Es geht um mehr als nur um Massenvernichtungswaffen
Geschrieben von Hubert am 30. August 2002 10:34:40:
Aus: YAHOO-Schlagzeilen:
London (Reuters) - Der Graben zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) im Irak-Konflikt ist am Donnerstag noch deutlicher geworden.
Großbritannien zog ein Ultimatum in Erwägung, um Irak zur Fortsetzung der Waffeninspektionen zu zwingen. Dabei ist diese Frage für die USA nach Informationen aus Regierungskreisen längst zur Nebensache geworden. Iraks Präsident Saddam Hussein könne nichts tun, um seinen Sturz noch abzuwenden, hieß es.
Das britische Außenministerium reagierte auf eine Empfehlung des Parlamentsausschusses für Außenpolitik vom Juni, Irak eine Frist für Rüstungsinspektionen zu setzen. Unklar blieb, warum das Ministerium damit acht Wochen gewartet hatte.
Die EU ist sich einig, dass Iraks Präsident mit politischem und militärischem Druck gezwungen werden muss, die UNO-Resolutionen einzuhalten, die den überprüfbaren Verzicht auf Massenvernichtungswaffen verlangen. Die EU-Staaten sind allerdings gegen die Pläne der USA, Saddam Hussein auf jeden Fall zu stürzen. Deutschland lehne "diese Zieländerung" der USA ab und werde sich daran nicht beteiligen, hat Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärt. Auch die Opposition äußerte Kritik an dem Vorhaben der US-Regierung.
US-Regierungskreise bestätigten der Nachrichtenagentur Reuters, die Führung wolle einen Regierungswechsel in Irak, unabhängig davon, ob die UNO-Inspektoren wieder einreisen dürften. "Das Argument für einen Regimewechsel umfasst mehr als nur Massenvernichtungswaffen", hieß es.
Aus der irakischen Opposition in London verlautete, Ende September werde sie auf einer Konferenz eine Exil-Regierung bilden. Das sei mit der US-Regierung vereinbart worden. "Die USA stellen die irakische Opposition auf die Probe, ob sie eine gemeinsamen Führung bilden kann. Andernfalls werden die Amerikaner auf direktere Art eingreifen", hieß es ohne nähere Erläuterung. Die Konferenz werde voraussichtlich in Amsterdam stattfinden.
Iraks Vizepräsident Taha Jassin Ramadan hat wegen der Haltung der USA eine Rückkehr der UNO-Waffeninspektoren als sinnlos bezeichnet. Die "wahnsinnige und kriminelle Regierung" der USA sei ohnehin entschlossen, anzugreifen und Präsident Saddam Hussein gewaltsam zu stürzen, sagte er in der syrischen Hauptstadt Damaskus.
EU STELLT FRAGE DER INSPEKTOREN IN DEN VORDERGRUND
Die EU versucht, die Waffeninspektionen wieder in den Vordergrund zu rücken. Der dänische EU-Ratspräsident, Außenminister Per Stig Moeller, räumte jedoch ein: "Ohne die Drohung mit einer Invasion als letzter Antwort gibt es auch keinen Druck, die Inspektoren wieder ins Land zu lassen." Er sagte das vor einer Konferenz mit seinen EU-Kollegen am Freitag in Helsingoer. Sein belgischer Kollege Louis Michel verlangte: "Die EU muss gegenüber Bagdad die Initiative ergreifen und sehr deutlich sagen: Sie setzen schnell und vollständig die UNO-Resolutionen um, oder Sie werden mit ihren Problemen alleine dastehen."
Aus französischen Regierungskreisen verlautete, es dürfe nicht das Risiko eingegangen werden, dass in Irak Massenvernichtungswaffen gebaut würden. Es sei daher nicht auszuschließen, dass der UNO-Sicherheitsrat letztendlich doch ein militärisches Eingreifen beschließe. Staatspräsident Jacques Chirac betonte, es sei einzig und allein der Rat, der dies dürfe, und dies auch nur, wenn Irak die Rückkehr der Inspektoren verweigere.
In der islamischen Welt wächst der Widerstand gegen jegliches militärisches Eingreifen der USA. Das gilt auch für Staaten, die den USA sonst eng verbunden sind. Nach der Türkei und Ägypten sagte auch Pakistans Präsident Pervez Musharraf, bei einem Angriff auf Irak werde es in der islamischen Welt Unruhe geben. Der BBC sagte Musharraf am Donnerstag, ein US-Angriff würde sehr negative Auswirkungen auf die islamische Welt haben.
Kritische Stimmen gibt es auch in den USA. Im Kongress mehren sich die Stimmen, die von Präsident George W. Bush Klarheit über seine Absichten verlangen. Senator John Warner (Republikaner) forderte den Vorsitzenden des Streitkräfteausschusses im Senat, Carl Levin (Demokrat) auf, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor den Ausschuss zu zitieren. Auch der Auswärtige Ausschuss des Repräsentantenhauses sieht Klärungsbedarf und will Anhörungen vornehmen, wenn der Kongress kommende Woche aus der Sommerpause zurückkehrt.