Werkstattgedanken

Geschrieben von Arkomedt am 08. Juli 2002 04:09:33:

Hallo Leute,
mal ein paar Gedanken, die dem Einen oder Anderen vielleicht weiterhelfen können...
Natürlich, sicherheitshalber weise ich darauf hin, jede Nachahmung erfolgt jedenfalls auf ganz eigene Gefahr! Nicht, daß mich irgendjemand haftbar macht, nur weil es bei ihm/ihr nicht funktioniert. Oder er/sie sich dabei auf den Daumen haut...

Werkstattgedanken

Macht mal wieder richtig Spaß, das Basteln! Ist schon was Gutes, wenn man so vor sich hin werkeln kann, an einer Sache, die vielleicht...
Hab ich jetzt eigentlich alles, was ich brauchen werde? Das Tischbein ist Klasse, richtig gutes Holz. Esche vielleicht, oder Buche? Holz war noch nie so richtig mein Fall. Aber immerhin, ganz genau die richtigen Maße. Ist mir richtig aufgefallen, dort in den Müllgaragen. Ein einzelnes Tischbein, weißlackiert, 45 x 45 und achtzig lang. Irgendjemand hatte dort auch seine Hobbywerkstatt entsorgt, massenhaft Schrauben, Federn, Fahrrad-Kleinteile. Und gestern lag da dieser kaputte Gartenschirm.
Also, was ich dringend brauche, ist ein dünnes Stahlseil, müssten sie im Baumarkt haben. Und Stahlbänder, möglichst schon gelocht. Habe ich da auch schon gesehen.

Mal sehen, Federstahl bekomme ich so schnell wohl nicht, aber erstmal müssten die Drähte vom Gartenschirm reichen, gut gebündelt. Wozu hat man mal Maschinenbau studiert? Da ist sogar etwas Statik und Mechanik hängen geblieben.
Acht lange, acht kurze. Na gut, wenn ich vier kurze jeweils zu zweit zusammenniete, habe ich genau zehn lange und vier kürzere. Das müsste genau hinhauen. Gut, dass diese Streben Ösen an den Enden haben. Als wären sie für diesen Ersatzzweck gemacht...
So, das Bündel genau zusammengelegt und mit Klebeband fixiert. Schön, die zusammengenieteten nach oben und nach unten, dann markieren die Nieten auch gleich die Mitte. Das ganze Bündel ganz fest mit dem Klebeband, einfaches, dünnes Malerabdeckband, umwickeln. Fertig ist der Bogen. Mal sehen, oh ja, der hat ja eine gewaltige Spannkraft! Für die Befestigung des Drahtseils, war gar nicht so teuer, nur 69 Cent pro Meter, habe sicherheitshalber 2 Meter mitgenommen, muß ich mir noch was einfallen lassen, aber das wird schon.

Gestern abend habe ich im Internet nach Bauanleitungen gesucht, aber außer einigen Fotos nichts gefunden. Nur haufenweise Anfragen in verschiedenen Foren nach denselben. Sind wohl andere Leute auf die gleiche Idee gekommen. Ist ja auch richtig, wenn es mal wirklich losgeht und die Zivilisation zusammenbricht, ist es schon gut, wenn man was in der Hand hält. Zur Jagd, oder, wenn es wirklich sein muß, auch zur Selbstverteidigung. Natürlich wäre eine Pistole dann besser, aber woher nehmen? Und man braucht immer neue Munition! Die Bolzen oder Pfeile sind aber wiederverwendbar.
Es war wirklich eine gute Idee, einfach anzufangen. Jetzt habe ich noch die Werkstatt im Keller, mit Bohrmaschine, Flex, Stichsäge, Handkreissäge und Strom. Und die Werkbank! Wenn ich das alles irgendwo im Wald, nur mit Hammer, Stemmeisen und Raspel machen sollte! Nur nicht darüber nachdenken, weitermachen.
Nach den Fotos habe ich mir einige Überlegungen gemacht, habe die Sehnenarretierung und den Abzug gezeichnet. Mit diesen Teilen fange ich jetzt an.
Aus dem Dreimaldreißig-Bandstahl biege ich ein U, vierzig hoch. In beide Schenkel oben einen Schlitz, für die Sehne. Unten in die Ecke, dicht über die Biegeradien ein durchgängiges Loch. Vor dem Bohren seitlich ans Tischbein halten, Mechanik beim Drehen, beim Freigeben der Sehne prüfen. Der weiße Lack eignet sich auch noch besonders gut zum Anzeichnen! So, jetzt das Teil nach oben setzen, noch einmal die fertige Waffe vorstellen, das Vierkantloch anzeichnen. Genau, wegnehmen kann man hinterher immer noch!
Die Ecken durchbohren, gleich mit Sechser-Bohrer, damit das Stichsägeblatt reinpasst. Jetzt mit der Stichsäge nach und nach das Vierkantloch, ungefähr 25 mal 40 aussägen. Fein. Jetzt das Loch für die Achse des Sehnenfangs bohren, Sehnenfang einsetzen und mit der Raspel das Vierkantloch soviel erweitern, dass der Sehnenfang sich gut in die richtigen Richtung, nämlich nach vorn, drehen kann.
Eine Drehfeder soll die Rückstellung des Sehnenfangs sicherstellen. Anzeichnen, mit ganz feinem Bohrer an der rechten Seite bohren. Der andere Schenkel der Drehfeder fasst den Schenkel des Sehnenfangs.

Gut, jetzt erstmal Pause, Bierchen und Zigarette. Ich glaube ja nicht wirklich daran, dass sich die düsteren Prognosen einiger Zeitgenossen in nächster Zeit erfüllen. Wenn aber doch? Jetzt sitze ich schon den dritten Abend hier im Keller. Eben war meine Frau hier.
„Was püsterst du nur die ganze Zeit hier rum? Sag mal...“ ihr Blick war auf die halbfertigen Teile gefallen, „baust du eine Armbrust? Was soll denn der Scheiß? Also ehrlich!“
„Ach das? Na ja, besser, als nur immer aufzuräumen. Ist mal eine ganz neue Aufgabe! Wollte mal sehen, ob ich’s hinkriege.“
„Ist das nicht verboten?“
„Wer soll mir das verbieten? Ich kann hier bauen, was ich will!“
„Und was willst du damit?“
„Das weiß ich doch jetzt noch nicht. Einfach mal sehen, ob ich das zustandebringe.“
„Na ja, dann mach mal. Und sauf nicht soviel! Hättst dir wenigstens eine andere Hose zum Arbeiten anziehen können! Ich kuck mir jetzt den Film an. Sei leise nachher, ich bin dann wohl schon im Bett, wenn du hochkommst.“
Ist schon eine Perle, meine Frau.
Ja, was will ich wirklich mit dem Ding, wenn es denn mal fertig ist? Egal, erstmal muß es fertig werden.

Als Nächstes kommt der Abzug. Dafür nehme ich ein Stück zwanziger Rundeisen, zwanzig Zentimeter lang. Biegen lässt sich das Ding nicht, jedenfalls nicht freiwillig und kalt. Also nehme ich die Flex und schwäche das Teil, erstmal an der Stelle, wo der Drehpunkt hin soll. Hier schleife ich beidseitig auf einen Zentimeter ab. Kurz hinter dem Drehpunkt ebenfalls, so dass ein Vierkant entsteht. Vorn bleibt das Rundeisen auf einer Länge von maximal einem Zentimeter stehen. An der geschwächten Stelle lässt sich das Teil nun gut biegen. Ungefähr 30 Grad. An die Flachstelle für den Drehpunkt anschließend flexe ich jetzt den ganzen restlichen Teil beidseitig auf einen Zentimeter. Und biege nochmals. Jetzt hab ich den Abzug, ein langgestrecktes S.
Das lege ich nun seitlich auf das Tischbein, welches nach dem Ausformen der Handgriffe schon deutlich Ähnlichkeit mit dem Armbrustkörper hat. Mechanik prüfen, Drehpunkt suchen und das Loch für die Achse des Abzuges bohren. Anzeichnen und Ausstemmen des Platzes für den Abzug. Diesen einsetzen und jetzt nach und nach so abschleifen, dass er auch funktioniert. Stück für Stück. Immer wieder prüfen. Abschleifen kann man immer, aber Anschleifen?
Gut, jetzt funktioniert die Mechanik. Der Armbrustkörper wird mit einer Blechplatte geschlossen, eine Druckfeder stellt den Abzug zurück.
Jetzt zeichne ich den Schlitten an, oben. Mittellinie, zwanzig breit. Mit der Handkreissäge schneide ich zwei schnurgerade, einen Zentimeter tiefe Schlitze über die gesamte vordere Länge, bis hin zum Sehnenfang-Vierkant. Mit dem Stemmeisen den Schlitten freiräumen, möglichst eben. Da kommt hinterher ein halbes Stahlrohr rein, es ist also nicht nötig, es total zu glätten.
Vier Zentimeter von der Stirnkante entfernt sage ich nun den Schlitz für den Bogen ein. Man kann diesen Schlitz von oben oder von unten machen, ich entscheide mich für oben. So habe ich durch das Halbrohr eine zusätzliche Stabilität.
Aus einem vierziger Lochbandeisen biege ich ein U, welches den Armbrustkörper vorne horizontal umfängt. Auch in dieses U muß der Schlitz für den Bogen geschnitten werden. Die Befestigung des Bogens verlangt nun etwas Tüftelei, ich bin damit aber gut fertig geworden.
Für die Fixierung der Sehne an den Bogenenden habe ich mich für Schlauchklemmen entschieden, die zusätzlich auch die Stahlruten gut fixieren.
Die Sehne selbst, das 2-Millimeter-Stahlseil, habe ich mit einzelnen Lüsterklemmen geschlauft.

Heute Nachmittag habe ich das Gerät ausprobiert. Erst mal im Keller, mit einem Riesennagel als Bolzen.
Es übertraf meine Erwartungen...
Ob jetzt die Russen kommen?

8.07.2002, Arkomedt.


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