Re: Verfall der Gesellschaft

Geschrieben von Deyvotelh am 12. August 2002 19:59:16:

Als Antwort auf: Re: Verfall der Gesellschaft geschrieben von Badland Warrior am 11. August 2002 12:46:36:

>Hallochen, Georg!
>Da haste Recht. Allerdings sind das nun nicht mehr nur Wucher und Zins, irgendwie habe ich das Gefühl, daß die ganzen Arschlöcher (verzeih mir die Bezeichnung für solche Zeitgenossen) sich outen und offen ihre Masken fallen lassen.
>Viele Leute haben auch ganz einfach die nackte Angst um ihre Existenz. Da wird halt getrickst, gelogen und beschissen, was mehr als häßlich ist. Manche können nichts dafür, andere machen es im großen Stil. Vor einigen Jahren wurde ich auch von einigen Leuten über den Tisch gezogen, ich weiß also, wovon ich rede.
>Dadurch lernt man aber auch. Die Stimmung ist mehr als mies in der Bevölkerung. Gejammert wurde zwar schon immer, aber diesmal ist es ärger, da dazu Grund besteht. Jeder, der den Chefs nicht in den Hintern kriecht muß fürchten, morgen am Schalter vom Arbeitsamt zu stehen. Auch in den Firmen ist das Klima grausamer und widerlicher geworden. Es wird gemobbt und intrigiert, daß sich einem die Fußnägel hochklappen. Und jeder hat wohl ein paar "Spezls", die er gern hängen sehen würde. Es brodelt.
>Aber auch die Sprache ist völlig verhunzt. Was meinst du, was ich schon für grammatische Konstruktionen, selbst in Zeitungen, gelesen habe? Aa, kann ich da nur sagen. Nicht nur luschige Aussprache oder Missverstandenes, sondern auch Fehler, bei denen mein früherer Deutschlehrer käsig geworden wäre.
>Und hatten die Jahrgänge in den Sechzigern noch eine relativ gute Allgemeinbildung muss man den Leuten heute alles Mögliche haarklein auseinandersetzen, und wenn es nicht gerade um Sport, Saufen, Kino geht, hört keiner zu. Dazu kommen noch die ganzen Gestörten. Ich habe noch nie soviele Gestörte erlebt, wie in den letzten Jahren. Die Welt scheint endgültig zum Tollhaus zu werden. Ich meine, wir sind ja alle etwas neben der Rolle, aber was hierzulande teilweise so abgeht, das ist schon mehr als übertrieben.
>Badland Warrior

Hi!
Kann ich dir nur dazu beipflichten. Mit Vertretern meiner Generation kann kaum noch eine halbvernünftige Konversation geführt werden. Jeder zweite läuft mit ner Schumi-Kappe herum und dem entsprechenden Schubladendenken und Gesülze, absolut bruchstückhaft und konsumorientiert und nach außen hin werden nur noch die Ellenbogen breitgemacht. Andersdenkende werden schlechter behandelt wie ein Hund. Ich geh samstagabend noch gelegentlich in eine Disco, und für die Leute um die 20 bin ich ganz schlicht und einfach ne Portion Luft, mehr nicht. Obwohl ich gut tanzen kann und keine Spießerklamotten trage und auch keinen Haarausfall habe und noch frisch aussehe. Aber ich bin halt 15 Jahre älter als die und damit passee.
Aber Schluß damit, wir sind ja hier nicht in einem Beziehungskistenforum.
Mit Leuten über 70 kann man aber teilweise wirklich noch vernünftige Gespräche führen, wie mit einem Briefmarkenhändler, der schon 76 ist. Der erzählt mir Anekdoten aus der Wirtschaftswunderzeit und von der Ära Brandt und Schmidt, als wäre es erst neulich gewesen.
Er war früher mal in einer Werkshalle von Daimler-Benz, in welcher 200 Arbeiter schafften. Heute stehen dort gerade mal 2, 3 Ingenieure herum und überwachen die Parameter. Er wurde Kaufmann ohne irgendeine Ausbildung oder Abi. Geh heute mal in einen Betrieb und sage, du willst ohne Ausbildung kaufmännisch anfangen! Die lachen dich unter den Tisch.

Und damit wären wir wieder beim Thema: Über die Zukunft der Arbeitswelt mit all ihrer Vollautomatisierung und Saturiertheit sind wir beide gleichermaßen ratlos. Er konnte sich damals in den 50ern aus ein paar Briefmarken ein kleines Imperium schaffen, während große Teile meiner Generation heute mit dem selben Energieaufwand sich gerade so über Wasser halten können.

Mfg Deyvotelh



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