Re: Assassinen und esoterischer Islam
Geschrieben von Templar am 18. April 2002 14:37:20:
Als Antwort auf: Der Alte vom Berg? Meinst Du die Haschischin? (o.T.) geschrieben von Mischel am 18. April 2002 14:13:07:
Hallo Mischel
Diesen text habe ich vor ungefähr einem halben Jahr nach dem 11. September geschrieben, aber ich schätze mal er könnte dich interessieren...
Ich muss da ein wenig ausholen, denn zur Esoterik im Islam ist wohl den meisten nichts bekannt.
Etwa gegen ende des vierten Jahrhunderts flüchteten Gruppen von Hermetikern aus verschiedenen Schulen vor den Verfolgungen der christlichen Staatskirche in den Jemen zu den Sabäern, welche ähnliches initiatorisches Geheimwissen hüteten. In jahrzehntelanger Übersetzungsarbeit wurden die 42 Traktate des Thot aus dem Griechischen ins arabische übersetzt. Man könnte sagen das bekannte Geheimwissen wurde arabisiert. Die neu entstandene Gruppe nannte sich Sufis. Sie integrierten auch das esoterische Wissen des Islam und teilten es in 99 Stufen analog den 99 Namen Gottes im Koran ein. Dazu kamen die Erkenntnise über die Alchimie die als kim-ya aus China gekommen sein soll.
622 gelang Mohammed dieErrichtung des Gottestaates mit sich an der Spitze als Priester-König. Dieser Gottesstaat bestand aus Muslimen die nur den exoterischen Sinn der Korans kannten, sowie aus Mu'minîn, die auch den esoterischen Inhalt erfassen konnten. (Nichts neues unter Sonne).
Nach dem Tode des sechsten Imam der esoterischen Muslime im Jahre 765, dem verschiedene gnostisch-hermetische Werke zugeschrieben werden, spalteten sich die Anhänger in zwei Lager. Diejenigen die für seinen, vor ihm gestorbenen Sohn Ismail als Imam eintraten, wurden Ismailiten oder Siebener-Schiiten genannt (sie glaubten der verstorbene Sohn sei nur in die Verborgenheit gegangen und werde am ende aller Tage als Mahdi/Erlöser wiederkehren und das Goldene Zeitalter auslösen. (Kommt einem irgendwie bekannt vor...., die andere Gruppe bekannte sich zum noch lebenden Sohn des Imam und werden Imamiten oder Zwölfer-Schiiten genannt, ihre Lehre ist seit 1501 im Iran die Staatsreligion)) Diese hielten sich im südlichen Irak verborgen und organisierten sich nach dem Vorbild der Essener/Therapeuten in einem Orden mit hierarchischem Aufbau und Initiationsriten, wobei der zweite Grad die Streiter Gottes zur Errichtung des Gottesstaates darstellte. (Der erste Grad war derjenige der Handwerker) Erst danach begann die Einweihung in den inneren Kern der Geheimlehre. Die Eingeweihten (arab. bâtinî) trugen ein weisses Gewand und eine rote Schärpe, wie die Essener.
Die Ismailiten vereinigten das hermetische Wissen mit orientalischen Lehren aus der Gnosis, Erkenntnissen des Manichäismus sowie die Lehren verschiedener iranischer und jüdisch-christlicher Glaubensgemeinschaften. Zu ihren Glaubensinhalten gehörten die Reinkarnation, die Vergöttlichung ihrer Führer der Imame und Libertinismus. Die sieben Stufen der Läuterung begannen mit dem Meister eines Handwerks, sowie der Ausbildung an der Waffe, am ende des zweiten Grades war man dann ein Streiter Gottes. Erst nach Abschluss der körperlichen sowie geistigen Übungen gelangte man in den dritten Grad, den inneren Kreis wo die Geheimlehre vermittelt wurde. Die Brüder des dritten Grades hiessen Rafiq (Genosse, Gefährte), die des vierten Grades Dâ'i (Prediger, Missionar, Lehrer) und die des fünften Grades al-Dâ'i alkabîr (Grossprior). Den sechsten Grad erreichten nur wenige Auserwählte, der siebte Grad war dem Stellvertreter des Imam vorbehalten. Ihre innere Struktur entsprach den Regeln der Therapeuten. Da ihr Ziel die Wiederauferstehung des Gottesreiches war, waren ismailitische Missionare und Agenten in allem islamischen Ländern aktiv.
Um 800 gründete Maaruf Karkhi ebenfalls im südlichen Irak den Gehimorden der Baumeister, als anderen Weg zur Erlangung der esoterischen Erkenntnis nach der arabischen Fassung der Thoth-Traktate. Die Bruderschaft war ein klassischer Geheimbund mit Initiationsriten, geheimen Schwüren, gewählten Oberhäuptern und einer besonderen Ideologie die sowohl mystisch, als auch sozial war. Im Gegensatz zu den Ismailiten beschränkte man sich auf die Vermittlung von höchstem okkultem Wissen an die Mitglieder, gab sich ansonsten aber weltlich, unpolitisch und unreligiös und stand als überkonfessionelle Organisation jedem offen. Ob Araber, Christ oder Jude. Man könnte sagen, dass sie erkannt haben dass wahres Wissen um die persönliche "Erleuchtung" eigenen Gesetzmässigkeiten folgt und kaum etwas mit Religion zu tun hat. Ihre Ideologie war denn auch in dieser Zeit etwas revolutionäres und völlig neuartiges. Auch sie teilten ihr Wissen wie die Sufis in 99 Stufen ein und betonten die Freiheit des Individuums. Sie praktizierten mündliche Überlieferungen, Informationen und Initiationen, und drückten sich in Allegorien, Symbolen und Anspielungen aus, die den Bauleuten entnommen waren. Rühmten die Erhabenheit und Würde der Baukunst und bezeichneten sie als "Königliche Kunst". Die Bruderschaft bestand aus vier Graden: Lehrling, Geselle, Meister und Eingeweihter. Erst der vierte Grad fürhte zum Geheimwissen. Wie bei den Hermetikern galt der Bruderschaft der Salomonische Tempel als Vollendung allen Strebens nach Perfektion. Sie liessen auch die Legenden von dessen Erbauung unter Leiter Hiram wieder aufleben. --> Vor diesem Hintergrund wird ziemlich klar wo genau der Ursprung der Freimaurerei und ihren Strukturen eigentlich liegt.
(972 wurde damit begonnen in Kairo die Geheimlehre der Ismaliliten in 50 Traktaten niederzuschreiben, die Bücher der Hermetiker wurden dabei integriert und um Bestandteile des esoterischen Islam der Baumeister ergänzt. Diese sogenannten "Episteln der lauteren Brüder" kamen auf Umwegen auch nach Spanien. Währendessen hatte sich die Bruderschaft der Baumeister auch in Syrien ausbreiten können. => Diese Episteln und weitere Werke auch aus der Kabbala waren Stephen Harding (Begründer der Zisterzienser und Lehrer von Bernhard von Clairveaux) bekannt und er sorgte mit Clairveaux für die Übersetzung dieser Werke. Hugo de Payens vordringlichste Aufgabe bei seinem Gang ins Heilige Land war denn auch in erster Linie, den Kontakt zur Bruderschaft der Baumeister aufzunehmen und sich in deren Geheimwissen schulen zu lassen.)
Nun endlich zu den Assasinen:
Entgegen der weitläufigen Meinung kommt der Begriff nicht von Haschisch und heisst auch nicht "die Haschischesser". Vielmehr ist es ein etwas verächtlicher Ausdruck aus Damaskus der in etwa "verrückt, spinnert" bedeutet. Damit hat das Volk der Sunniten (Anhänger des exoterischen Islam – Schiiten sind die Anhänger des esoterischen Islam -->ziemlich allgemein ausgedrückt ) die esoterischen Ismailiten bezeichnet.
Eigentlich sind die Assassinen (im arabischen Raum gemeinhin Batini genannt) eine Abspliterung der Nizari-Gruppe der Ismailiten; ein religiöser Orden mit dem Ziel der Errichtung eines Gottestaates und nicht die einzige Splitergruppe innerhalb der Ismailiten. (Jeder Splittergruppe hatte ihren eigenen Orden und somit hatte auch jede eigene Gotteskämpfer) Auch wenn die jeweiligen Imame leicht andere politische Präferenzen und Bündnisse eingingen, die innere Lehre blieb in etwa dieselbe. Im Laufe der Entwicklung und innerarabischer Nachfolgestreitigkeiten, Glaubenabspaltungen, Machtkämpfe und Kriege waren bereits immer wieder ismailitische fidâî (Streiter Gottes) als Attentäter und Meuchelmörder unterwegs um die eigenen Interessenen zu schützen. Die Aktivitäten der Attentäter und deren Führer waren keineswegs unumstritten nach einem Anschlag auf einen antiismailitischen Perser im Jahre 1111 kam es in Aleppo zu einem veritablen Aufstand gegen sie. Zahlreiche Morde gingen auf jeden Fall auf ihr Konto.
Die Siebener-Schiiten, zu denen die Ismailiten, Alawiten, Nizariten und Drusen zählen, hatten ihren Gottesstaat in Nordafrika und Syrien verwirklicht. Zwar waren sie von dem bekannten Sultan Saladin im jahre 1173 als politische Staatsmacht zerschlagen worden, jedoch nicht die Orden. Zu den Nachfolgern der Siebener-Schiiten zählen die Alawiten in den Bergen Syriens, bis zu den Amal im nördlichen Libanon. Während die Alawiten keinen mitlitärisch-religiösen Orden mehr besitzen, ist dieser bei den Amal recht aktiv und gelangte zu den Zeiten des Libanon-Krieges mit den Aktionen der Mitglieder des zweiten Grades, der Amal-Miliz zu einiger Berühmtheit. Der Drusenführer Wahid Dschumblad dürfte vielleicht auch noch einigen in Erinnerung sein.
Die Zwölfer-Schiiten haben ihren Gottesstaat mit der Revolution Chohmeinis im Iran errichtet. Die Mitglieder des vierten und fünften Grades des Ordens, die Da’is und Gross-Da’is kennen wir alle noch als Ayatollahs. Den siebten Grad eines Stellvertreters hatte Chomeini inne. Zu diesen Schiiten gehören die Bewohner des südlichen Libanon, deren Orden wir als Hizbollah kennen, ihre militärischen Aktionen werden von Ordensanhängern des zweiten Grades ausgeführt. Die Hamas-Bewegung ist ebenfalls ein schiitischer Orden, ebenfalls mit Gottes Streitern im zweiten Grad, daraus rekrutieren sich die ganzen Selbstmordattentäter. Kaum wurde ihr Imam, Scheich Yasin, im September 1997 aus israelischer Haft entlassen, verkündete er, dass die Errichtung eines Gottesstaates sein oberstes Ziel seie.
Alle Terroraktionen der letzten Zeit und der letzten Jahre sind von diesen drei Gruppen durchgeführt worden. Durch religiösen Eifer und Selbstaufopferung wurden die Ziele der Orden verfolgt. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass es unendlich schwierig sein wird ernsthafte Friedensstiftung im Heiligen Land zu bewerkstelligen. Denn der politische Arm der Palästinenser hat wenig bis gar keinen Einfluss auf die Aktionen der unterschiedlichen Ordens-Gruppen, den könnte nur ein Religionsführer haben.Anbei noch eine Variante des Geheimen Gesetzes des Assassinen, das eigentlich auch die Lehren der aktuellen Selbstmordattentäter im Heiligen Land berifft:
1. Mohamed ist ein Prophet Gottes, ein Erlöser des menschlichen Geschlchtes und ein Vergelter des Guten und Bösen.
2. Sein Statthalter, der Sheyk/Scheich, ist über alle Völker der Erde gesetzt und er ist der einzige Ausleger der Gesetze Mohameds.
3. Es ist recht und billig, dass man Könige und Fürsten, die seinen Befehlen nicht gehorchen, nach Beschaffenheit der Umstände mit Gewalt oder mit List umbringe.
4. Diesem Sheyk ist von Mohammed die Macht gegeben, dass er die Freuden des Paradieses nach seinem Wohlgefallen austeilen, auch schon dem Menschen hier auf Erden einigen Vorgeschmack davon geniessen lassen könne.
5. Die Assassinen können sich gegen keinen Menschen, ausser ihrem Sheyk verpflichten. Gesetzt auch, dass sie gar eidlich jemandem die Treue und Gehorsam geschworen hätten, so ist doch dieser Eid nicht verbindlich.
6. Die Seele ist unsterblich und hat, ihren Verdiensten gemäs, Strafe oder Belohnung nach diesem Leben zu erwarten.
7. Das Paradies ist ein Lustgarten, worin Milch und Honig fliessen und alle Wollust und alle Freude Platz hat. Die seligen Geister empfangen daselbst für ihre Tapferkeit und für ihre und für ihre Tugend den Lohn, der allen Sinnen zur Anmut gereicht.
8. Die vornehmste und gottgefälligste Tugend ist der Gehorsam, der darin besteht, dass man nicht allein den vorgesetzten Sheyk ehre und hochhalte, sondern auch zur Ausführung seiner Befehle allemal willig sei.
9. Die Seele desjenigen, der aus eifer für Mohameds Gesetz im Kriege umkommt oder bei Ermordung eines Feindes gefangen und hingerichtet wird, fährt mit dem letzten Atemzuge schnell und geradewegs ins Paradies. Die aber daheim träge und still sitzen und auf ihrem bette sterben, müssen viele Jahre lang mit Pein und Qual gereinigt werden, ehe sie ins Paradies eintreten können.
10. Wer einen vornehmen Feind und Widersacher des gesetzes umbringt, dem wird im Paradies der nächste Sitz bei Mohamed eingeräumt werden.
Egal ob Katholizismus, Hinduismus (Kali-Kult) oder Islam, die ursprünglichen Lehren wurden im Laufe der Zeit alle "verdreht" um aktuellen Machtansprüchen und Idealen zu genügen. Fanatismus sorgt immer nur für eines, nämlich den bewusstseinsmässigen Fall in die Unkenntnis......
In LVX
Templar
- Das muß ich heut abend mal Wolfgang Hohlbein erzählen. Mischel 18.4.2002 14:57 (0)