Re: In den Archiven des V. müßten viele Prophe. sein?

Geschrieben von Hubert am 02. August 2002 12:12:40:

Als Antwort auf: Re: In den Archiven des V. müßten viele Prophe. sein? geschrieben von DaveRave am 02. August 2002 11:26:08:

Hallo DR,

nun, es ist ein prachtvoller, imposanter und überhaupt nicht finsterer Bau, der durch einen Innenhof noch schöner wird. Kritiker sind zwar der Meinung, die Quellen seien gesäubert und die Bücher frisiert worden, aber das entbehrt – wie die meisten Angriffe gegenüber Rom – jeder Grundlage. Es sind siebenundzwanzig Räume mit etwa viereinhalbtausend Dokumentenbänden, die sich über mehr als sechshundert Meter aneinander reihen. Es gibt allerdings keinen Katalog, kein Bestandsverzeichnis im modernen Sinne. Noch bis vor wenigen Jahren war das Archiv nicht nur für Wissenschaftler, sondern selbst für Mitglieder des Heiligen Offiziums geschlossen. Warum die bis dahin abgeschottete Hochburg der Orthodoxie 1998 ihre Tore öffnete, darüber ist viel spekuliert worden. Die Neuorientierung verdankt sich vor allem drei Faktoren:

- einem Brief, in dem der Historiker Carlo Ginzburg 1979 an den Papst appellierte, im Interesse der Forschung Zutritt zu den Archiven zu gewähren
- ferner dem von Kardinal Ratzinger verfolgten Kurs, denn da er selbst zu den führenden Gelehrten gehört, brachte er in dieser Frage ein aufgeklärteres Denken mit als manche seiner Vorgänger
- und schließlich der Ernennung von Alejandro Cifres zum Archivar; denn seine Tatkraft und sein Scharfblick haben entscheidend zur Öffnung beigetragen.

In den Jahren zuvor hing eine Zulassung zu den Archiven der Inquisition und des Index weitgehend vom Ermessen oder vom Zufall ab: nicht weil die Kongregation ausschließlich Verfechter der katholischen Sache hineinlassen wollte, sondern aus dem ganz praktischen Grund, dass der winzige Lesesaal und das spärliche Personal nicht in der Lage waren, die zahlreichen Interessenten aufzunehmen.

Wenn Du ernsthaftes Interesse hast, diese heiligen Hallen mal zu betreten, sag mir vorher Bescheid. Es ließe sich arrangieren.

Herzlichst,
Hubert


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