Re: Notwendig ?

Geschrieben von Johannes am 16. Dezember 2005 22:49:15:

Als Antwort auf: Notwendig. geschrieben von Guerrero am 16. Dezember 2005 20:11:37:

> Diese strategisch - technischen Gedanken
> gibt es schon länger.
> Damit soll die Bundeswehr auf die heutige
> Konfliktlage (Weltlage) reaktionsfähig gemacht werden.
> Das ist längst überfällig.


Hallo Guerrero,

Deine Ansicht scheint aber allerdings noch nichts einmal in der Regierung so richtig geteilt zu werden:


> Heute braucht mann schnelle, mobile, kleine
> und trotzdem oder gerade deswegen kampf- und feuerstarke
> Einheiten.

"Heute braucht man" - Braucht man das bzw. wer ist "man"?

Wenn wir uns darauf einigen können, daß der Umbau "folgerichtig" ist, so stimme ich Dir übrigens zu, denn die Entwicklung geht schon eine Weile in genau diese Richtung.

Nach dem Krieg bestand weitgehend Einigkeit, Deutschland solle nie wieder eine Armee haben, um so eine Kriegsgefahr völlig ausschließen zu können. Auf Grund der Weltlage entschied man sich aber, daß Verteidung doch wichtig sei und man die Sicherung Deutschlands nicht allein den Allierten überlassen könne. Es wird aber klargestellt, daß von Deutschland nie wieder ein Krieg ausgehen dürfe.

Interessant ist es, dazu einmal den Hintergrund zu betrachten. In Artikel 25 des Grundgese heißt es:

Da das Völkerrecht unmittelbare Rechten und Pflichten bewirken soll, ist es wichtig, sich das einmal anzusehen. In Artikel 2 der UN-Charta heißt es:

Wenn sich ein Staat nicht an die Regeln hält, so dürfen die anderen nicht zur Selbsthilfe greifen, sondern nur die UNO ist berechtigt, militärische Maßnahmen zu ergreifen (siehe http://www.un.org/aboutun/charter/chapter7.htm)

Dies sind die Grundlagen von Artikel 25 des Grundgesetzes, auf den dann Artikel 26 aufbaut und feststellt:

Es war also völlig klar, daß Deutschland niemals und in keiner Form einen Angriffskrief führen darf und die Streutkräfte nur dazu da sind, Deutschland gegen einen Angriff zu verteidigen. Nicht aber, um andere Staaten anzugreifen. Dies war auch Bestandteil das NATO-Vertrags, es ging darin bewußt um die Verteidigung der eigenen Territorien.

Geändert wurde das gegen Ende des YU-Kriegs. Da stellte sich unser Verteidigungsminister hin und verkündete stolz, daß die Piloten der Bundeswehr aus ihrem ersten Tageslichteinsatz heil zurückgekommen seien - eine Haltung, die zu Beginn der BRD noch völlig undenkbar war!

"Um diesen neuen Aufgaben Rechnung zu tragen", änderte die NATO auch ihr Konzept. Statt Territorien werden nun auch Interessen verteidigt:

Erscheint logisch und sinnvoll? Meinetwegen. Es ist aber eine fundamentale Abkehr vom reinen Verteidigungsprinzip, das die Väter des Grundgesetzes im Sinn hatten. Also keineswegs etwas, daß schon immer so gedacht war, und das erst im Laufe der Zeit geändert wurden.

Tja, und nun schau Dir die NATO-Seite noch einmal in Ruhe an. Du wirst merken, daß diese Aussagen beliebig interpretier sind. Ich finde leider den Original-Link nicht, den ich hier einmal gepostet hatte, aber ich erinnere mich, daß im neuen NATO-Vertrag steht, daß die NATO auch die Aufgabe hat, eine "Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen" bereits im Vorfeld zu verhindern.

Und nun lies dazu noch einmal die UN-Charta, die die Anwendung militärischer Gewalt ausschließlich der UNO verbehält. Dies war der Kontext, in dem das Grundgesetz einen Angriffskrieg verbot.

"Ab heute wird zurückgeschossen" - an dieser berühmten Aussage siehst Du, daß man alles immer so darstellen kann, daß es positiv und richtig klingt. Nie ist man selbst schuld, sondern immer der andere. Und eben deshalb, um mit solchen geschickten Begründungen nicht allem Tür und Tor zu öffnen, verbot das Grundgesetz ausdrücklich einen Angriffskrieg und beschränkte sich die NATO auf die Verteidigung des eigenen Territoriums. Mit dem neuen Vertrag wurde aber nun ausdrücklich der Weg freigemacht für einen Angriffskrieg, der lediglich mit etwas netteren Worten umschrieben wird.

> Die Einheiten sollten Brigadegrößen haben,
> mit allen notwendigen Waffengattungen.
> So eine Brigade besteht aus Einheiten und Bewaffnungen
> des Heeres, der Luftwaffe und Marine.
> Der Einsatz sollte weltweit möglich sein.
> Ziel ist es, Brandherde einzudämmen oder
> zu verhindern gemeinsam mit Verbündete.
> Es geht schlicht um die neuen Aufgaben,
> die sich aus der heutigen und zukünftigen
> Gefahrenssituation ergeben.

Yep. Wir sind wieder wer. Unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt, deutsche Soldaten sind sogar in Usbekistan (http://www.russland.ru/mainmore.php?tpl=Usbekistan&iditem=155)

Ja, Guerrrero, Du hast Recht, es geht um den notwendigen Umbau der Bundeswehr, damit ein weltweiter Einsatz deutscher Soldaten noch leichter möglich wird. Nur, das ist genau das Gegenteil von dem, was das Grundgesetz damals wollte. Eine Verteidigung wie die (bisherige) Schweiz würde diesem Geist viel eher entsprechen, die würde ich mir wünschen. Nicht aber die Vorbereitung von Angriffskriegen mit schönen Worten.

Gruß

Johannes

P.S. Wer an einer tieferen Diskussion über Verteidigungsmöglichkeiten, -konzepte etc. ist, dem schlage ich vor, das im Erg.-Forum zu vertiefen



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