängste nehmen zu

Geschrieben von Torsten am 11. September 2002 10:09:01:

Als Antwort auf: Bestätigung geschrieben von King Henry am 11. September 2002 00:54:44:

Liebe Leute,

nicht nur Befürchtungen hinsichtlich der Zukunft, sondern auch behandlungsbedürftige Angsstörungen nehmen stetig zu. Beides hängt auch ursächlich zusammen, da Angststörungen ein Schwellenwertphänomen darstellen. Ihr Ausbruch wird von allgemeiner Anspannung und Häufigkeit/Intensität von Streß-/Angstsituationen bestimmt.

Insofern ist es wenig verwunderlich, daß die Häufigkeit von Angststörungen bei etwa 7%, im Osten bei 17% liegt (in etwa dem gleichen Verhältnis wie die Arbeitslosenquoten). Den DDR-Bürgern wurden auch plötzlich ihre gesamten bekannten gesellschaftlichen Strukturen entzogen (über deren Qualität man nicht zu verhandeln braucht; jedenfalls waren es die gewohnten Lebensumstände). Ich will hier kein Mitleid heischen, aber bei der Einvernahme (meist als Vereinigung beschönigt) wurden schwerwiegende Fehler gemacht, deren Folgen auch im psychischen Bereich sichtbar werden.

Für uns ist es in den vergangenen 12 Jahren eng geworden, was sich auch fortsetzen wird. Der Westen zieht jetzt zunehmend schneller nach, auch wenn die Situation vor Allem im Bereich Produktion so gut wie nicht vergleichbar ist. Langsam dürfte deutlich werden, daß das kein linearer Rückgang ist, sondern verschiedene Vorgänge (Arbeitslosigkeit, Geld- und Warenumsatz, Steuereinnahmen, sinkender Lebensstandard=Konsumrückgang...) den Prozeß im Wechselspiel beschleunigen.

Das Dumme ist, daß den zunehmenden Angststörungen ein unbezahlbares Gesundheitssystem gegenüberstehen wird. Ganz davon abgesehen, daß aus Behandlungsdauer und Erfolgsraten klar wird, wie uneffektiv die Psychologie noch arbeitet.

Insgesamt keine guten Aussichten, aber Keiner will einsehen, daß er sich selbst ändern muß, um dem zu entgehen. So wird den undurchdachten und/oder verlogenen mehr-vom-selben-Konzepten seitens Politik, Statistik und Medien eher geglaubt, als der eigenen Wahrnehmung. Die Leute, die mit immer mehr Überstunden ihren Lebensstandard halten oder verbessern, werden in unseliger Gemeinschaft mit denen, die zukünftig im Billig-(Dumping-/Hunger-)lohnsektor tätig werden müssen, weiter an der immer ungleicheren Verteilung von Arbeit und geschaffenen Werten mitwirken und gleichzeitig am Arbeitsplatz und Arbeitsmarkt den Druck auf sich selbst verstärken.

Die Angststörung wird es für Viele neben den wirtschaftlichen Problemen als kleinen Bonus obendrauf geben - sie werden sich hinterher fragen, wie das ausgerechnet ihnen passieren konnte, aber heute nicht glauben, daß es ihnen als dynamischen, erfolgreichen und psychisch stabilen Menschen passieren wird.

Viele Grüße

Torsten


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