Noch eine Gnadenfrist?
Geschrieben von IT Oma am 01. März 2002 18:08:43:
Politik 01-03-2002
Entspannung beim höchsten GUS-Gipfel aller Zeiten
Von Gisbert Mrozek (Moskau). Gleich zum Auftakt des bisher höchsten GUS-Gipfels im kasachischen Skiort Tschimbulak in über 2200 m Höhe sorgte Wladimir Putin für Entspannung. „Die Anwesenheit von US-Militärs in Georgien ist keine Tragödie und wird auch keine werden“, sagte Putin. Wenn in Mittelasien US-Stützpunkte möglich seien, warum dann nicht auch in Georgien, fragte Putin. Zugleich machte er am Beispiel Afghanistan deutlich, was sich Moskau offensichtlich von dem US-Engagement in Georgien erwartet.Durch die amerikanische Anti-Terroroperation in Afghanistan sei dort die Infrastruktur des internationalen Terrorismus zerschlagen worden. Dies habe auch die Bedrohung für die GUS-Staaten verringert – so zumindest die einhellige Einschätzung der GUS-Präsidenten, die Putin im Namen seiner Kollegen anschließend der Presse mitteilte. Er bestätigte dabei auch, dass die Ankunft der US-Militärs für Moskau nicht überraschend kam. Die USA hatten uns davon informiert, sagte Putin. Das Problem sei nur gewesen, dass die Information aus Georgien zu spät kam. Dies habe die starke Reaktion mancher Politiker in Moskau hervorgerufen.
In Moskau hatten nach dem Eintreffen von 5 hohen US-Offizieren und 10 Kampfhubschraubern in Tiflis vor allem Duma-Politiker von einem „feindseligen Akt“ gegen Russland gesprochen. Insgeheim sei in Tiflis der Plan ausgeheckt worden, im Bündnis mit den USA und mit tschetschenischen Kampfgruppen erst ein paar Al-Quaida-Söldner zu fangen und dann aber gegen die abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien vorzugehen, die sich am liebsten an Russland angliedern würden.
Eduard Schewardnadse versicherte in Tschimbulak, Georgien habe überhaupt keine Geheimnisse - und schon gar nicht vor Russland. Die russische Botschaft in Tiflis habe von der US-Militärmission gewusst. So wie die USA bereits geholfen hätten, die georgischen Grenztruppen aufzubauen, so würden sie jetzt eine Antiterrortruppe ausbilden. Im Laufe von zwei bis die Monaten sollen 200 US-Ausbilder etwa 1.500 Mann georgischer Spezialkräfte trainieren. Georgien habe die Hilfe der USA wegen der andauernden Probleme im Pankisi-Tal in Anspruch genommen, sagte Schewardnadse. Gemeint: Tschetschenische Kampfgruppen und Flüchtlingslager, die das gesamte Gebiet für Tiflis unregierbar machen. Am vergangenen Wochenende hatten Tschetschenen bereits dafür demonstriert, dass das Pankisi-Tal zum Autonomen Gebiet erklärt werden sollte.
Schewardnadse spielte offenbar auch darauf an, dass im vergangenen Herbst russische Kampfflugzeuge „versehentlich“ georgisches Gebiet im Pankisi-Tal bombardiert hatten.
Nach der Aussprache Putins mit Schewardnadse kehrte in Moskau spürbar Ruhe ein. Die Duma entschied, am Wochenende keine offiziellen Beobachter zu den Wahlen nach Abchasien zu schicken, die von Tiflis als Separatistenveranstaltung verdammt werden. Ein Sprecher der Regierungsfraktionen in der Duma versicherte, das russische Parlament werde weder die Unabhängigkeit Abchasiens noch die Souveränität Südossetiens anerkennen.
Zu Ernüchterung in Moskau dürfte auch das georgische Argument beigetragen haben, dass natürlich die Tschetschenen mindestens soviel Recht auf Selbstbestimmung wie die Abchasen haben.
Nach dem einvernehmlichen Ende des höchsten GUS-Gipfels aller Zeiten begab sich die jüngere Generation der Präsidenten – Putin, Lukaschenko, Nasarbajew und Akajew - zum Skilaufen an den Hängen des Tien-Schan, während die ältere zum Teil schon abreiste.
Das wichtigste Ergebnis des GUS-Gipfels wurde nur zwischen den Zeilen sichtbar: Es scheint mittlerweile überall in der Ex-Sowjetunion – zumindest auf der Präsidentenebene und zumindest offiziell - mehr oder weniger akzeptiert zu sein, dass sich die USA auch im postsowjetischen Raum als Schutzmacht anbieten. Aber noch hat Moskau das letzte Wort. Das ist das Szenario für den Kaukasus in der nächsten Zeit, zumal dort einige politische Wirren bevorstehen.
Auf dem Gipfel gar nicht erst erschienen war aus Gesundheitsgründen der schon fast 79-jährige Aserbeidschaner Heydar Aliyev, der erst vor wenigen Tagen von einer Prostata-Operation aus den USA nach Baku zurückgekommen war. Zur gleichen Zeit liegt der abchasische Präsident Wladislaw Ardsinba im Moskauer Kreml-Krankenhaus, um sich von den Folgen eines Schlaganfalles zu kurieren.
- Re: Noch eine Gnadenfrist? Mr. Spock 01.3.2002 20:37 (1)
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