Rotchinas Frühjahrsmanöver
Geschrieben von Swissman am 18. Mai 2002 16:39:04:
Es ist wieder Zeit für das, mittlerweile schon traditionell zu nennende, jährliche Frühjahrsmanöver der rotchinesischen "Volksbefreiungsarmee": Es wurden bereits ca. 100'000 Mann aller Waffengattungen in Südostchina (nahe der Strasse von Formosa) zusammengezogen, die in zwei bis drei Tagen mit einem Grossmanöver beginnen werden. Die Zielsetzung besteht (wie jedes Jahr) darin, kombinierte Landeoperationen, unter Einbezug aller Waffengattungen, zu üben. - Mit anderen Worten: Ein amphibischer Angriff auf Taiwan. Das Manöver soll sich dieses Jahr über volle sechs Monate erstrecken!
Wie ich bereits vor drei Wochen vermeldete, sind zudem für August gemeinsame sino-russische Manöver in der Mandschurei und im Gelben Meer angesagt. - Offensichtlich geht es also auch und vor allem darum, die Koordination der Operationen auf (mindestens) zwei verschiedenen Kriegsschauplätzen zu exerzieren. Es würde mich nicht im Mindesten überraschen, wenn zusätzlich auch Nordkorea in den nächsten sechs Monaten grössere Manöver abhalten würde.
Nicht zuletzt sind auch in Russland, wenn man die Erfahrungen der letzten Jahre zugrundelegt, in nächster Zeit (Zeithorizont: maximal einige Wochen) zeitlich ausgedehnte landesweite Manöver zu erwarten.
Grunsätzlich lässt sich sagen, dass die Russen und die Rotchinesen jährlich mindestens ein Grossmanöver abhalten. Dabei fällt, nebst den phantasievollen Bezeichnungen (West 99, Kampfgemeinschaft 2000), auf, dass sie an Umfang (sowohl an Teilnehmerzahl, als auch an zeitlicher und räumlicher Ausdehnung - im Rahmen von "Kampfgemeinschaft 2000" wurden z. B. allein 25 Mio Schuss Infanteriemunition abgefeuert) von Jahr zu Jahr zunehmen. Die Vorgehensweise ist natürlich sehr geschickt: Da die Manöver ja westlichen Stellen gegenüber als solche angekündigt werden, sieht kaum jemand einen Grund zur Beunruhigung. Die Warnungen der wenigen Nachrichtendienstler aber, die den Iwan durchschauen, werden in den Augen ihrer Vorgesetzten von Jahr zu Jahr unglaubwürdiger. Und irgendwann wird man dann aus einem Manöver heraus angreifen - zur allgemeinen Verwunderung des Westens.
Anwar el Sadat ist bei den Vorbereitungen zum Yom-Kippur-Krieg ganz ähnlich vorgegangen: Selbst die meisten Offiziere der Angriffsspitzen wurden erst am Vortag des Angriffes darüber informiert.