Re: das WAHRE ALLTAGSLEBEN IM IRAK!

Geschrieben von Wurzl am 21. Februar 2002 10:17:30:

Als Antwort auf: das WAHRE ALLTAGSLEBEN IM IRAK! geschrieben von peacemaker2002 am 21. Februar 2002 09:30:33:

So kann ein Volk gestraft sein, nur weil es auf einem Ölfeld sitzt und ein anderer darauf Anspruch erhebt!Bedenke die Schmach wenn USA den Irak um Öl betteln müsste, weil sie selber keins mehr haben.
Drum:Tue anderen(USA)an was sie der Welt antun könnten, aber tuns wir zuerst!
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>ein super bericht, der die wahrheit wiederspiegelt.....
>es ist doch sowieso allen klar, das die amis nur an das persiche
>oel interesse haben...
>Ein neuer Krieg ist so weit weg wie der Rest der Welt
> Im Irak kümmert sich niemand um die Warnungen aus Washington
> Von Hans-Christian Rößler
> BAGDAD, 17. Februar. Jeder muß ihn mit Füßen treten. Böse fletscht der
> Mann seine Zähne auf dem marmornen Bodenmosaik am Eingang des "Rasheed"-
> Hotels in Bagdad, das ein Angestellter jeden Tag mehrmals bohnert.
> "George Bush ist ein Krimineller", steht auf arabisch und sicherheits-
> halber auch auf englisch unter dem Porträt - gemeint ist der Vater des
> heutigen amerikanischen Präsidenten. Im Krieg gegen den Irak am Anfang
> der neunziger Jahre wurde auch das Hotel getroffen, von dessen Dach
> der CNN-Reporter Peter Arnett die Explosionen der um ihn herum ein-
> schlagenden Raketen kommentierte. Jetzt droht sich in Bagdad unter
> George W. Bush die Geschichte zu wiederholen. Aber den Iraker auf dem
> Weg ins Hotel überrascht das nicht: "Die Amerikaner haben sich nicht
> geändert. Wir sind damals klargekommen, wir kommen auch jetzt damit
> klar." An die Drohungen aus Washington habe er sich gewöhnt, sagt der
> Mann und eilt einer der Hochzeitsgesellschaften hinterher, die dort
> einen Ballsaal gemietet hat.
> Von der Angst vor einem neuen Krieg mit den Amerikanern ist in der ira-
> kischen Hauptstadt kaum etwas zu spüren, noch weniger von neu erwachten
> Haßgefühlen den Angreifern von einst gegenüber. In den Radios läuft
> amerikanische Popmusik, und selbst das staatliche Fernsehen zeigt
> zwischen langen Lobeshymnen auf Saddam Hussein amerikanische Zeichen-
> trickfilme. Als Mickymaus und Goofy verkleidet, verteilen in der
> Arasat-Straße junge Männer Werbezettel für ein Fast-food-Lokal. Die
> Restaurants an der Flanierstraße im Zentrum von Bagdad tragen Namen wie
> "Talk of the Town" und "Black and White". In einigen gibt es sogar Wein
> und Bier - in neutralen Tassen oder mit Servietten verhüllten Gläsern,
> weil Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit eigentlich verboten ist. Auch
> unter der Woche sind abends die meisten Tische besetzt. Vor der Türe
> parken neue große Autos aus Europa, die mehr gekostet haben, als viele
> Iraker seit dem jüngsten Krieg verdient haben. Das Embargo der Vereinten
> Nationen ist seit zehn Jahren in Kraft, aber für manche brachte das UN
> Programm "Öl gegen Nahrungsmittel" mehr als nur Essen und Medikamente.
> Sie sind nicht zuletzt durch das Schmuggelgeschäft in Höhe von angeblich
> rund drei Milliarden Dollar im Jahr mit den Nachbarländern reich
> geworden. An ihrem neuen Mercedes oder BMW klebt noch demonstrativ
> der Lieferschein, laute Musik dröhnt aus den Autolautsprechern. Sie
> verbergen ihren Wohlstand nicht, und auch ein drohender amerikanischer
> Angriff verdirbt ihnen offenbar nicht den Spaß daran.
> Ein neuer Krieg ist für die meisten Iraker ähnlich weit weg wie der Rest
> der Welt. Zumindest darin gleichen sich reiche und arme Iraker: Ihnen
> bleiben seit der Invasion in Kuweit nur die kleinen Fluchten aus einem
> immer noch bedrückenden Alltag. Nicht einmal am Fernsehgerät ist das
> möglich, denn Satellitenantennen sind streng verboten. Der Bevölkerung
> bleiben nur die beiden staatlich kontrollierten Kanäle und ein Jugend-
> sender, in dem Saddam Husseins Sohn Udai das Sagen hat. Von den
> Auslandsreisen, die die Einwohner des Staates mit den zweitgrößten
> Ölreserven der Welt bis 1990 häufig machten, können sie nur noch
> träumen. Das können sich allenfalls noch Angehörige der Führungsschicht
> leisten - wenn sie ein Visum bekommen und zuvor die rund 900 Kilometer
> durch die Wüste bis nach Amman im Auto zurückgelegt haben: Wegen des
> Embargos gibt es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Direktflüge
> vom gerade fertig renovierten Saddam-Flughafen in Bagdad ins Ausland.
> Hinzu kommen 200 Dollar Ausreisesteuer, die die Iraker an der Grenze
> zahlen müssen. Das entspricht fast einem durchschnittlichen Jahres-
> einkommen. Alleinstehende Frauen, die jünger als 45 Jahre sind, und
> wehrpflichtige Männer dürfen das Land überhaupt nicht verlassen.
> "Der Alltag ist Herausforderung genug. Wenn es ums Überleben geht, denkt
> man nicht groß über Politik nach und das, was einmal war", sagt ein
> Universitätsangestellter trocken. Ohne die Lebensmittelmarken, die alle
> Iraker seit 1990 erhalten, käme seine Familie wie die meisten Iraker
> nicht über die Runden. Eigentlich sollten die neun Kilogramm Mehl, drei
> Kilo Reis und der halbe Liter Milch für einen Monat reichen. Der Vorrat
> sei in seiner fünfköpfigen Familie oft schon früher aufgebraucht,
> erzählt der Mann. Fleisch für das traditionelle Kebab oder einer der
> im Irak besonders beliebten Süßwasserfische reißen in das Familienbudget
> große Löcher: Ein Kilogramm von beidem kostet schnell die Hälfte eines
> Monatseinkommens, das bei vielen Irakern keine fünf Euro beträgt.
> Selbst Kabinettsmitglieder üben nach Feierabend einen zweiten Beruf
> aus - wie viele in Bagdad, wo mehr als die Hälfte der Einwohner
> beim Staat beschäftigt ist: Lehrer verkaufen ihre Bücher, und an den
> Straßenecken bieten Jungen Zeitungen zum Kauf an, statt in die Schule
> zu gehen. Im Lauf des Tages gesellen sich alte Männer hinzu, die oft
> bis spät in die Nacht den Autofahrern Zigarettenschachteln entgegen-
> strecken. Sie geben ihre Ware auch stückweise ab. In manchen Büros
> beschreiben die Angestellten aus Papiermangel die Rückseite alter Akten
> mit klapprigen Schreibmaschinen oder auf uralten Computern. Mittlerweile
> gibt es zwar wieder die neuesten Computer auch in Bagdad zu kaufen:
> Sie stammen aus den "Duty Free"-Läden in Dubai und sind in Bagdad sogar
> billiger als in Deutschland. Aber leisten können sie sich nur wenige.
> Das Programm "Öl gegen Lebensmittel", das dem Irak seit 1997 wieder
> Ölverkäufe in begrenztem Umfang erlaubt, hat zu einer Entspannung der
> Versorgungslage geführt. In den Jahren davor hatte die Regierung die
> Einfuhr von Lebensmitteln und Medikamenten selbst finanzieren müssen.
> Jetzt können dafür die Einnahmen aus dem Ölgeschäft verwendet werden,
> und es ist wieder Geld für andere Vorhaben frei. Statt es zu schwächen,
> haben die Sanktionen Saddam Husseins Regime offenbar noch gestärkt.
> Viel mehr als früher sind die Iraker vom Staat abhängig, der sie mit
> Essen, Arbeit und manchmal auch lukrativen Konzessionen am Rande der
> Legalität versorgt. Im Ausland und bei den Vereinten Nationen hat
> man deshalb eingesehen, daß Reformen nötig sind. Zum wiederholten Mal
> beraten UN-Diplomaten in diesen Tagen über "intelligente" Sanktionen.
> Sie sollen die Versorgung der Zivilbevölkerung sicherstellen, mögliche
> Aufrüstungsversuche des Regimes und den Ölschmuggel effektiver unter-
> binden. Der deutsche Diplomat Hans von Sponeck, der aus Protest gegen
> die nach seiner Ansicht verfehlte Sanktionspolitik als UN-Koordinator
> für humanitäre Hilfe im Irak zurückgetreten ist, hat erst vor kurzem
> wieder auf die Verelendung der irakischen Bevölkerung als Folge des
> Embargos hingewiesen. Er spricht von bis zu 5000 Kindern, die im Monat
> sterben, weil sie wegen des Embargos unterernährt sind oder nicht
> ausreichend medizinisch versorgt werden können.
> Die irakische Regierung will keine klügeren Sanktionen, sondern deren
> völlige Aufhebung. Eine solche Zusage der Vereinten Nationen könnte
> auch die Tür für die Rückkehr der UN-Waffeninspekteure öffnen, die
> einen neuen Krieg noch abwenden könnten. Viele Iraker klagen zwar über
> ihr Schicksal, verbergen aber auch ihren Stolz nicht. "Wir haben gelernt
> zu improvisieren", sagt ein Lehrer. Die Lage im Irak erinnere ihn an
> die im Nachkriegsdeutschland. Der Durchhaltewille habe die Iraker stark
> gemacht, gleichgültig, was die Zukunft bringe, sagt er. Im Handels-
> ministerium heißt es nicht weniger selbstbewußt, derzeit gebe es kein
> besseres Rationierungssystem auf der Welt. Das hätten sogar internati-
> onale Organisationen bestätigt. Ein Kinderarzt hat nur einen Wunsch
> ans Ausland: "Laßt uns endlich in Ruhe!" Den Rest regelten die Iraker
> selbst, denn der Irak sei wegen seines Öls ein reiches Land. Früher oder
> später werde der Westen sowieso auf den Irak angewiesen sein. Aus diesem
> Grund heißt es auch in einer irakischen Redensart, daß spätestens, wenn
> anderswo das Öl zur Neige geht, die ganze Welt wieder in den Irak kommen
> werde. Dort befinden sich nach Ansicht einiger Fachleute noch größere
> Vorkommen des Rohstoffs als im benachbarten Saudi-Arabien.
> aus: FAZ / Frankfurter Allgemeine Zeitung, v. 18. 2. 2002


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