Staat und Religion nach dem Knall

Geschrieben von Badland Warrior am 21. April 2002 17:18:36:

Gott und der Staat

Die Zeit nach dem WK III wird nicht nur durch politische Umstrukturierungen gekennzeichnet sein. Ausgehend von der wahrscheinlichen Annahme, daß danach nur noch sehr wenige Menschen übrig bleiben, muß davon ausgegangen werden, daß auch diese wenigen Überlebenden sich über kurz oder lang wieder zusammen tun, um gemeinsam besser über die runden zu kommen. Da es selbst in Westeuropa sehr verschiedene Systeme gibt, vom säkularen Zentralismus der Franzosen über die föderalistische parlamentarische Demokratie Deutschlands bis zu den konstitutionellen Monarchien Spaniens und Großbritanniens, die langsam von Zentralismus abkommen und einem föderalistischen Modell zustreben, wird man sich einigen müssen, was man haben will. Es wird angesichts dessen, daß wahrscheinlich sehr viele einfache Gemüter übrig bleiben, welche nichts oder wenig von Politik verstehen und andere Leute, welche die Nase voll haben von dem, was die bisherige Politik ihnen angetan hat, und auch aufgrund dessen, daß Menschen erfahrungsgemäß besonders in schlechten Zeiten ein Leitbild haben müssen, der Ruf nach einem König erwachen.
Weshalb aber ein König? Der König ist eine archetypische Figur, der Häuptling, der oberste Kriegsherr, der "Vater des Volkes", eine Figur also, die fest im menschlichen Bewußtsein verwurzelt ist, auch in Märchen und Mythen auftaucht (man denke an die Artussage oder die um Kaiser Barbarossa) und damit weitaus tiefer verankert ist, als z. B. ein Präsident, Kanzler oder gar ein 1. Staatssekretär des ZK. Ferner taucht der König auch als "Der Herrscher" als Karte 4 des Tarot auf, und selbst im normalen Skatblatt, im Poker und in den romanischen Versionen des Kartenspiels, welche statt Herz, Pik, Kreuz und Karo die ursprünglicheren Varianten Stäbe, Kelche, Münzen und Schwerter haben..
Ferner ist die Demokratie wie wir sie heute kennen erst jüngeren Datums und hat auch ihre Fehler und Schwächen. Das Volk aber strebt erfahrungsgemäß nach einfachen Lösungen.
Also wird, auf welche Art auch immer, ein König an der Spitze stehen. Das wird nach einigen Voraussagen Heinrich der Glückliche sein.

Doch, um mit Goethes Faust zu sprechen und die Gretchenfrage zu stellen: "Heinrich, sag, wie hältst du's mit der Religion. Ich weiß, du bist ein herzensguter Mensch, allein, ich glaub, du hältst nicht viel davon.", wie wird das Volk und damit auch der König, es mit der Religion halten, bzw. welche Art von Religion wird dann noch übrig sein oder sich gar neu bilden?
Die Seher sprachen alle davon, daß die Religion nach dem Kriege christlich oder gar katholisch wäre. Was ist davon zu halten?

Die meisten Seher waren katholisch, was auch angesichts dessen, über welchen Zeitraum sich die Gesichte und Prophezeiungen erstrecken, erklärlich ist. In Europa gab es eine ganze Zeit offiziell nur die katholische Kirche als einzig anerkannte christliche Kirche, abgesehen von einigen Abweichlern, die als Ketzer betrachtet wurden, weil sie von dem, was die katholische Kirche lehrte, abwichen. Würde man einen Querschnitt durch Europa machen, etwa von Gibraltar und der Spitze von Sizilien ausgehend, bis nach Hammarfest und den Orkneys, würde man feststellen, daß ein Großteil der heutigen europäischen Bevölkerung immer noch katholisch ist. Ließe man den konfessionellen Filter außer Acht, ergäbe sich, daß etwa 80 - 90% der europäischen Bevölkerung der einen oder anderen Kirche oder christlichen Splittergruppe angehört, also - Feinheiten jetzt mal außer Acht lassend, christlich sind.
Der Rest der Bevölkerung, wenn er nicht gerade aus Konvertiten besteht, die zum Hinduismus, Buddhismus, zum Wicca, anderen Varianten des Neuheidentums, oder zu diversen monotheistischen Gruppen übergetreten sind, bzw. Einwanderer aus islamischen oder hinduistischen Ländern, ist in irgend einer Weise christlich geprägt. Zumindest wird jeder etwas mit dem Namen Jesus verbinden, ob nun theologisch (welcher Richtung auch immer) korrekt oder auch nicht. Und die meisten werden wohl bei Paulus in erster Linie an den Briefeschreiber aus dem NT denken und nicht an den Panzergeneral.

Daraus ergibt sich, daß repräsentativ aus den Überlebenden wohl die meisten christlich geprägt sind, wenn nicht sogar sehr fromm in der einen oder anderen Richtung.
Das Christentum, wie wir es aber kennen, ist letztendlich aus der Richtung des Paulus hervorgegangen, auch wenn es sich heute noch so schrill und unterschiedlich präsentiert. Letztendlich haben sie hauptsächlich die Lehren des Paulus und drum herum den ganzen rest an Dogmen. In der Frühzeit der Kirche gab es sehr viele und heute recht fremd und exotisch anmutende Richtungen, welche mittlerweile ausgestorben sind oder nur noch in Restbeständen existieren. Das Christentum nahm im Lauf der Jahrhunderte viele Elemente aus den Kulturen auf, in die es eingebracht wurde. Es nahm, um es deutlich zu sagen, heidnische Elemente auf und begann, Feiertage und Praktiken zu integrieren, welche wir vergebens in der Bibel suchen. Doch selbst dort begegnen einem schon Elemente, welche aus noch früheren und eben auch heidnischen Schichten stammen. Der Fisch, die Taube, das Lamm, der Löwe, sie tauchen alle auch bei den Babyloniern und anderen Kulturen auf. Doch ich will hier nicht provozieren, denn ich könnte noch weiter gehen, und jeder soll glauben, oder zu glauben lassen, was er lustig ist.

Das möchte ich vorausschicken. Der Mensch ist unheilbar religiös, in der einen oder anderen Form. Teenager himmeln Britney Spears oder irgend eine Boygroup an, Fußballfans vergöttern ihren Verein. Für einige Wissenschaftler ist das, was irgend ein bestimmter Vordenker gesagt hat, sakrosankt, und im Kommunismus gab es einen riesigen Ikonenkult um Marx, Lenin, Engels, Mao, Stalin und wie sie alle hießen, festliche Umzüge, welche denen der Kybele um nichts nachstanden, etc. pp. Und die meisten Menschen suchen nach einem tieferen Sinn des Lebens, fragen sich, was nach dem Tod ist, oder suchen zumindest in irgendeiner Form Trost in Überlieferungen. Dafür spricht auch die Esoterikwelle, wo viel verbreitet und gelehrt wird, was jedem Menschenverstand Hohn spricht, aber auch einiges darunter ist, was tatsächlich Inhalt und Gehalt hat. Ebenso spricht dafür die teilweise Hinwendung nach den archaischeren Formen der Religiosität und die Beschäftigung mit Schamanismus, Wicca, und den neuheidnischen anderen Gruppen, wie Neokelten und Asatru, sowie den abstrusesten Mischformen, die davon im Umlauf sind.

Gerade nach schlimmen Ereignissen und ganz besonders nach bis in die tiefste tiefe gehenden Erschütterungen des Daseins wenden sich viele Menschen dem Glauben zu, in welcher Form auch immer. Davon profitieren alle Gurus, Kirchen, Sekten, und auch die fiesesten okkulten Rattenfänger aus der ganz dunklen Ecke. Je mehr Angebot es gibt, desto eher beginnt der Mensch, sich etwas auszusuchen. Wenn aber jemand nicht unbedingt der Missionarstyp ist, der jedem glaubt, erzählen zu müssen, wie man richtig und an was man zu glauben hat, wird er sich, auch wenn er vielleicht ein paar Dinge anders sieht, einer schon bestehenden Gruppe anschließen, einmal aus Herdentrieb und zweitens wegen der Gruppendynamik, der Geborgenheit und dem gemeinsamen Praktizieren des Glaubens, auch wenn man sich vielleicht mal in die Haare kriegt. Ferner gibt es heute auch Phänomene wie die Ökumene, also die Zusammenarbeit von Kirchen verschiedener konfession, z. B. im caritativen Bereich, oder auch bei gemeinsamen Veranstaltungen des Dialogs und der gemeinsamen Religionsausübung. Ein gutes Beispiel ist Taizé, wo Jugendliche und junge Erwachsene zusammen kommen, um gemeinsam, unabhängig der Konfession, zu glauben, zu singen und zu beten, und wo man unter Umständen sogar einen Pfingstler, mit leicht schlechtem Gewissen neben einem Orthodoxen und einem Katholiken vor der Madonna stehen sehen kann, und wo es weniger um die Buchstaben des Dogmas geht, sondern um das gemeinsame Erleben. Ebenso gibt es den konziliaren Prozeß und Veranstaltungen, wo christliche Priester mit denen anderer Religionen sich austauschen. Und, wie gesagt, auch das Christentum, selbst wenn es vielleicht mancher nicht gern hört, hat im Lauf der Geschichte, mal hier und mal dort abgekupfert und bestimmte Sachen integriert, die früher nicht dazu gehörten.

Was wird also geschehen, wenn die Menschen sich nach dem Krieg zusammenfinden? Sie werden Trost und Halt suchen, während sie am Tage härtestens arbeiten. Sie werden nach Sinn suchen. Und wenn in einer Ortschaft nur solche überlebt haben, welche jeweils einer anderen Konfession angehörten, werden sie sich wohl doch, besonders die Gläubigeren, zusammenraufen, vielleicht sogar einen Prediger wählen oder ernennen und die komplizierten Auffassungen beiseite lassen. Da werden dann wohl Baptisten, Methodisten, Reformierte, Lutheraner, Altkatholiken, Adventisten und römische Katholiken in irgend einer Form einen Konsens finden müssen, um miteinander klar zu kommen. Man muß berücksichtigen, daß dann die Leute wohl in Erinnerung dessen, was geschah, Streit wohl eher aus dem Wege gehen werden und die meisten sowieso nicht so felsenfest an allen Dogmen des jeweiligen Kataloges kleben oder auch nur einen Schimmer von all dem haben, was dahinter steckt, sei es nun Ideengeschichte, Katechismus oder was auch immer.
Um es deutlich zu sagen: Wo in einer Ortschaft nur zehn Leute übrig sind, muß man sich arrangieren, und da bleibt wenig Raum für Sektierertum oder scholastisches Geplänkel, ob Jesus nun durch die Wandlung in der Hostie nochmals geopfert wird oder ob er nur symbolisch anwesend ist oder ob es ein Gedächtnismahl ist. Die Leute leben ohnehin nie alle 150prozentig ihren Glauben, egal welchen, da man als Mensch nicht vollkommen ist, und so wird man Kompromisse suchen und eine vereinfachte abgespeckte Form des Glaubens leben. Was aber ist mit den Andersgläubigen? Nun, die meisten derer, die heute zu irgendwelchen exotischen Gruppen laufen, tun das wohl eher aus der Suche nach Sinn oder der Suche nach einem besonderen "Kick", als daß sie wirklich dahinter stehen. In der im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung winzig kleinen neuheidnischen Szene (egal welcher Ausrichtung) gibt es viele, die irgendwo noch mit einem Bein in der Kirche stehen und versuchen, mehr schlecht als recht und inkonsequent zweigleisig zu fahren. Sie werden wohl ziemlich schnell genauso wie die allgemeinen Sinnsucher, in der neuen Kirche aufgehen und sich mit Räucherwerk, schönen Liedern und fröhlichen Kirchenfesten abfinden. Die Hundertprozentigen werden wohl vereinsamen und auch durch ihren dann sozialen Außenseiterstatus ziemlich schnell verschwinden oder sich zumindest nach außen hin den neuen Gegebenheiten und dem Druck der Gruppe beugen. Andere werden sich vielleicht bekehren. Die esoterischen Christen werden wohl, konfrontiert mit harter Arbeit und als einzigem Angebot die Kirchenveranstaltungen, einiges an ihren Überzeugungen verlieren und darin ebenfalls aufgehen. Die Universalisten nehmen sowieso alles und werden bald nicht mehr von normalem Kirchenvolk zu unterscheiden sein. Diejenigen, welche extremen Sekten der christlichen Art angehörten, werden wohl entweder oberflächlich mitmachen und sonst versuchen, sich rauszuhalten oder sich nach und nach mit Hingabe dem neuen Glauben hingeben. So mancher ehemalige Mormone und so manche ehemalige Zeugin Jehovas wird dann wohl mit ehemaligen Angehörigen anderer Gruppen dem Pfarrer zuhören und das Agnus DE I mitsingen.
Das kann sich zwar heute kaum jemand vorstellen, wo doch jeder um seinen Glauben kämpft und die Wahrheit zu haben glaubt, aber nach so einem Erlebnis wie dem WK III und nach so einem Massensterben werden sich die Leute auch in der Richtung arrangieren müssen, in der einen oder anderen Form, und da nunmal heute schon Bestrebungen da sind, den Dialog zu führen und nach dem WK III die Katholiken immer noch in der Überzahl sind, wird die Bevölkerung Westeuropas wahrscheinlich katholisch werden, wenn auch vielleicht mit gebremstem Schaum, damit alle integriert werden können und man sich nicht in sinnlosen Streitigkeiten ergeht, weil man sowieso im selben Boot sitzt und jeder reibungslos mitanpacken muß.
Es schrieben ja auch die Propheten, daß dann vor allem Südeuropäer wie Italiener und Spanier beim Bau der Kirchen mitanpacken werden, und daß es eine einheitliche Kirche gibt. Sie wird vielleicht katholisch sein, im Sinne von "allgemein", aber sie wird wahrscheinlich auch katholisch sein im Sinne dessen, daß sie viel von dem, was heute an Elementen im Katholizismus vorhanden ist, übernehmen wird, wie den Heiligenkult, Räucherwerk, Liturgie, Gewänder und bunte Umzüge.

Bei einigem davon bin auch ich nicht so sehr erbaut, aber ich sehe es als durchaus realistisch an, und der Mensch an sich braucht Hoffnung, um besser leben zu können. Und sowohl die Wahrscheinlichkeiten als auch die Prophezeiungen sprechen für die Umstände, welche ich beschrieb.





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