EU-Minister wollen EU-Wertpapiermarkt rasch umsetzen
Geschrieben von ExImagina am 23. März 2001 14:39:55:
Stockholm (Reuters) - Regelungen zur Schaffung eines gemeinsamen Wertpapiermarktes in der Europäischen Union können künftig leichter und schneller verabschiedet werden. Die EU-Finanzminister einigten sich in der Nacht zum Freitag in einer Sondersitzung im Vorfeld des EU-Gipfels in Stockholm auf entsprechende Beschlussregeln. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sprach von einem "ausgesprochen gelungenen Kompromiss, der sicherstellt, dass wir rasch in den gemeinsamen Finanzmarkt einsteigen können". Die Einigung stelle sicher, dass die EU-Kommission in sensitiven Fragen für die Wertpapiermärkte keine Regelungen gegen den Willen der EU-Länder durchsetzen könne. Eichel konnte damit eine zentrale deutsche Forderung durchsetzen.
Mit dem beschleunigten Gesetzesverfahren soll sicher gestellt werden, dass die Kernregeln für einen EU- Wertpapierbinnenmarkt bis Ende 2003 auf den Weg gebracht werden können, um bis zum Jahr 2005 den gemeinsamen Markt im Finanzbereich schaffen zu können. Eichel sprach ebenso wie EU- Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein von einem Durchbruch zu einem einheitlichen europäischen Finanzmarkt, der ein Wachstumsmarkt sein werde. Bolkestein sagte, er wolle das neue Beschlussverfahren noch in diesem Jahr nutzen, um einheitliche Regeln gegen den Insider-Handel vorzuschlagen.
Angesichts der sich rasch wandelnden Märkte sei es wichtig, schnelle regulative Verfahren zu haben, sagte Eichel. Damit wurde die letzte Hürde zwischen Ministerrat und Kommission auf dem Weg zur Umsetzung schneller Gesetzgebungsverfahren in diesem Bereich ausgeräumt. In dem Kompromisstext hieß es, die Kommission verpflichte sich, in "sensitiven" Fragen keine Regelungen gegen die vorherrschende Meinung der EU-Länder durchzusetzen. Eichel hatte als einziger der 15 Minister auf eine solche Formulierung bestanden und damit die Sondersitzung in Stockholm erzwungen. Diplomaten zufolge hatte die Bundesregierung befürchtet, andernfalls könnten sich in der EU Regelungsmodelle durchsetzen, die sich an britischen Vorbildern orientieren und damit einen Nachteil für den Finanzplatz Frankfurt darstellen könnten. Eichel sprach von einer für alle Seiten befriedigenden Lösung.
Auslöser des Streits um den Einfluss der EU-Kommission auf die anstehende Regelung der EU-Wertpapiermärkte war ein Vorschlag einer vom ehemaligen belgischen Notenbankchef Alexandre Lamfalussy geleiteten Expertengruppe für ein beschleunigtes Verfahren, um die Regeln für einen gemeinsamen Wertpapiermarkt rasch umzusetzen. Danach hätte die EU-Kommission Vorschläge auch gegen die Mehrheit der EU-Länder durchsetzen können. Denn die Mitgliedsländer konnten dem Vorschlag zufolge Initiativen der EU-Kommission nur mit einer qualifizierten Mehrheit - dies entspricht etwa einer zwei Drittel Mehrheit - ablehnen. Eichel hatte dieses Modell vehement abgelehnt. Diplomaten sagten zur Begründung des deutschen Widerstands, Eichel und Bundeskanzler Gerhard Schröder stünden in der Verantwortung für den Finanzplatz Frankfurt.
Eichel sagte nach der Sitzung in Stockholm weiter, Regelungen, die einen Finanzplatz in der EU benachteiligen könnten, könnten nun vom Ministerrat gestoppt werden. Andererseits stelle der Kompromiss aber sicher, dass schnelle Beschlüsse gefasst werden könnten. Mit dem von den Finanzministern beschlossenen beschleunigten Verfahren sollen technische Detailfragen etwa zu Vorschriften gegen den Insider- Handel auf Vorschlag der Kommission in Regelungsausschüssen gebilligt werden, die von Regulatoren beraten werden. Eichel hatte aber argumentiert, auch technische Fragen könnten im sensiblen Wertpapiermarkt große wirtschaftliche Bedeutung für einzelne Finanzplätze haben. Deshalb dürfe die EU-Kommission nicht gegen die Mehrheit der EU-Länder Vorschläge durchsetzen können. Diese Forderung sei mit dem Kompromiss erfüllt.
In der EU muss es nun auch letzte Gespräche mit dem Europäischen Parlament geben, das ebenfalls auf ein Mitspracherecht besteht. Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser sagte indes, er sei nach der Einigung zwischen den Ministern und der Kommission optimistisch, dass eine Einigung gelingen werde. Die Europäische Union hatte zwar 1999 den Euro als gemeinsame Währung eingeführt. Die Wertpapiermärkte blieben aber bislang durch verschiedene Rechtsvorschriften, Aufsichtsbehörden und Regelungen zur Rechnungslegung zersplittert. Dies soll mit dem neuen Entscheidungsverfahren bis 2005 abgestellt werden.
Gruß
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