Der Angriffsplan auf den Irak
Geschrieben von H.Joerg H. am 29. Juni 2002 17:10:15:
Tag!
Aus der aktuellen "Zeit" vom Donnerstag ein Ausschnitt des Artikels "Jerusalem-Bagdad und zurück"
Der Angriffsplan.
Am vergangenen Mittwoch hat General Tommy Franks jenen Angriffsplan im Weißen Haus vorgestellt, von dem Präsident Bush noch bei seinem Besuch in Deutschland sagen konnte, er läge ihm gar nicht vor. Was die beiden Herren besprochen haben, unterliegt der Geheimhaltung. Aber was die Militärs auf dem Herzen haben, hatten sie schon vorher gestreut.
Eine Angriffsvariante wird Franks dem Präsidenten gar nicht erst vorgestellt haben: Es ist der sogenannte Downing-Plan, benannt nach dem Chef der Antiterrorabteilung des Weißes Hauses, einem pensionierten General. Danach sollten die USA dem "Modell Afghanistan" folgen und wenige Spezialtruppen, viele Präzisionswaffen und viele einheimische Oppositionstruppen einsetzen.
Diesen Plan haben sich die neokonservativen Hurra-Strategen um Paul Wolfowitz zu Eigen gemacht.Washingtons moderate Allianz aus CIA, Außenministerium und Generalstab bekämpft dieses Konzept seit Monaten. Die Militärs halten den Downing-Plan schlicht für naiv. Während des Frühjahrs hat sich der Generalstab immer wieder im sogenannten Panzer getroffen, einem abhörsicheren Raum im Pentagon. Dort ist eine lange Bedenkenliste entstanden: Danach scheidet ein Angriff in den kommenden Monaten aus, da die Steitkräfte nach dem Afghanistan-Feldzug ersteinmal die Munitionsdepots für ihre Spezialwaffen auffüllen müssen. Zudem gebe es nicht genügend Spezialtruppen. Die seien noch am Hindukusch und anderswo auf dem Globus gebunden.
Ein weiteres Bedenken: Saddam habe aus seinen Fehlern im Golfkrieg gelernt und werde seine Truppen nicht im offenen Gelände aufstellen, sondern rund um die Städte. Der Generalstab erwartet deshalb einen Häuserkampf, womöglich mit Tausenden Toten. Vor allem aber fürchten die Militärplaner, Iraks Diktator werde biologische und chemische Waffen einsetzen. Da der Feldzug sich gegen Saddam selbst richte, habe dieser - anders als während des Golfkrieges - keinen Anreiz, Massenvernichtungswaffen im Depot zu lassen.
Die lägen vermutlich in oder neben Schulen, Moscheen und Krankenhäusern - keine guten Ziele für Präventivschläge.All das bringt den Generalstab offenbar nicht dazu, George Bush vom Irak-Krieg abzuraten. Allerdings empfehlen die Militärs eine Streitmacht von 200.000 Soldaten und einen langsamen Truppenaufbau.
Angesichts dieser Schwierigkeiten erwägt der Präsident nun auch eine einfachere, aber ungewissere Irak-Variante. Vorvergangene Woche enthüllte die Washington Post, der Präsident habe der CIA den geheimen Auftrag zum Sturz Saddams sowie neue Vollmachten gegeben. Die Spione berichteten aber dem Kongress vergangene Woche in einem Anfall von Offenheit, ihre Erfolgschance läge allenfalls bei zehn bis fünfzehn Prozent.
Die Diplomatie.
Weil Großangriff wie Geheimoperation dem Präsidenten nicht richtig attraktiv erscheinen, steigen die Chancen der Diplomatie. Anscheinend überlegt Bush nun, zunächst ein internationales Team von Waffeninsspektoren in den Irak zu schicken - wie es die Europäer seit langem fordern. Allerdings wollen die Amerikaner von ihren Partnern auf dem alten Kontinent wissen, wann diese die Inspektion für gescheitert halten und einem Militärschlag zustimmen.
Für den Oberfalken Paul Wolfowitz ist das alles nur ein Versuch, den Angriff auf Saddam doch noch zu verhindern. Er hat deshalb Gegenmaßnahmen ergriffen und vor Monaten schon die CIA beauftragt, die Biografie des Diplomaten Hans Blix zu durchleuchten. Der Schwede ist Chef der UN-Inspektionsgruppe. Wolfowitz wollte offenbar Munition haben, um das UN-Team diskreditieren zu können. Doch die CIA berichtete, gegen Blix sei nichts einzuwenden. Berichten zufolge ist Wolfowitz "unter die Decke gegangen".
Paul Wolfowitz wird nicht aufgeben. Vor der "Schlacht von Bagdad" muss er die "Schlacht von Washington" gewinnen. Ausgang ungewiss.Egal wie, einem amerikanischen Präventivschlag werde jeder Gegner, auch der Irak, zuvorkommen wollen ("use it or lose it"). Amerika müsse deshalb selbst frühzeitig losschlagen, und zwar bevor sich "die Bedrohung voll entfalten kann",
wie Präsident Bush in West Point gesagt hat. Damit lastet aber der Beweisdruck auf Amerika. Wird die Welt nachvollziehen können, dass die irakische Bedrohung real und nicht nur eingebildet ist?
- Re: Der Angriffsplan auf den Irak IT Oma 29.6.2002 17:53 (0)