falsche Propheten, Medien, Hofnarren und Verschleierung

Geschrieben von Torsten am 02. Mai 2002 19:43:55:

Liebe Leute,

was ist ein falscher Prophet? Leider habe ich keine Ahnung, wovon in der Offenbarung die Rede ist. Im Deutschen könnte es nämlich genausogut "sich irrender" wie "irreführender" Prophet heißen. Gleichbedeutende andere Formulierungen mögen das verdeutlichen: ist der Paranoiker oder der Demagoge gemeint.

Ich würde zu letzterer Version neigen, weil nur ein solcher psychologisch geschickter (Irre-)Führer richtigen Schaden anrichten kann.

Ich meine nicht irgendein theoretisches Problem, sondern eine heute gesehene Aufzeichnung einer Pressekonferenz des Bundesverbandes Deutscher Banken, gehalten von einem Dr. (nochwas, Hülfert oder so). Zunächst: es geht weltweit bergauf. Zusatzinformation: das sagen Stimmungsindikatoren, während die objektiven erst folgen werden. Weiter: die Amis stecken ganz besonders tief im Dreck, und in Europa siehts (auch in Folge) nicht viel besser aus. Schlußfolgerung: kein Grund zur Sorge, weil es bergauf gehen wird. Begründung: keine, aber wir wissen genau, daß es so ist.

Natürlich waren da viel mehr Worte, aber immer, wenns konkret wurde, gings bergab und der Aufschwung war von einer Flut von Fremdworten und unlogisch (wenn überhaupt) verknüpften Details begleitet.

Man hätte es für Kabarett halten können, aber leider war es keins. Für jeden Medienvertreter gab es genügend geschickte Formulierungen, um eine optimistische Meldung daraus zu basteln. Das Beste daran: nicht Einer in der Informationskette hat schuldhaft gelogen! Was können die Propheten dafür, wenn wir sie nicht richtig verstehen?

Früher gab es an Königshöfen Angestellte, welche auch vorsätzlich und situationsunabhängig gute Laune verbreiteten. Man nannte sie Hofnarren. Heute gibt es sie auch. Ich möchte ihre offizielle Berufsbezeichnung jedem selbst überlassen.

Ihre Funktion ist die des (nach Johannes) falschen Propheten. Die Parallele der Wirkung ist gegeben: die Erzeugung und Erhaltung falscher Verhaltensweisen, welche zu richtig großem Ärger führen. Ich will da noch nicht einmal auf große zukünftige (und nur eventuell eintretende) Katastrophen hinaus, sondern nur darauf, ab und zu mal die Augen aufzumachen, um sich zu schauen und dabei die Dollarzeichen in den Pupillen zu unterdrücken.

Ehe mir jetzt ein geballtes "Mach ich doch." entgegenschlägt, stelle ich die Frage "Machen wir das wirklich?". Oder glauben wir lieber der angenehmeren Lüge?

Viele Grüße

Torsten

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