Papalagi und Lukanga Mukara @Badland Warrior

Geschrieben von mica am 17. Juli 2002 22:10:18:

Hallo Bw,

beim Durchforsten meiner alten Wohnung stieß ich auf ein Exemplar von "Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins Innerste Deutschlands", bei Grüner Zweig Nr.45, Packpapier Nr.7 neuaufgelegt.

Vor einiger Zeit lief doch der Thread über den Papalagi, hier die Vorbemerkung aus o.g. Büchlein:

Ein verschollenes Buch!
Vorbemerkung:

In Hans Paasches psychiatrischer Beurteilung steht"manisch depressives Irresein". Das bewahrte ihn im 1. Weltkrieg vor der Hinrichtung wegen Landesverrats. Nie in seinem Leben hatte er sich ein Blatt vor den Mund genommen. Ein echter Provo, seine Happenings und Streiche würden ein extra Buch füllen. Sein Antrag als damaliges Mitglied im Berliner Vollzugsrat, die Siegerallee einzureißen, wurde leider nicht in die Praxis umgesetzt.

Zum konsequenten Pazifist entwickelte er sich in seiner Kerkerzeit, wo er in die Welt der Russen Kropotkin, Tolstoi, Gorki und auch Bakunin eindrang.

Und dann wurde er einer der ersten Märtyrer, den die Nationalsozialisten auf dem Gewissen haben. Der Alte vom Weißen Berg sagte über ihn: "Hans Paasche ist um dieses Buches willen ermordet worden, denn Deutschland hat er damit dermaßen durcheinander gebracht, dass es entsetzlich war. 1922 haben sie ihn gekillt."

Der Lukanga Mukara ist eine einmalige Kulturkritik. Einige Jahre später erschien noch ein ähnliches Buch, der "Papalagi" von Erich Scheuermann, eine lange nicht so engagierte Schrift, jedoch von erfahrner Hand, Scheuermann lebte einige Zeit auf Samoa.
Dazu der Alte vom Weißen Berg: "Ich kenne den Verfasser des Papalagi persönlich und weiß wie das Buch entstanden ist. Das ist kopiert, das ist regelrecht, ja man könnte sagen abgeschrieben". Wollen wir hoffen, daß dieses lange verschollene Buch uns helfen kann, eine neue menschliche Kultur zu entwickeln, während wir auf die inkonsequente Seichtheit eines Scheuermann gut verzichten können.

Vorwort von Franziskus Hähnel:

"In den Jahrggängen 1912, 1913 der Zeitschrift "Der Vortrupp" erschienen die ersten Briefe des Negers Lukanga Mukara, von Hans Paasche veröffentlicht. (...)Er ließ unser Land und Volk mit den Augen eines von jeder abendländischen "Kultur" unberührt gebliebenen offenen Negerhäuptlings schauen und in den Briefen an seinen König schildern.

Die Urgestalt des Lukanga Mukara war ein Negerbursche, den Hans Paasche zur Bedienung hatte, als er seine Hochzeitsreise zu den Nilquellen machte. (...)

Da kam er auf seiner "Hochzeitsreise nach den Quellen des Nils" in seiner Schilfhütte von Ukarewe, am Strande des Viktoriasees(Januar 1910)u.a. auch zu folgendem Schlusse: "Je länger ich aber hier lebe, desto mehr sehe ich, daß wir vorsichtig sein müssen mit dem, was wir den Negern bringen. Wir halten wirklich vieles für gut, was in Wirklichkeit schädlich wirkt."

Hans Paasche war danmals immer stärker in den Gedanken der Lebensreform hineingewachsen. er war davon überzeugt, daß soviele Unsitten und Mißstände in unserem Vaterlande besiegt werden könnten, wenn viele Volksgenossen gleich ihm überzeugte Lebensreformer würden. Da war es ihm bedeutsam, wie ein Mann, der von solchen Dingen noch unberührt geblieben war, sie sehen und beurteilen mußte. Hans Paasche hat mit mehrfach erzählt, wei ihn die Urteile seines Burschen gar oft weniger belustigt als zum Nachdenken gebracht hatten. (...)Hans Paasche war nie ein Freund der "grauen Theorie" gewese; die Tat stand ihm über alles. Und so hoffte er auch, daß die Lukanga Mukara-Briefe viele zur Tat führeren könnten. Ihm galt es offene Augen zu schaffen für alles was schlecht und morsch war. (...)


Vor fast hundert Jahren verfasst, weil er sich Gedanken über den Untergang der Klutur machte, vor fast dreissig Jahren wieder aufgelegt, weil man sich dachte die Welt verändern zu können(im selben Verlag: Freistaat Kristiania, Neues Patientenkollektiv, Poster: Aufbau der Neuen Welt etc...) - und heute?

Stehen wir da und diskutieren über den Untergang, der schon längst am Laufen ist.
Mich berührt vor allem der bezug (im Text)zur Lebensreform und zu den Wandervögeln, da ich selbst mich jenen verbunden fühle.

Guten Abend
mica


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