Russland droht Europa mit Einstellung der Öllieferung
Geschrieben von Mat72 am 09. April 2002 21:13:51:
Mag sein, daß die drohung indirekt war, es war aber eine drohung, sie zeigt zumindest, daß es entsprechende Überlegungen in der russ. Regierung gibt.
Im Übrigen würden die zeitungen eine offene Drohung (wenn das Zitat stimmt, war es eine offene Drohung-nebenbei) auch so herunterspielen. Insofern kann es sein, daß Putin den deutschen Gröfaz zur zeit massiv erspresst. Man muß ja immer zwischen den zeilen lesen...**************
Putin fordert gleichberechtigten Platz für Russland in Europa
Weimar (rpo). Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei seinem Deutschlandbesuch einen gleichberechtigten Platz Russlands in der europäischen Sicherheitsordnung und der Wirtschaft gefordert. Putin drohte indirekt mit möglichen wirtschaftlichen Konsequenzen, wenn Europa Russland nicht auch auf dem Energiemarkt gleichberechtigte Teilhabe ermögliche.
Dann könnte sein Land Hindernisse aufbauen, sagte er mit Blick auf die Preisstabilität bei Öl- und Gaslieferungen. Unter dem hoffnungsvollen Vorzeichen einer Lösung ihres letzten Wirtschaftsstreits begannen Schröder und Putin in der Goethe-Stadt ihre Regierungsgespräche.
Der Kanzler und Putin wollen bis Mittwoch den jahrelangen Schuldenstreit beider Länder auf Chefebene beilegen. Auch die Lage in Nahost dürfte nach dem eigenen Vorstoß Deutschlands zur Beilegung des Konflikts im Zentrum der Konsultationen stehen. Der Westen will Russland stärker in die Friedensbemühungen für den Nahen Osten einbinden. Außenminister Joschka Fischer will mit seinem russischen Amtskollegen Igor Iwanow seinen Sieben-Punkte-Plan zur Befriedung von Israelis und Palästinensern erörtern.
Putin betonte, dass Russland trotz zeitweise dramatischer innerer Krisen Europa stets zuverlässig mit Öl und Gas beliefert habe. Deutschland beziehe ein Drittel seines Erdgases und ein Viertel seines Öls aus Russland. "Wenn Europa Russland als Fremdkörper betrachtet, werden wir künftig auch Hindernisse aufbauen." Dies würde zu Energiepreiserhöhungen für die Verbraucher führen.
Der Kanzler würdigte die nach Westen orientierte Politik Putins als "epochal". Putin habe "bahnbrechende Voraussetzungen" für den Dialog zwischen Russland und Deutschland geschaffen. Der Kanzler sprach von einer berechtigten Erwartung Putins, dass Moskau in der NATO in einem neuen Gremium "zu zwanzig" (19 NATO-Mitglieder und Russland) Entscheidungen mittreffen werde und nicht nur mitgeteilt bekomme.
Putin wies Kritik an Einschränkungen der Medienfreiheit in Russland durch die Regierung und der Schließung kritischer Fernsehsender zurück. Der Staat habe in der Medienpolitik nur zwei Aufgaben: die wirtschaftliche Unabhängigkeit und die rechtliche Grundlage zu garantieren. "Der Rest ergibt sich von allein."
Die Regierungsgespräche, an denen auch die wichtigsten Minister beider Länder teilnehmen, dauern bis Mittwoch. Aus Wirtschaftskreisen verlautete, dass Berlin Russland im Streit um Schulden in Höhe von 6,4 Milliarden so genannter Transferrubel weit entgegenkommen wolle. "Man wird sich einigen", sagte der Vorsitzende des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold, in einem dpa- Gespräch.
Moskau und Berlin konnten sich bislang nicht auf den Umrechnungskurs einigen. Berlin fordert umgerechnet 7,6 Milliarden Euro zurück. Moskau verlangt einen günstigeren Wechselkurs. "Wir haben auch anderen wichtigen Ländern kräftige Discounts gegeben", sagte DaimlerChrysler-Vorstand Mangold. In Weimar solle nun ein "Schlussstrich unter diese leidige Angelegenheit" gezogen werden.
Schröder begrüßte Putin auf dem Marktplatz von Weimar mit militärischen Ehren. Mehr als 1000 Schaulustige säumten den Marktplatz. Beide Politiker schüttelten zahlreiche Hände von Schaulustigen, bevor sie in entspannter Atmosphäre zu einem ersten Gespräch - zum Teil auf Deutsch - im Rathaus zusammenkamen. Der Kanzler bezeichnete sein Verhältnis zu Putin als "durchaus freundschaftlich". Etwa 20 Mitglieder der Gesellschaft für bedrohte Völker protestierten gegen Russlands Feldzug in Tschetschenien.
Der "Petersburger Dialog" zur Annäherung von Russen und Deutschen unterhalb der Regierungsebene geriet unterdessen in die Kritik. Konflikte würden auf dem Forum ausgeklammert, und von russischer Seite seien keine Oppositionskräfte vertreten, sagte der russische Journalist Alexej Wenediktow im Plenum. Rund 150 Teilnehmer des "Petersburger Dialogs" erörterten sicherheitspolitische Fragen, die Lage der Medienfreiheit in Russland sowie die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen.