Antwort an JeFra!!!!!
Geschrieben von Badland Warrior am 17. Juni 2002 12:59:39:
Widerrede
Hallo, JeFra!
Deine Worte kann ich nicht so unwidersprochen stehenlassen, auch deswegen, weil einiges, entweder versehentlich oder absichtlich, falsch verstanden wurde.
BW, alt: Ich drücke mich aus, wie ich es für richtig halte. Da ist es ehrlicher, auch mal grob zu reden und das Richtige zu meinen, als Dinge zu verschweigen oder schönzureden.
JeFra: Es geht hier um die brutale Gossensprache 'Tritt in die Eier'. Wem es tatsaechlich darum geht, einen Beitrag zum Verstaendnis der Probleme unserer Gesellschaft zu leisten, der kann sich auch gewaehlt ausdruecken. Oswald Spengler tut das ja auch. Wenn Sie wirklich Religionswissenschaft studiert haben, muessten Sie das ja auch koennen, wenn auch vielleicht nicht so gut wie Spengler.
BW: De facto ja, nur tu ich es nicht immer, und dazu stehe ich auch. Pointieren heißt meine Devise, auf den Punkt bringen. Und da eignet sich zur Verdeutlichung die "grobe Gossensprache" manchmal recht gut. Andererseits habe ich ja auch z. B. bei meiner Abhandlung über die Lebensgeschichte Jesu mich auch sehr fachlich ausgedrückt, weil es halt mit dieser Sache stimmig war. Dennoch: Mein Sprachstil ist mein eigener, und ob ich nun Dialektismen oder Soziolektismen einstreue, ist ganz allein mir vorbehalten.
BW, alt: Von Drogen an sich halte ich nichts, wenn du Probleme mit deiner Sexualität haben solltest, ist das auch nicht mein Problem.
JeFra: Es geht hier um 'Sex&Drugs' als 'Leitkultur' der Gesellschaft, wie es etwa von Huxley
(mit zweideutiger Absicht, siehe dazu das von der LaRouche-Organisation publizierte
Buch 'Charles Manson-Moerder aus der Retorte') in 'Schoene Neue Welt' beschrieben
hat. Von den Auswirkungen dieses Wertewandels unserer Gesellschaft werden Sie in
jedem Fall betroffen sein, egal wie konkret Ihr persoenliches Verhaeltnis dazu aussieht.BW: Erstens ist Lyndon LaRouche völlig indiskutabel, da er ein hochgradiger Technokrat ist, welcher die gefahren bestimmter Erfindungen, wie z. B. der Kernenergie schlichtweg leugnet und von unbegrenztem Wirtschaftswachstum ausgeht, er ferner Verschwörungstheorien verbreitet, in welchen die Gnostiker, die britische Königsfamilie und jüdische Kreise an allem Schuld sein sollen, was schiefgeht, und er sämtliche ökologischen Ansätze und Ideen leugnet. Zweitens sind seine Bücher eben auch aus diesem Grund mit Vorsicht zu genießen, und ebenso indiskutabel, wie der Rest seiner rechtstechnokratischen Ideologie.
Drittens ist Huxley einer von vielen, die irgend welche Theorien hatten, weshalb es noch lange nicht heißt, daß ich sie total übernehme. Ich mache mir meine eigenen Gedanken, eklektisch, sozusagen.
Mir dergleichen zu unterstellen, wie ich würde als Alternative zur jetzigen Gesellschaft unbedingt Huxley zustimmen, ist ohne Grund und ohne Basis, wobei ich gestehe, daß ich durchaus seinen Roman "Brave New World" (Schöne neue Welt) gelesen habe, diesen aber eher als eine Dystopie ansehe, denn als Utopie.BW alt: Zu Anfang des 20. Jahrhunderts herrschten eine ganze Reihe von Mißständen, auch verbunden mit der Industrialisierung, sowie Überreste des Feudalismus, Analphabetismus, Rückständigkeit in der Medizin, etc.
JeFra: Zu Anfang des 20. Jahrhunderts hatten wir aber gute Aussichten, diese Probleme zu
bewaeltigen. Unsere Gesellschaft war also damals gesund.BW: dieses Postulat scheint begründet, ist es aber nicht. Gelegenheit und Möglichkeiten wären auch heute gegeben. Es war aber, wie damals, Konjunktivfragen, ohne tatsächliche Umsetzung. Wobei es aber auch damals Ansätze gab, wie die Bewegung um Monte Verita und die Wandervögel, welche durchaus gute Ideen hatten.
Meine Kritik geht dahin, die Gesellschaft von damals als gesund anzusehen. Die Kindersterblichkeit war hoch, und die Bedingungen, unter denen die meisten Menschen lebten, miserabel. Damit meine ich nicht die Königshäuser und den Adel, auch nicht die gehobene Bürgerschicht oder den Landadel, sondern die Mägde, Knechte, Tagelöhner, Dienstmädchen, Arbeiter und einen Großteil der Landbevölkerung. Nimmt man die Situation als solche und betrachtet sie als Ganzes, kann durchaus gesagt werden, daß unter einer gesunden Gesellschaft, also einer, in der es allen erträglich bis gut geht, etwas anderes zu verstehen ist.
Kulturkritik, bzw. Zivilisationskritik oder Gesellschaftskritik ist nicht a priori schlecht. Es kommt halt nur darauf an, was damit bezweckt wird. Sie ist auch Mittel zur Reflexion. Es ist keineswegs eine Zumutung, die Frage zu stellen: "Machen wir das, was wir tun, richtig? Geht es nicht auch anders?" Es geht dabei nicht um das Übertragen im Verhältnis 1:1 im Sinne von "Dieses ist ALLES durch und durch schlecht. Jenes aber ist das Patentrezept und das Erste muß vollständig durch DIESE Alternative ersetzt werden."
Es geht dabei um das Hinterfragen von Zuständen, Verhältnissen und Zusammenhängen. Im Falle des Papalagi ist sogar so etwas wie die Anregung, über sich selbst und seine Gewohnheiten zu lachen. Das Lachen über sich selbst, das "sich selbst auf die Schippe nehmen können" aber ist auch etwas Wertvolles, denn es zeigt, daß man sich selbst nicht zu bierernst nimmt und durchaus in der Lage, zu lernen und seinen Erkenntnishorizont zu erweitern. Etwas, das in der Form eher bei den Briten verbreitet ist, als hierzulande. Über sich selbst lachen zu können, scheint hier nicht als Tugend zu gelten, sondern eher als Ärgernis.Auch wird in diesem Buche Kritik geübt an der auch gerade damals in den Städten verbreiteten Naturentfremdung (wie dies auch in ähnlicher Form Leute wie Pfarrer Sebastian Kneipp taten oder eben die lebensreformerischen Bewegungen, welche ich schon nannte).
JeFra: Die Krankheit unserer Gesellschaft ist Resultat der Verbreitung einer krankmachenden Ideologie, die von der Frankfurter Schule in ihre heutige Form gebracht wurde und die bei uns seit 1968 massenwirksam ist. Den dafuer verantwortlichen Kraeften geht es nicht um den Kampf gegen Analphabetismus (das Bildungsniveau in der BRD hat sich seit 1968
kontinuierlich verschlechtert) noch um den Kampf gegen den Feudalismus (lesen Sie
beispielsweise Feuchtwangers 'Jud Suess'), sondern das wichtigste Motiv ist in meinen
Augen der rassistisch motivierte Germanenhass, insbesondere der Hass auf die Deutschen (siehe auch dazu nochmals Feuchtwangers 'Jud Suess', oder irgendeine aktuelle Ausgabe der Zeitschrift 'konkret').BW: Was die Zeitschrift konkret angeht, is diese ungenießbar, da sind wir einer Meinung, wenn auch wahrscheinlich aus verschiedenen Blickwinkeln, wie ich anzunehmen wage. Was das andere angeht, muß ich dem widersprechen. Ich werde diese Sache von hinten aufrollen:
Zum Begriff Germanenhaß. Dieser Begriff setzt voraus, es gäbe Germanen, die wer auch immer hassen könnte. Dem ist nicht so. Das werde ich näher erläutern:
Der Ausdruck "Germanen" war ein recht willkürlicher Sammelbegriff der römischen Besatzer für die rechtsrheinischen Stämme, von denen sich viele durch Gemeinsamkeiten in Kultur und Religion, aber auch in Sprache auszeichneten. Selbst nannten sie sich aber nach ihren Stämmen, nämlich Alemannen, Brukterer, Langobarden, Sachsen usw. Die rechtsrheinischen Stämme aber waren nach heutiger Unterscheidung oft gar keine Germanen im sinne einer geschlossenen kulturellen und sprachlich definierten Ethnie, sondern oft Kelten. Dabei gab es auch die verschiedensten Übergangsformen. So würde jemand, der in der zeit zurückreiste und einen Rheinländer fragte, ob er denn nun Kelte oder Germane sei, im freundlichsten Fall Stirnrunzeln und die Frage ernten, was man denn damit meine.
Nimmt man aber der Vereinfachung halber an, daß mit Germanen alle rechtsrheinischen Völkerschaften zu bezeichnen seien, welche damals lebten,. So muß berücksichtigt weden, daß auch sie a) starke Handelsbeziehungen und somit kulturelle und sprachliche Beeinflussungen von außen hatten, nämlich aus dem Süden von den Römern, aus dem Südosten von Illyrern und anderen dort lebenden Völkern, aus dem Westen von den Kelten (welche wiederum Kulturgut der Pikten und Iberer aufgenommen hatten), aus dem Norden von den Nordvölkern (die wiederum in Verbindung mit den Sami standen) und aus dem Nordosten von Völkern wie Litauern, Pruzzen, Wenden, aus dem direkten Osten von Sorben und anderen. Sie wurden also schon damals beeinflußt und nahmen Elemente anderer Kulturen in sich auf, jedoch EKLEKTISCH, das heißt auf freiwilliger Basis selbst auswählend, was kompatibel ist und was nicht.Im Laufe der Zeit wurden die Germanen, wie auch die Kelten, Wenden, usw., vermischt, wie ich das schon an anderer Stelle einmal ausführte. Somit gibt es heute keine Germanen im kulturellen Sinne mehr, aber auch nicht im "biologischen", da der Phänotyp nur einen sehr geringen Anteil an der Erbmasse ausmacht.
Auch waren die Germanen weder besser noch schlechter als andere. Der Bericht des Tacitus über die Germanen ("Germania") war kein ethnologischer Bericht, sondern eher eine Gesellschaftskritik aus SEINER Sicht an den römischen Verhältnissen, wobei die Germanen zu edlen Wilden hochstilisiert wurden, eine Vorgehensweise, welche wir in der Zeit vom ausklingenden 19. Zum beginnenden 20. Jahrhundert wiederfinden.
Auch sprachlich gibt es keine Germanen. Wohl aber gibt es die germanische Sprachgruppe innerhalb der indoeuropäischen Sprachfamilie. Zu diesen Sprachen gehören Isländisch, Faröisch, Englisch, Norwegisch, Schwedisch, Dänisch, Friesisch, Niederländisch, Deutsch, Flämisch, Afrikaans, Letzeburgisch, Schwyzerdütsch, Jiddisch und Pennsylvania Dutch. Die von Gruppen ausgewanderter Deutscher (bis auf das Pennsylvania Dutch) gesprochenen Formen des Deutschen zählen nicht als eigene Sprachen, sondern als Dialekte.
Es gab niemals eine gemeinsame Lingua Franca zwischen den verschiedenen Mitgliedern der germanischen Sprachgruppe, sondern viele Dialekte und Sprachen. Dabei muß auch beachtet werden, daß Sprachen sich durch eigenständige Veränderung (Regionalisierung, Isolation, Abschleifung) und durch Einflüsse (neue Begriffe für bisher unbekannte Dinge, Beeinflussung durch Kontakt mit anderen Volksgruppen) wandeln. Das Altenglische weist sehr große Ähnlichkeiten mit dem Mittelhochdeutschen auf, und damals hätten sich die Angehörigen der beiden Gruppen ohne viel Mühe verständigen können. Heute gibt es sehr deutliche Unterschiede zwischen Englisch und Deutsch (Hochdeutsch), wobei aber durch gegenseitige Übernahmen wieder eine Annäherung geschieht (Pullover, Swimming Pool, Skateboard, Computer, Teflon im Deutschen, Rucksack, Waldsterben, Kindergarten im Englischen, um nur einige Beispiele zu nennen).Auch zur Zeit der römischen Besatzung gab es kein Gemeingermanisch, das jeder verstanden hätte. Das Altnordische wäre in der Gegend um das heutige Köln nicht verstanden worden, und Alanen und Sueben hatten wohl auch einige Verständigungsprobleme. Das muß man sich vorstellen, als würden ein Kärtner, ein Chemnitzer und ein Neumünsteraner in einen Raum gesperrt. Vorausgesetzt, keiner von ihnen könnte Hochdeutsch (was jetzt eine reine Gedankenspielerei ist, denn Hochdeutsch ist heute Verkehrssprache), hätten sie wohl arge Probleme, zu wissen, was der andere meint.
Das Gleiche gilt für die heutigen romanischen Sprachen und Dialekte.
Worauf ich hinaus will, ist die Tatsache, daß es heute keine Germanen mehr gibt, sondern nur noch verschiedene Völker, welche germanische Sprachen sprechen und unterschiedlich vermischt sind, wobei auch Völker inzwischen germanische Sprachen sprechen, die weder gemeinsame Vorfahren, noch einen gemeinsamen kulturellen Ursprung haben mit den ehemaligen Bewohnern Mitteleuropas.
Wenn es keine Germanen gibt, kann man sie auch nicht hassen, denn es wäre unsinnig und ziemlich albern, etwas zu hassen, was nicht existiert. Hinzu kommt, daß es Zeitverschwendung wäre. Daher gibt es keinen Germanenhaß.
Um die Sache jetzt noch abzurunden, bevor ich auf die anderen zweifelhaften und problematischen Aspekte eingehe, möchte ich noch die religiöse Seite erwähnen:
Die als Germanen bezeichneten Völker hatten sehr unterschiedliche Arten des Glaubens, wenn auch eine sehr grobe Struktur ihnen gemeinsam war. Von dem, was die Germanen glaubten, wissen wir recht wenig. Einiges läßt sich extrahieren aus alten Überlieferungen, aus sagen, Märchen, Funden, aus weiterhin existierenden regionalen Sitten, Gebräuchen und Vorstellungen, welche nicht christlichen Ursprungs sind. Auch dort finden wir Einflüsse von baltischer, römischer, keltischer, nordischer Seite. Durch die Christianisierung ist viel verloren gegangen. Das ist jetzt keine Wertung, sondern eine Feststellung.
Die Schrift des Tacitus ist zweifelhaft, wie auch Julius Caesars wenige Andeutungen in "De Bello Gallico" (Vom gallischen Krieg) nicht viel hergeben. Auch ist es nicht sehr nützlich, die schon von einem Christen gesammelte "EDDA" wortwörtlich zu nehmen und sie pars pro toto auf alle Germanen zu übertragen. Es gibt eine einzige Gruppe, welche auf die alte Weise glaubt, welche aber eindeutig isländischen und nicht kontinentaleuropäischen Ursprungs ist, nämlich die Asatruarfellaghid. Hoffentlich nimmt das Programm dieser seite jetzt das Sonderzeichen an (ein d, welches oben einen Strich durch hat, zu sprechen wie das englische th in "there". Die Asatru (so der Kurzname) berufen sich auf altnordische Überlieferungen und Gebräuche, wobei es dabei aber auch schon Abwandlungen gibt, wie die Wanatru etc.Es muß dabei beachtet werden, daß auch diese Gruppe rekonstruktiv ist, also nicht hundertprozentig von damals bis heute überliefert.
Also gibt es auch religiös keine Germanen, und daher keinen Germanenhaß. Von daher ist die Behauptung der Existenz eines "Germanenhasses" hinfällig.
Ferner ist der Verweis auf "Jud Süß" verdächtig, zumal dieser Roman, von Veit Harlan im Dritten Reich verfilmt, ein Klassiker unter den antisemitischen Propagandafilmen ist. Dieses Buch im Zusammenhang mit der Frankfurter Schule zu nennen, ist albern, da es wesentlich früher entstand. Absichtlich mißverstandene oder als antisemitische Literatur herausgegebene Schriften jedoch können nicht für ernst (im Sinne einer seriösen Quelle) genommen werden, es sei denn, jemand sei paranoid, steckte noch in den Denkmustern der Nazis und würde "den bösen Jud" hinter allem vermuten, was merkwürdig, unverständlich oder ungerecht scheint (wohlgemerkt scheint!) oder hinter tatsächlichen Mißständen.
Auch muß die Frankfurter Schule als Gegenreaktion gesehen werden, gegen frühere Auffassungen, welche erst zur Machtergreifung geführt hatten und gegen verkrustete Zustände, vor allem an den deutschen Hochschulen und Universitäten. Herr Habermas hat in "die Psychopathologie der Staatsräson" einige sehr interessante Gedanken aufgegriffen, ebenso, wie es Maximilian Horkheimer und Theodor Adorno in ihren Werken taten, wobei ich ihnen nicht in allem zustimme, jedoch mir die Freiheit nehme, Teilaspekte und einige der Aussagen als gültig zu betrachten. Jedoch gab es durch die Frankfurter Schule und einige Begleiterscheinungen der 68er Revolte auch unschöne Entwicklungen. Das Gegenteil von etwas Falschem muß nicht unbedingt richtig sein, und das Gegenteil von gut ist oft nicht böse, sondern gut gemeint. Um zu etwas Neuem zu kommen, um Altes abzulösen, muß experimentiert werden. Das geschah damals. Egal ob es die Politischen vom SDS waren, die APO insgesamt, die Hippies oder die Jesus People: Jeder hatte ein Alternativrezept, daß es galt, auszuprobieren. Das Problem war, daß vor allem im pädagogischen Sektor, wie von dir inkriminiert, fatale Fehler liefen, deren Auswirkungen wir heute sehen.
Ich selbst "durfte" verschiedene und für sehr junge Schüler extrem verwirrende Experimente in der Unterrichtsführung erleben. Dennoch ist nicht immer alles falsch, was neu ist, genauso wenig wie alles, was alt ist, automatisch gut ist. Das gilt natürlich auch umgekehrt. Es ist nicht alles gut, was neu ist, und es ist nicht alles schlecht, was alt ist.
Die Auswahl macht es. Dennoch war es kein sehr zur Orientierung beitragendes Erlebnis, einerseits mit der Stimme schnarrende martialische Lehrer, die noch aus dem Krieg übriggeblieben waren einerseits, die prügelten und militärische Disziplin forderten, zu haben und andererseits experimentierfreudige APO-Lehrer/innen, welche die neuesten pädagogischen Theorien ausprobieren wollten inmitten eines zögerlich reformfreudigen Zusammenhanges, wo unwissende Bürokraten des Kultusministeriums die seltsamsten Blüten anordneten und völlig praktikable Konzepte wegbrechen ließen.
Rückblickend kann ich das mit Humor sehen. Dennoch: Es gab auch gute Ansätze, welche dann verwirklicht wurden und auch durch Leute wie Oschatz, Horrmann und Wernstedt nicht zerstört werden konnten.Die Sechziger Jahre pars pro toto als "Unzeit" zu verdammen, ist genauso falsch, wie sie zu idealisieren. Zum einen wurde endlich mal ein vernünftiger Biologieunterricht eingeführt, und später auch ein umfassend informierender Sexualkundeunterricht (eine Entwicklung, welche dazu führte, daß die Tabuisierung des Themas wegfiel, und einige Jahrzehnte später auch das Thema Mißbrauch in der Öffentlichkeit behandelt werden konnte und einige Leute das bekamen, was ihnen zustand). Ferner kam in den sechziger Jahren der Gedanke des Umweltschutzes auf, welcher in der damals noch extrem technologiehörigen Gesellschaft geradezu ein Stein des Anstoßes war und selbst anfangs der Achtziger Jahre noch Schwierigkeiten hatte, sich durchzusetzen und heute einige kleine Siege erringen konnte. Nun, ohne die Querdenker der Sechziger Jahre würde es heute in unserer Umwelt noch schlimmer aussehen, als ohnehin schon.
Ferner begannen gerade in den sechziger Jahren Bereiche wie Medizin und Psychologie große Fortschritte zu machen.
Natürlich gab es auch andere Erscheinungen, wie die Drogenwelle, die Baader-Meinhof-Gruppe und Leute wie Charles Manson. Dies aber darf man nicht verallgemeinern. In den Sechzigern wurde auch die Pille erfunden. Somit wurde einem unverkrampfteren Umgang mit der eigenen Sexualität die Bahn gebrochen. Ich bin zwar nicht der Meinung, daß 2wer zweimal mit der Gleichen pennt, gehört schon zum Establishment", aber daß es in Ordnung ist, wenn zwei Menschen auf Gegenseitigkeit miteinander geschlechtlichen Umgang haben können, ohne Angst vor Vermehrung. Die Befürchtung zügelloser Orgien wie im alten Rom ist dabei völlig abwegig (immanent glaubte ich das aus der Verurteilung der sechziger Jahre herauszulesen). Die Verantwortung für das eigene Tun wurde auch durch die Reformen im Denken nicht abgeschafft. Auch ist heute eher eine neue Prüderie zu beobachten, anstatt einer hemmungslosen Promiskuität, auch wenn Schmuddelsender etwas anderes suggerieren.Wie gesagt, ist Kritik an bestehenden Verhältnissen nicht pars pro toto abzulehnen, jedoch kommt es darauf an, wem es nützt und was vor welchem Hintergrund bezweckt werden soll.
Grundsätzlich jedoch ist kritisches Hinterfragen recht und billig, redlich und angemessen.
Wichtig dabei ist aber auch, daß etwas Konstruktives dabei herauskommt, denn das beliebte "Alles kaputtdiskutieren", wie es in den Achtzigern Gang und Gäbe war, ist frustrierend und nicht nur kontraproduktiv, sondern oft destruktiv.JeFra: Ich habe den starken Verdacht, dass der Autor Ihres Buches dieser Ideologie wenigstens in einigen Punkten nahesteht. Mir ist auf Grund der Struktur der Gesellschaft der Suedseeinseln nicht klar, warum aus dieser Gegend nuetzliche Anregungen zur Bewaeltigung von Problemen wie Ueberreste des Feudalismus, Analphabetismus, Rueckstaendigkeit in der Medizin kommen sollen. Die Suedseeinseln sind aber ein beliebtes Sujet bei Autoren, die den Leuten eine Traumwelt vorgaukeln und den Ausstieg aus der Industriegesellschaft als ein erstrebenswertes Ziel erscheinen lassen wollen.
Badland Warrior: Hier treten zwei Denkfehler auf: Die erwähnten Mißstände waren nur einige, um zu zeigen, daß der Beginn des 20. Jahrhunderts NICHT gesund war, sondern sogar ziemlich krank. Der Autor bemängelt die Trennung und Entfremdung des Menschen von der Natur. Auch wird dabei die strenge Hierarchie, welche damals noch herrschte, kritisiert, bzw. in Frage gestellt, im Sinne von "Was hat das für einen Sinn?". Ebenso wird das materialistische Geldsystem kritisiert. Hier möchte ich hinzufügen, daß ich die Industrialisierung, die wir gezwungenermaßen unterstützen in der Welt, in der wir leben, für eine gefährliche Sackgasse halte, ebenso wie den Kapitalismus. Ehe hier nun Zweifel aufkommen, füge ich hinzu, daß ich den Kommunismus für genauso schädlich halte und den Anarchismus als Hirngespinst von Idealisten, welche nichts von der eigennützigen natur des Menschen begreifen wollen, verwerfe.
Es geht mir auch nicht darum, zum jetzigen Zeitpunkt eine gangbare Alternative für heute anzubieten, sondern zu überlegen, welche Gesellschaftsform für DANACH, also nach dem Zusammenbruch, angemessen wäre. Dieses auch deshalb, weil eine heutige Reformierung nicht möglich wäre und nur eine Behandlung der Symptome bedeutete, aber nicht die Behebung des Problems an sich. Nach dem Motto: "Nicht das System hat Probleme, sondern das System IST das Problem." Deshalb betrachte ich die jetzige Gesellschaft als ein Provisorium, jedoch eins, das im Vergleich zu anderen Systemen NOCH human ist, obwohl es auf die Dauer nicht funktionieren kann. Dabei gehe ich, wie bekannt, vom Zusammenbruch der heutigen Systeme im Geldcrash und später im Dritten Weltkrieg aus.Badland Warrior, alt: Dazu bitte ich, die Gesellschaft genau anzusehen und Oswald Spenglers
"Untergang des Abendlandes" zu lesen, sowie "Global 2000". Momentan haben wir das Präludium zum Finale der Gesellschaft, wie wir sie kennen. Bitte dazu auch die Prophezeiungen zu berücksichtigen.JeFra: An die Prophezeiungen glaube ich nicht und den Club of Rome halte ich eher fuer einen Teil des Problems. Zu Spengler moechte ich mich in einem separaten Beitrag
aeussern. Ich sehe Probleme wie die von Theo Stuss hier beschriebenen als die eigentlich zentralen Krisensymptome an. Den Autor Ihres Buches habe ich eben im Verdacht, der dafuer verantwortlichen Ideologie nahezustehen. Ich gebe natuerlich zu, dass ich mich da taeuschen kann.Badland Warrior: Die Antwort darauf werde ich wie das Gallien in Julius Caesars Werk "De bello gallico" dreiteilen: Erstens frage ich mich, weshalb du in einem Prophezeiungsforum schreibst, wenn du die Prophezeiungen für irrelevant hältst. Schließlich dreht es sich ja hier um Prophezeiungen und das aktuelle Zeitgeschehen vor dem Hintergrund derselben. Eine Erfüllung von Prophezeiungen kann man aber nur annehmen, wenn man die Relevanz derselben in Betracht zieht. Ferner ist die Vorbereitung auf das Kommende nur möglich, wenn angenommen wird, das zumindest eine Wahrscheinlichkeit besteht, daß die vorausgesagten Dinge eintreffen könnten, nämlich Crash, Bürgerkriege, Dritter Weltkrieg.
Wo ordnest du dich da ein, bzw., welche Stellung nimmst du dazu?Was Spengler betrifft: Seine Aufteilung der Geschichtsabfolge ist für mich nicht im Besonderen relevant, sondern im Allgemeinen. Er geht, wie Toynbee, davon aus, daß Kulturen entstehen, einen Zenit erreichen und dann zerfallen. Diese Hypothese läßt sich belegen anhand jeder Kultur, welche jemals existierte. Die Römer, Griechen, Perser, Azteken, sie alle hatten eine Zeit des Beginns, des Aufstiegs und des Niedergangs. Unsere Kultur hat ebenfalls eine Zeit des Aufstiegs gehabt und zerfällt nun. Diese Grundthese als Essenz (!!!) läßt sich ohne Weiteres übertragen.
Auch der Zerfall unseres Systems läßt sich belegen. Da ist die These vom unendlichen Wirtschaftswachstum nicht haltbar. Diese läßt sich aber auch in anderer Form nicht halten: Die ökologischen Notwendigkeiten als Teil der Umwelt zwingen uns, pragmatisch zu denken und unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Dies ist einleuchtend, sieht man doch, daß jede Tierart in ihrem Territorium sich einfügt.
Die Notwendigkeit, die eigenen Lebensgrundlagen zu sichern, um das Überleben nicht nur für sich, sondern auch für kommende Generationen zu sichern, ist einsehbar, bis natürlich auf Leute wie den von dir gern zitierten LaRouche, welcher jede Art der Erwähnung von Umweltschutz als verdammenswert ansieht. Da ließen sich viele Belege für finden. So wird Mülltrennung von ihm verächtlich gemacht, und jeder, welcher sich für Umweltschutz einsetzt, wird in ein schlechtes Licht im Sinne seiner Verschwörungstheorien gerückt.Du schreibst: "Spengler steht also der Ideologie bestimmter angelsaechsischer oder juedischer Kreise, die eine Weltherrschaft der USA anstreben, naeher als man gemeinhin glaubt."
Spengler schrieb zu einer Zeit, als die USA zwar schon groß waren, aber noch nicht viel Einfluß hatten. Von heute auf damals zu projizieren ist also unzulässig. Ferner ist es etwas völlig Normales, wenn ein großes Land seine Interessen verteidigt, und für jeden denkenden Menschen einsehbar, daß es immer besser ist, eine Demokratie zu unterstützen, als unterdrückerische Regimes. Welche zwei anderen Kandidaten hätten wir denn noch? Wir haben Russland, das sicherlich kein Vorbild sein kann, und China erst recht nicht. Es geht auch nicht darum, daß über der ganzen Welt das Sternenbanner wehen soll. Das beabsichtigt niemand. Ferner: Es gibt keine jüdische Weltverschwörung. Es hat sie nie gegeben. Sie ist ein Konstrukt antisemitischer Kreise, um diese Religionsgemeinschaft auszulöschen. Wenn nun ein Katholik oder Methodist in Bushs Regierung etwas sagt, so wird oft nur das, was er sagte, angegriffen. Ist es aber ein Jude, so wird gleich ein Schachzug der nichtexistenten "Weisen von Zion" vermutet. Weshalb dies? Weil manche Leute nicht nachdenken wollen und für alles einen Sündenbock brauchen, und wenn die Begründungen noch so sehr konstruiert sind. Hier in Deutschland sind diese Theorien natürlich deswegen beliebt bei Leuten, die nicht nachdenken wollen, weil man damit den Holocaust entschuldigen will, nach dem Motto: "Die Juden waren ja selber schuld!" Das aber geht eindeutig, genau wie wirre gefälschte Theorien über Flugscheiben, in eine Richtung, welche gut zuzuordnen ist: Den äußersten rechten Rand, inklusive Nazi-Esoterik. Bist du ein Anhänger des Nationalsozialismus? Mehrfach schriebst du schon etwas über die angeblich "gefälschte deutsche Geschichte". Antworte einfach mit ja oder nein. Das dürfte nicht weiter schwierig sein.Was den Club of Rome angeht, welcher einen Meilenstein in der Voraussicht geleistet hat, ist LaRouche ja auch nicht gut auf ihn zu sprechen. Dennoch muß gesagt werden, daß es gut ist, sich Gedanken um die Erhaltung des Lebensraumes zu machen, in welchem wir uns befinden. Auch deswegen, um an die kommenden Generationen zu denken. Wir müssen achtsam mit der Umwelt umgehen und recyceln, wo es geht. Seit den Achtzigern hat sich viel getan, zum Glück. Der Planet soll ja schließlich später auch bewohnbar sein, und aus endlichen Ressourcen kann man nicht unendlich viel rausholen. Man MUSS auch nicht alles haben. Dies ist wieder der alte Konflikt zwischen Konsumorientierung und Bescheidenheit.
Was der Industrie nützt, das nützt nicht immer dem Einzelnen. Da möchte ich als beispiele mal die Katastrophen von Bhopal und Seveso erwähnen und die Skandale um Minamata mit der Itai-Itai-Krankheit, und die Pharmaskandale um L-Tryptophan, Duogynon und Contergan. Dies ebenso wie die jahrzehntelange Verseuchung von Rhein und Elbe.
Es ist also die frage zulässig, ob nicht grundsätzlich etwas nicht stimmt. Allerdings lese ich zwischen den zeilen bei dir heraus, daß du gegen jede Art von ökologischem Denken deine Vorbehalte hast. Das ist auch nachvollziehbar, schließlich zitierst du oft LaRouche, welcher eine entsprechende Ideologie verbreitet. Nun frage ich: Was ist deine Motivation, hier zu schreiben? Und weshalb spielst du immer wieder auf angebliche Geschichtsfälschungen an, wirst aber nie konkret? Weshalb verteidigst du die Flugscheibensache, welche doch ersichtlich aus dem Dunstkreis alter und neuer Nationalsozialisten kommt, eine Art Nazi-Messianismus? Wo stehst du? Weshalb verwirfst du die These, daß die Kultur, respektive Zivilisation, zerfällt? Welches ist dein Ansatzpunkt innerhalb dieses Forums? Was willst du bewirken?Badland Warrior
- Re: Antwort an JeFra!!!!! Eve 17.6.2002 22:08 (1)
- Re: Antwort an JeFra!!!!! Badland Warrior 18.6.2002 07:30 (0)
- Grosser Gott!! peacemaker2002 17.6.2002 15:26 (1)
- Re: Grosser Gott!! Badland Warrior 17.6.2002 20:34 (0)