Deutschland braucht die Bombe
Geschrieben von karlbauknecht am 10. August 2002 13:15:31:
Deutschland braucht die Bombe
Unkorrekt
Von Ulrich ClaussEs rutschte Hans-Ulrich Klose vergangene Woche in einer NDR-Talkshow wohl nur so nebenbei heraus: "Die Bundesrepublik Deutschland hat in Europa ungefähr die Bedeutung, die Amerika in der Welt hat", sagte Klose. Traum oder Wirklichkeit?
Mit dieser Äußerung - das muss dazu gesagt werden - illustrierte Klose seine ablehnende Haltung zu einer Regierungsbeteiligung der PDS im Bund. Zudem hatte sich Kanzler Schröder zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die ganz offensichtlich wahlkampfbedingte Realitätsquarantäne seines "deutschen Weges" verabschiedet. Lassen wir jedoch jeden auch noch so nahe liegenden Kontext für einen Moment beiseite und betrachten Kloses Standortbestimmung für sich, so ist man versucht, der nüchternen Tatsachenfeststellung des Vorsitzenden des Auswärtigen Bundestagsausschusses spontan zuzustimmen. Aber trägt Deutschland seiner Stellung in Europa und der Welt auch Rechnung?
Machtpolitisch versteckt sich Deutschland nach wie vor im Gremienlabyrinth supranationaler Organisationen und verzichtet - im Gegensatz zu anderen führenden europäischen Staaten - auf eine dezidiert nationale Machtpolitik. Und das ist schlecht für das Land und für seine Freunde, nicht nur in Europa.
Nun sind die Gründe für Deutschlands jahrzehntelange machtpolitische Abstinenz hinlänglich bekannt - der doppelt verlorene Krieg, der moralisch-ethische Zusammenbruch infolge eines verbrecherischen Angriffskrieges, die jahrzehntelang fehlende staatliche Souveränität infolge der Teilung, das Auschwitz-Trauma. Es ist aber an der Zeit, die beiden Verfallsdaten dieser Lizenz zur Selbstsuspendierung vom Weltgeschehen zur Kenntnis zu nehmen: den 9. November 1989 und den 11. September 2001. Während das erste Datum den Deutschen wieder das Tor zur Weltgeschichte öffnete, veranschaulicht das zweite, was dahinter so alles lauern kann.
Der Wiedereintritt in den Stand eines souveränen und weltpolitisch verantwortlich handelnden Staates hat nicht zuletzt eine militärpolitische Dimension. Auch die Macht der Zivilisation kommt nun mal - wenn ihre Gegner es ihr aufzwingen - aus den Gewehrläufen. Diese alte Einsicht machte ja bekanntlich sogar einmal einen frisch gebackenen grünen Außenminister zum Kriegsherrn. Nur das die Deutschen im Gegensatz zur serbischen Soldateska diese Lektion immer noch nicht wirklich begriffen haben. Im Gegenteil - seit den im Sinne abendländischer Humanität erfolgreich geschlagenen Balkanfeldzügen der neunziger Jahre treibt die Deutschen doch wieder jene historisch bedingte innere Dissonanz zwischen guter Ohnmacht und verdrängter Mächtigkeit um - und führt zu immer absurderen diplomatischen Verrenkungen. Oder wie wäre sonst zu erklären, dass ein deutscher Unionskanzlerkandidat zur kontinentalen Partner-Hegemonialmacht nach Paris pilgert, um mit den Herren der Force de Frappe über nichts Wichtigeres als Agrarsubventionen Einklang herzustellen? In solchen Momenten treibt der Zwergenkomplex der Deutschen wieder jeden Sinn für Proportionen aus der europäischen Innenpolitik und schadet ihr damit nachhaltig.
Das für alle Beteiligten heilsame Rigorosum des Kosovo-Krieges muss eine Fortsetzung finden in weiterer konzeptioneller und praktischer Remilitarisierung der deutschen Außenpolitik. Dazu gehört konsequenterweise ein Stuhl am Tisch der Atomwaffenmächte. Wer Krieg führt und weiß, warum, kann in letzter Konsequenz die argumentative Kraft der ultimativen Waffe nicht ignorieren - zumal wenn sie im Arsenal jedes potenziellen Weltvernichters vermutet werden muss. Der Zugriff auf diese Waffe ist heute die Ultima Ratio der Weltpolitik. Wer sich ihr verweigert, verweigert sich letztlich total. Da es zu einer gemeinsamen europäischen Atomstreitmacht so bald nicht kommen wird, ist der baldige Aufbau einer landeseigenen atomaren Komponente unausweichlich. Deutschland braucht die Bombe.
- Re: Deutschland braucht die Bombe H.Joerg H. 10.8.2002 17:25 (0)