Frevel an heiligen stätten und massaker...

Geschrieben von peacemaker2002 am 24. April 2002 23:18:32:

oh mann und frau...!!!

keine weiteren fragen...

link...siehe unten

und jetzt der frevel

Die Saud-Connection

Die Ölprinzen gelten als Freunde des Westens. Doch die Spuren des
Terrorismus dieser Tage führen nach Riad. Seit Jahrzehnten versuchen
die Herrscher den Spagat zwischen Glaube und Profit. Als Preis zahlen
sie Milliarden an den militanten Islam

Von Christian Schmidt-Häuer


Am Tag, der die Welt
erschütterte, verlor der
Polizeikommandant der
saudi-arabischen
Küstenstadt Jizan zwei
seiner Brüder. Nawaf und
Salim al-Hamzi hatten auf
dem American-Airlines-Flug
Nummer 77 die Sitze 5F und
5E gebucht.

Der Saudi Hani Handschur,
als Pilot einer
kommerziellen Fluglinie ausgebildet, half ihnen, die Boeing in das Pentagon zu
steuern. Er stammte aus dem Hause eines reichen Geschäftsmannes bei Mekka.

Madschid Moqid, ein weiteres Mitglied der Todescrew, hatte die
rechtswissenschaftliche Fakultät der König-Saud-Universität in Riad besucht. Er war
der Sohn eines beduinischen Stammesfürsten aus der Umgebung von Medina.

15 der 19 Selbstmordattentäter von New York und Washington kamen aus
Saudi-Arabien. Die meisten aus den besten Familien. Einige, so behaupten die
Behörden in Riad, besaßen falsche Pässe und andere Staatsbürgerschaften. Woher
sie auch stammten: Nirgendwo sonst auf der Welt konnten die 15 ihre Visa so
leicht erhalten wie von der amerikanischen Botschaft in Saudi-Arabien.

"Immer wieder forderten mich hochrangige amerikanische Diplomaten auf,
unüberprüften Antragstellern Einreisegenehmigungen in die USA zu erteilen", hat
Michael Springman ausgesagt. Er leitete Ende der achtziger Jahre das
US-Konsularbüro in der saudischen Hafenstadt Dschidda. Springman gab BBC
Newsnight jetzt zu Protokoll: "Meine Aufgabe war, Visa an Terroristen auszugeben.
Die CIA und Osama bin Laden hatten sie rekrutiert. Sie sollten in den USA für den
Einsatz in Afghanistan gegen die damaligen Sowjettruppen ausgebildet werden."

Das Vertrauen war zu groß, die Kontrolle zu lasch. Die Dynastie der Saudis musste
mit Samthandschuhen behandelt werden. Seit Franklin Roosevelts Tagen
garantierte das konservative Königshaus die Ölversorgung der Amerikaner und
das Weiße Haus die militärische Sicherheit der Saudis vor Neid, Nationalismus oder
Sozialismus der Nachbarn. Die Prinzen und die Präsidentenentourage in
Washington investierten in gemeinsame Geschäfte. Erst als das World Trade
Center im Inferno versank, begriff die US-Administration, was sie anfangs selbst
mit gefördert und später mit angesehen hatte: Aus dem Wüstenstaat quoll schon
seit Jahren ein zweiter schwarzer Stoff - die Droge des Dschihad.

Treibstoff für den Heiligen Krieg

Nicht in den Höhlen des zerbombten Afghanistan hat der fundamentalistische
Terror seinen spirituellen Ursprung gehabt. Weder in den älteren noch in den
jüngeren "Schurkenstaaten", in Libyen oder im Iran, im Irak oder im Sudan sind
die bizarren theologischen Denkgewölbe angelegt worden, aus denen heute die
weltumspannende Vernichtungsstrategie gegen die Ungläubigen hervorschießt. Der
Treibstoff für den Heiligen Krieg einer neuen Generation stammt von der größten
Tankstelle des Westens, die zugleich die heiligste Stätte aller islamischen Pilger ist:
aus dem Königreich zwischen Rotem Meer und Golf.

Die Mischung ist alt. Sie setzt sich zusammen aus einer aggressiv puristischen
Version des Islam, dem Wahhabismus, und dem weltlichen Herrschaftsanspruch
der Dynastie. Mit dieser Staatsreligion haben die Herrscher - Könige und Imame in
Personalunion - die ganze arabische Halbinsel erobert. Mit ihr stiegen sie in nur
einem Jahrhundert aus den Beduinenzelten und Lehmburgen in die Glaspaläste und
Wolkenkratzer von Riad auf. Aber je weniger sich die fast 5000 Prinzen noch an
die rigorose Lehre hielten, desto eifriger stifteten sie der Welt Moscheen,
Religionsschulen, Glaubenskrieger. So versuchten sie, sich von den Milliardendeals
mit den "Ungläubigen", vom Frevel ihrer vorsichtigen Modernisierungsversuche
reinzuwaschen.

Kein anderes Land hat zusammen so viele Milliarden Dollar und auch militante
Manpower nach Afghanistan, Pakistan, Palästina, Tschetschenien und Bosnien
geschickt wie dieser Staat mit seinen 22 Millionen Einwohnern. Anstelle der
exportierten Krieger - und weil sie selbst nicht gern körperliche Arbeit verrichten -
haben die Saudis Millionen Hilfskräfte aus den Anrainerstaaten kommen lassen.
Dem Westen sichert das Land als Kartellführer der Opec den Ölpreis, den
Amerikanern ein Fünftel all ihrer Rohöleinfuhren. Zugleich hat das Wüstenreich in
den vergangenen Jahren 100 Millionen Dollar in die amerikanischen
Muslimgemeinden investiert, um sie zur spartanischen Islamversion der
Wahhabiten zu bekehren.

Das sind freilich Peanuts, verglichen mit den Milliarden, welche die Prinzen in
Amerika und Europa für Rüstungsgüter inklusive hoher Provisionen hinblättern. In
München läuft gerade der Prozess gegen den Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber
und zwei ehemalige Thyssen-Manager wegen der Panzergeschäfte mit dem
Königreich.

Die amerikanische und die britische Führung sind mit den Saudis unvergleichlich
enger verbandelt als deutsche Unterhändler und Politiker. Zwischen der Familie
Bush und der Familie Osama bin Ladens bestehen alte Geschäftsbeziehungen.
Beide Häuser trafen sich beim kometenhaft aufgestiegenen Rüstungslieferanten
Carlyle Corporation. Vater Bush und der heutige Präsident erhielten von der
Gesellschaft Bezüge als Berater beziehungsweise Filialdirektor. Die Saudi Binladen
Group war zuletzt mit zwei Millionen Dollar an der Firma beteiligt.

Das riesige Konstruktionsunternehmen und Handelshaus der bin Ladens war vom
Vater des amerikanischen Staatsfeindes Nummer 1 gegründet worden. Der hatte
sich mit Talent, Sparsamkeit und Einfallsreichtum vom jemenitischen Einwanderer
zum ersten Baulöwen des Königshauses hochgearbeitet. Als der gläubige, aber
nicht fanatische Firmenpatriarch 1968 mit einem Privatflugzeug abstürzte,
übernahmen einige seiner 50 Söhne die Konzernleitung. In den neunziger Jahren
besuchten Expräsident Bush und Exaußenminister Baker die bin Ladens während
einer Saudi-Arabien-Visite. Da hatte Osama das Geschäft, auf das er sich weniger
verstand, schon verlassen und trug seinen Millionenanteil in den Glaubenskrieg. Als
das saudische Königshaus seinen früheren Dschihad-Missionar 1994 ausbürgerte,
enterbte ihn auch die Familie offiziell.

Unmittelbar nach dem 11. September zog sich die Saudi Binladen Group aus der
Carlyle Corporation zurück, um die Peinlichkeit nicht auf die Spitze zu treiben.
Vorstand der Carlyle Corporation ist der frühere US-Verteidigungsminister Frank
Carlucci. Ihn verbindet eine enge Freundschaft mit dem heutigen
Verteidigungsminister Donald Rumsfeld aus den gemeinsamen Tagen in einer
Ringermannschaft der Princeton-Unversität.

Auch andere angesehene Mitglieder früherer US-Regierungen waren oder sind
direkte oder indirekte Partner der Saudi Binladen Group. Ex-Außenminister James
Baker gehörte zu den Beratern der Carlyle Corporation. Einer seiner Vorgänger,
George P. Shultz, sitzt im Vorstand der Investmentgesellschaft Fremont Group, an
der die Saudi Binladen Group ebenfalls einen Anteil hat. Viele der privaten
Bankgeschäfte der Laden-Familie liefen über die Citigroup, an deren Spitze der
angesehene frühere Finanzminister Robert Rubin steht. Die Geschäftsverbindungen
sind nie ein Staatsgeheimnis gewesen. Doch nach dem 11. September sieht das
Familienpuzzle, das die Journalistin Jane Mayer für den New Yorker akribisch
zusammengesetzt hat, nicht gut aus für George W. Bush. Schwer wiegen die
Vorwürfe, die jetzt aus verschiedenen Geheimdienstquellen durchsickern. Der
Präsident soll vor dem 11. September die Überwachung saudischer Staatsbürger
gebremst oder behindert und Warnungen vor der zunehmenden Instabilität des
Königreiches in den Wind geschlagen haben. Mag sein, dass die Dienste damit
auch von ihrem eigenen Versagen ablenken wollen, das die Terroranschläge
erleichterte. Doch aufhorchen lässt die Aussage eines Sohnes von Osama bin
Laden. Der Harvard-Absolvent Abdallah bin Laden, der auch nach den Attentaten in
den USA blieb, hat verschiedenen Gesprächspartnern versichert: Er sei zur
Aussage bereit gewesen, doch niemand habe ihn vorgeladen.

Noch belastender nimmt sich die Anklage eines Toten aus. John P. O'Neill war nur
wenige Wochen vor dem 11. September Sicherheitschef für die Zwillingstürme
geworden. Er wurde von ihren Trümmern begraben. Bevor er den Posten antrat,
der ihm zum Schicksal wurde, hatte er das New Yorker FBI-Büro für
Terrorbekämpfung geleitet. In dieser Funktion hatte er sich im vergangenen Juli in
einem Gespräch unter vier Augen mit dem französischen Sicherheitsexperten
Jean-Charles Brisard bitter über die Behinderung des FBI durch das amerikanische
Außenministerium beklagt. Brisard, der selber jahrelang Recherchen über bin
Ladens Finanzimperium angestellt hat, zitiert O'Neill in dem Buch Ben Laden: La
Vérité Interdite, das er und sein Coautor Guillaume Dasquié in dieser Woche in
Frankreich vorstellen.

"Alle Antworten, alles, was wir brauchen, um bin Ladens Organisation zu enttarnen,
ist in Saudi-Arabien zu finden", vertraute O'Neill dem Franzosen an. Doch das FBI
habe keine freie Hand, um seine Nachforschungen über den Terror anzustellen.
Das State Department mische sich ständig ein. Die USA, so O'Neills resignative
Bilanz, sei nicht bereit, Saudi-Arabien wegen Osama bin Laden zur Rede zu stellen.
Die Öldiplomatie beherrsche Amerikas Außenpolitik.

Diese Diplomatie hat bin Laden mit seinen Terroranschlägen empfindlich getroffen.
Die Beziehungen zwischen dem Weißen Haus und dem Königshaus haben sich in
wenigen Wochen so abgekühlt wie nie zuvor seit dem ersten und einzigen Treffen
zwischen Präsident Franklin Roosevelt und Ibn Saud auf einem US-Kriegsschiff in
den vierziger Jahren, auf das der saudische König unbedingt 100 Schafe zur
Beköstigung mitnehmen wollte.

Die amerikanischen Geheimdienste sind jetzt doppelt verstimmt. Aus ihrer Sicht
hat Präsident Bush nicht nur die aktuelle Bedrohung der amerikanischen
Sicherheitspolitik im Nahen Osten, zu der die Kontrolle der arabischen Ölschätze
gehört, zu lange ignoriert. Sie werfen zugleich den Saudis vor, ihre Karten im
Great Game gegen den Terrorismus nicht offen auf den Tisch zu legen. Die
National Security Agency (NSA) nahm den Ärger zum Anlass, um dem Journalisten
Seymour Hersh allerlei despektierliche, wenn auch nicht überraschende
Einzelheiten aus seit 1994 abgehörten Telefonaten des Königshauses zukommen
zu lassen. Die Saudis protestierten gegen ihre Gewohnheit offiziell und empört.

"Die Mitschnitte zeigen", berichtete Hersh im New Yorker, "ein zunehmend
korruptes Regime, das sich den religiösen Kräften des Landes entfremdet hat und
so geschwächt und verängstigt ist, dass es seine Zukunft verpfändete, indem es
Hunderte von Millionen Dollar Schutzgeld an fundamentalistische Gruppen zahlt,
die es stürzen wollen." Pensionierte und aktive Agenten werden mit dramatisch
klingenden Prognosen zitiert: "Das Saudi-Regime wird in absehbarer Zeit in die
Luft fliegen ... Wenn die Terroristen in Saudi-Arabien etwas Ähnliches unternehmen
wie am 11. September, schnellt der Ölpreis auf 100 Dollar pro Barrel hoch."
Untermauert werden solche Zitate mit der Erkenntnis einer 15 Jahre alten
CIA-Studie, wonach Terroristen nur wenig Sprengstoff brauchten, um die Ölfelder
für zwei Jahre stillzulegen.

Luxuslimousinen als Geschenk

Neu ist das meiste nicht. Um die Korruption, Geldgier und Moral der Prinzen ranken
sich seit Jahrzehnten Endzeitgeschichten. Am Ende der Ära Ibn Saud schickte einer
der höchsten Prinzen, der seine Apanage verjubelt hatte, einen Diener ins
Finanzministerium. Der verlangte mit gezückter Pistole weiteres Geld für seinen
Herrn. Ibn Sauds erster Nachfolger, König Saud, machte bei seinem Antrittsbesuch
in Qatar dem Emir 40 amerikanische Luxuslimousinen zum Geschenk.

Auf der anderen Seite hat das Haus Saud auch immer wieder sparsame,
unbestechliche und professionelle Prinzen hervorgebracht wie König Feisal oder
den jetzigen, integren Kronprinzen Abdallah. Der auch schon 77-Jährige, 12. Sohn
Ibn Sauds, führt seit längerem die Amtsgeschäfte für seinen Halbbruder König
Fahd. Er ist fromm, aber nicht fanatisch und hat sich keineswegs "von den
religiösen Kräften entfremdet". Er stemmt sich gegen die Korruption und will
zugleich die westliche Kultur nicht als allein selig machendes Wertesystem
hinnehmen.

Zwei Wochen vor dem 11. September schrieb der Kronprinz einen prophetischen
Brief an George W. Bush, von dem die Öffentlichkeit zunächst nichts erfuhr. Darin
beklagte er sich über die amerikanische Nahostpolitik. Wenn Washington seine
Position gegenüber den Palästinensern nicht differenziere, würde es für
Saudi-Arabien schwer, an dem bisherigen Kurs zum Wohle beider Länder
festzuhalten. "Es ist Zeit", so mahnte Abdallah, "dass die USA und Saudi-Arabien
auch auf ihre unterschiedlichen Interessen achten. Regierungen, die nicht den Puls
des Volkes fühlen und auf ihn reagieren, kann das Schicksal des iranischen Schahs
drohen."

Inzwischen ziehen viele amerikanische Kommentatoren Parallelen zwischen dem
Iran und Saudi-Arabien. Aber die Vergleiche hinken. Schah Reza Pahlevi hatte den
Pfauenthron nicht in jahrzehntelangen Kämpfen aus eigener Kraft erobert, sondern
war 1953 mithilfe der CIA an die Macht gekommen. Er versuchte, den schiitischen
Iran in die moderne, säkulare Welt zu katapultieren, ohne die lange, rebellische
Tradition seines Volkes zu beachten. Das Haus Saud dagegen eroberte die Macht
nicht nur in den klassischen Beduinenschlachten, die T. E. Lawrence in den
zwanziger Jahren in seinem Buch Seven Pillars of Wisdom besang. Es
"dezentralisierte" seine Herrschaft auch durch eine geschickte Heiratspolitik über
die vielen Stämme. Vor allem hat die Familie Saud, seit sie vor 100 Jahren die
Macht in Riad zurückeroberte, politisch zu überleben verstanden.

Diebe verlieren die Hand

Der Einsturz des Welthandelszentrums hat jedoch gezeigt, dass die saudischen
Prinzen und deren geistliche Berater die Kontrolle über ihren Islamexport verloren
haben. Sie können zwischen unaufhaltsamer Modernisierung und den unbeirrbaren
Predigern von fast 1400 Jahre alten Glaubens- und Lebensregeln nicht mehr
vermitteln. Ihre Doppelrolle als geopolitische Statthalter des Westens und religiöse
Würdenträger der Wahhabiten hat sie überfordert.

Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts hatten sich die Sauds wenig von den anderen
arabischen Stammesfürsten ihrer Heimatprovinz Nedschd unterschieden. Eines
Tages aber nahm Mohammed Ibn Saud , der Herrscher des Stadtstaates Darija bei
Riad, einen Wanderprediger mit Namen Scheich Mohammed Ibn Abdul Wahhab in
seinem Hause auf. David Holden, der 1977 in Kairo ermordete, brillante
Nahostreporter britischer Zeitungen, hat diese Begegnung prophetisch "eine der
schicksalshaftesten für Arabien seit den Tagen Mohammeds" genannt.

Der Religionsgelehrte fand zu "seiner ewigen Freude" in der Familie Saud das
Schwert, um den Islam zu reinigen und den militant-religiösen Staat des Propheten
wiederzuerrichten. Er selbst konnte darüber nur predigen. Mohammed Ibn Saud
hatte seine Vision am Wüstenhorizont: Das Wort, die Botschaft des Predigers
würde ihn über seine ständig die Schwerter kreuzenden Wüstenrivalen erheben. Er
besiegelte die Allianz, indem er seinen Sohn Abd al-Aziz mit der Tochter des
Religionsgelehrten verheiratete.

Das war 1744 - und seitdem haben Abdul Wahhab und seine Nachfahren für die
saudischen Prinzen und später an den Kabinettstischen den Koran interpretiert.
Streng wachen sie über die Scharia, den "Pfad", den das Heilige Buch vorschreibt.
Als Gottesstaat ist Saudi-Arabien bis heute nicht von diesem Pfad abgewichen. Es
gibt keine politischen Parteien, keine Wahlen, keine unabhängige Presse und
Justiz. Ehebrecherinnen können noch immer gesteinigt werden, Drogenhändler und
Schwerverbrecher verlieren den Kopf unterm Krummschwert, Diebe die Hand.

Doch ohne die radikale Lehre Abdul Wahhabs wären die Saudis wohl nur eine
große, traditionsreiche Familie geblieben wie andere auch. Die militante
Glaubenslehre motivierte ihre Krieger, die Todeskommandos nicht mehr scheuten
und ihr Leben ohne Bedenken für das Haus und die heilige Botschaft einsetzten. So
dehnte sich der kleine Stadtstaat - was zuvor nur der Prophet Mohammed selbst
vollbracht hatte - bald über ganz Zentralarabien aus. Und blieb zugleich in der
engen geistlichen Rüstung einer jahrhundertealten Wüstenmoral stecken (Siehe
Kampf gegen das Fremde, Seite 18).

Zwischen 1804 und 1806 eroberten die zuvor zerstrittenen, nun zu wahhabitischen
Bruderschaften zusammengeströmten Beduinenclans die Städte des Propheten,
Medina und Mekka. Ihr Siegeszug von Küste zu Küste bedrohte die damalige
osmanische Herrschaft über Arabien. Deshalb trieb der türkische Statthalter in
Ägypten, Mohammed Ali, die Kamelkolonnen der Wüstenkrieger in mehreren
Schlachten zurück. Ende des 19. Jahrhunderts mussten die Sauds sogar vor ihrem
ärgsten arabischen Rivalen, der Familie al-Raschid, aus Riad nach Kuwait flüchten.
Doch sie kehrten bald zurück.

Waren es wirklich 19 Männer? Und 15 echte Saudis? Oder waren es doch weniger?
Das wird niemand mehr klären können. Die Legenden haben die Geschichte
schnell überwuchert. Auf jeden Fall pirschte sich der schwer bewaffnete Trupp im
Schutze des Palmenhains, der die Oasenstadt Riad damals noch umgab, an die
Stadtmauer heran. Die Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1902 blieb dunkel, denn
der Fastenmonat Ramadan war gerade vorüber und der Neumond noch sehr
schwach.

Die Männer kletterten über die bröckelnde Mauer, sprangen in die Stadt hinunter
und schlichen zur Festung Masmak. Von ihr aus hatte die Familie Saud bis 1883
geherrscht. Jetzt schlief Ibn Adschlan, der Gouverneur der al-Raschids, zur
Sicherheit hinter den Burgmauern. Gleich gegenüber lag das Haus seiner Familie,
und daran schloss sich ein weiterer Bau an. Darin lebten noch alte Diener der
Sauds. Das war das Netzwerk, das die Männer aus der Dunkelheit ansteuerten.

Die Diener zeigten ihnen den Weg über das Dach in das Haus des Gouverneurs.
Aus den vergitterten Fenstern beobachteten die Eindringlinge das Tor der Festung,
während sie Koranverse beteten. Eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang trat der
Gouverneur mit seinen bewaffneten Männern aus der niedrigen Pforte, um bei
seinen Frauen Kaffee zu trinken. Doch aus seinem Haus stürmten ihm die Männer
mit kurzen Speeren, Pistolen und Krummdolchen entgegen. Ibn Adschlan fiel im
Gemetzel.

Bald nach Sonnenaufgang erschien der Anführer des Trupps mit dem Ruf "Al
Saud!" auf den Zinnen der Lehmburg. Er warf den abgeschlagenen Kopf des
Gouverneurs in die aufgeschreckte Menge. Die aber schlug sich schnell auf seine
Seite. Der Mann in Siegerpose, über 1,90 Meter groß, war Abd al-Aziz Ibn Abdal
Rahman Ibn Saud - der Sohn des vertriebenen Herrschers von Riad. Nur 21 Jahre
alt, hatte der Feuerkopf mit anderen Familienmitgliedern und ein paar Sklaven die
Residenz zurückerobert. Als König Ibn Saud brachte er später Saudi-Arabien auf
die Weltbühne.

Heute, genau ein Jahrhundert später, liegt die Lehmfestung Masmak als fast
unauffindbares Museum in der Altstadt von Riad. Ihre Türme, die einst den
Karawanen schon von ferne am Horizont erschienen, wirken geduckt zwischen
Highways und Riesen aus Stahlbeton und Glas. Damals aber sah der junge Abd
al-Aziz, den die westliche Welt später zur Vereinfachung Ibn Saud nannte, von den
Zinnen auf eine Stadt hinunter, die im ganzen 19. Jahrhundert nur drei Europäer -
Engländer, wer sonst - erreicht hatten. Die Kolonialmächte expandierten in
fruchtbarere Regionen. Als Ibn Saud, der in drei Jahrzehnten rastloser Gefechte
die arabische Halbinsel wiedergewann, 1913 den Türken die Provinz al-Haza
entriss, konnte er noch nicht ahnen, dass er unvorstellbaren Reichtum unter seinen
Füßen hatte. Und dass diese Springquellen, die im März 1938 emporschossen, sein
Land auch zur Pilgerstätte der Ungläubigen machen würden.

Mit dem Haus Saud kehrte damals die Lehre des Abdul Wahhab zurück. Ibn Saud
war der neue Imam, dem sich die Glaubenskämpfer anfangs in fanatischer Treue
verschrieben. 500 Kilometer nördlich von Riad bildete sich 1912 eine Bewegung,
die mit der Zeit ähnlichen Schrecken und Terror verbreitete wie mehr als ein
Menschenalter später die Taliban. Ein kleines Dorf namens Artawija zog immer
mehr Männer an, die ihr wenig frommes Nomadendasein gegen ein Leben in
militantem Islamismus tauschten, die ihre Kamele und Schafe für den Koran, den
Pflug und das Schwert weggaben. Die Bekehrungsbewegung nannte sich Ikhwan,
Brüder.

Ibn Saud stellte sich bald selbst an die Spitze der Erweckungsgemeinden, um die
Glaubenswächter lieber einzuspannen als auszugrenzen. Er tat, was die heutigen
saudischen Prinzen auch versucht haben - nur war er von anderer Statur. Harold
Dickson, der damalige britische Gesandte in Bahrain, schrieb in seinen
Erinnerungen, dass er Ibn Saud seine Besorgnisse über den Ikhwan vorgetragen
habe. "Ach Dickson", antwortete der, "keine Angst! Ich bin der Ikhwan, sonst
niemand."

In ihren Feldzügen waren die Soldaten des Ikhwan ähnlich erfolgreich wie die
Taliban im afghanischen Bürgerkrieg. "Ich sah", beschrieb Hafis Wahba in seinem
Buch Arabian Days, "wie sie sich ohne die geringste Todesangst auf ihre Feinde
stürzten, gleichgültig, wie viele von ihnen fallen würden ... Normalerweise kennen
sie keine Gnade und verschonen weder Junge noch Alte - wahre Todesboten,
deren Hand niemand entkommt."

Versöhnung durch Vermählung

Doch sie bedrohten nicht nur den Feind. Sie töteten nicht nur Christen. Sie
richteten auch Muslime hin, die den Koran nicht korrekt zitiert hatten. Wer den
Gebetsruf versäumte, den traktierten sie mit Peitschen. Als die Ikhwan-Truppen
1924 Mekka für das Haus Saud zurückeroberten, zerschlugen sie Porträts und
Musikinstrumente und zerstörten Gräber von Heiligen als Götzendienst - die
Taliban taten es ihnen jüngst nach, als sie die Buddhastatuen in Zentralafghanistan
sprengten.

Der Ikhwan führte zur inneren und äußeren Bedrohung des neuen Staates.
Während Ibn Saud alle militärischen Zusammenstöße mit den Briten zu vermeiden
trachtete, dehnten die Glaubenskrieger ihre blutigen Streifzüge in das
transjordanische und irakische Mandatsgebiet der Engländer aus und fielen in
Kuwait ein. Ihre Bewegung konnte ohne neue Dschihads nicht weiterexistieren -
auch darin sind die heutigen Gotteskrieger Wiedergänger des Ikhwan. Ibn Saud
handelte. Mit einer neuen Armee aus Städtern und einem loyalen Beduinenstamm
überrannte er die Wüstenzelte der überraschten Fundamentalistenheere. Der
Ikhwan verschwand für 50 Jahre von der politischen Landkarte. Aber er sollte sich
zurückmelden. Wieder aus Saudiarabien.

Ibn Saud folgte dem Propheten - in Krieg und Frieden. Mohammed hatte einst viele
Ehen geschlossen, um die zersplitterte arabische Welt zu einen. Der neue
Herrscher der al Saud tat es ihm nach. Ibn Saud sicherte seine Eroberungen durch
ein Netz von Heiraten. Die Mutter des heutigen Kronprinzen Abdallah war die Witwe
eines sei


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