Re: 144.000 - Bibelstelle

Geschrieben von Torsten am 21. April 2002 15:22:55:

Als Antwort auf: Re: 144.000 - Bibelstelle geschrieben von Der Michi am 21. April 2002 13:35:25:

Liebe Leute,

natürlich möchte ich hier nicht 144000 Überlebende als DIE Zahl verkaufen. Zahlenspielereien halte ich auch nicht für sinnvoll, da das ganze dezimale Zahlensystem ein künstliches und nur eines von vielen ist. Schon jede so glatte Zahl mahnt zum Zweifel.

Aber für ganz so doof sollte man die Leute um die Zeitenwende nicht halten, daß damit ihr mathematischer Horizont erreicht war. Schon in den Büchern Mose ist beim Auszug aus Ägypten von 600000 die Rede. Die konnten sicher besser mit Zahlen umgehen als wir in unserer taschenrechner- und computerverwöhnten neuzeitlichen Arroganz eingestehen wollen. Sicher nicht als Allgemeinwissen, aber das liegt eher am Bildungssystem als an mangelnder Erkenntnis. Das ist heute auch nicht anders.

Aber erstens ist sicher eine dramatische Reduzierung der Weltbevölkerung gemeint und zweitens klingen die Ereignisse so, als ob hier im globalen Maßstab Bedingungen eintreten, welche mit dem (Über-)Leben nicht vereinbar sind.

So richtig neu ist das auch nicht: schon bei anderen Ereignissen wurde fast das gesamte Leben auf der Erde ausgelöscht. Abgesehen von den zwei Kometeneinschlägen vor 250 und 65 Mio Jahren gab es auch Ereignisse in der Menschheitsgeschichte, welche fast der Schlußpunkt gewesen wären. Leider kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wieviele Individuen übrigblieben, aber vor 70-80000 Jahren starb die Menschheit beinahe aus (dafür sprechen Ergebnisse der Evolutionsgenetik). Ich glaube, es geht da um nur einige -zig Individuen. In diesen Zeitraum wird auch der Ausbruch eines Supervulkans auf Toba datiert - vor 74000 Jahren. Und die Leute hatten sicher eine robustere Konstitution und mehr praktische Fähigkeiten zum Überleben als wir.

http://volcano.und.nodak.edu/vwdocs/vw_hyperexchange/toba.html
http://www.berlinonline.de/wissen/berliner_zeitung/archiv/2001/0814/wissenschaft/0002/

Auch in der Evolutionsbiologie (ebenfalls im engen Zusammenhang mit der Genetik) gibt es die "Flaschenhalstheorie" (im Deutschen Sprachgebrauch natürlich üblicherweise als "bottleneck theory" bezeichnet), welche besagt, daß Sprünge in der Entwicklung in solchen Zeiten sehr kleiner Populationen und extremer Umweltbedingungen eintreten - ein Modell, welches viele sonst schwer erklärbare Beobachtungen und Erkenntnisse leicht erklärlich macht - wie die Entwicklung der Chromosomensätze oder die zeitliche Ballung der Artenentstehung (z.B. Säuger nach Ende der Dinos).

Da es bereits mehrfach passierte, wird es wohl nicht das letzte Mal gewesen sein. Die Frage ist nicht ob, sondern wann und wie groß die freigesetzte Energie ist. Und was uns jetzt als Spezialisierung und Professionalität Heimcomputer beschert, welche die Supercomputer der 80er in den Schatten stellen, wird sich dann schlagartig als Pferdefuß entpuppen. Weil es dann nicht darum geht, aus Spaß am Bildschirm rudelweise Moorhühner zu ihren Ahnen zu gesellen, sondern ohne Jagdgewehr des letzten mageren Moorhuhns im Revier habhaft zu werden, um aus seinem Verzehr die Energie zum dann notwendigen Revierwechsel zu gewinnen.

Die Einstellung "mir kann das nicht passieren" hat noch keinem geholfen, welcher plötzlich doch ein Kind überfahren hatte - dem Kind schon gar nicht. Die Einstellung "in meiner Lebenszeit wird das nicht passieren" wird sich zumindest für einen kompletten Satz Erdbevölkerung als falsch erweisen.

Viele Grüße

Torsten


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