Kommunistische Politik (another/Torsten)

Geschrieben von Johannes am 21. Oktober 2005 15:03:35:

Hallo,

je länger ich die Diskussion der beiden lese, desto mehr frage ich mich, warum sich die beiden eigentlich streiten. Denn vom Inhalt her stimmt Torsten ja eigentlich dem zu, was another sagt.

Zum Hintergrund muß ich etwas ausholen, da einige der Neuen im Forum nicht die älteren Diskussionen mit Torsten kennen. Torsten ist überzeugter Kommunist. Darauf angesprochen, warum er nicht in seinem erlernten Beruf arbeitet (er ist Arzt), sondern lieber Zwecks Agitation (sein eigener Ausdruck) auf die Straße geht, sagte er, daß er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne, im Rahmen des bestehenden Gesundheitssystems zu arbeiten.

Mein Vorschlag war dann, er könne ja kostenlos arbeiten oder gegen Spenden, wenn ihm das bestehende Honorierungssystem so mißfällt. Nein, sagte er, jede Hilfe für die Menschen würde das herrschende System stabilisieren. Ziel müsse es aber sein, die Menschen möglichst rasch zu einem Umsturz bereit zu machen. Und so bliebe nur (von mir jetzt möglichst sinngemäß zusammengefaßt), daß die, die sich nicht freiwillig am Umsturz beteiligen, so sehr verelenden, daß sie endlich bereit sind, sich am Umsturz zu beteiligen, um so das kommunistische Paradies zu errichten.

Die Verelendung der Massen ist also, auch nach Torstens eigener Aussage, nicht ein Nebenprodukt kommunistischer Politik, sondern erklärtes Mittel zum Zweck. Kommunisten wollen die Verelendung, damit sie dann endlich eine Masse haben, die ihnen im Kampf bereitwillig nachfolgt! Das ist, wie gesagt, nicht etwa anothers Polemik, sondern dies ergab sich auch genau so aus den Diskussionen mit Torsten!

Nun zu den aktuellen Diskussion: another und Torsten werfen sich gegenseitig vor, das System des anderen würde die Freiheit einschränken und die Menschen verelenden lassen. Dabei beschuldigt another die CDU, eine letztendlich kommunistische Politik zu betreiben, während Torsten die Folgen der Politik der CDU kritisiert.

Ja, Torsten, was soll ich dazu noch sagen? Warst nicht Du es, der sich gegen jede Hilfe für die noch nicht kommunistischen Menschen ausgesprochen hat? Die Menschen müßten am Boden liegen, sagtest Du, damit sie dann endlich zum Kampf aufstehen, statt weiter innerhalb des Systems zu leben. Nun, genau diese Deine Forderung wird gerade ansatzweise verwirklicht. Another sagt daher (wie Du bisher!), dies diene letztendlich dem Kommunismus. Und in diesem Sinne gebe ich ihm (also Euch beiden !!) recht.

Daß Du, Torsten, nun die Umsetzung der Dinge kritisierst, die den Kommunismus letztendlich fördern werden, ist logisch. Denn so sehr Ihr Kommunisten auf Verelendung angewiesen seid, um ein neues Proletariat für Euren Kampf zu schaffen, so sehr werdet Ihr das natürlich gegenüber den Leuten leugnen, die darunter leiden müssen. Schließlich müßt Ihr sie im Glauben lassen, daß die Verelendung Ziel der anderen sei und nicht etwa Euer (!) Mittel zum Zweck, wie Du es ja immer als sinnvoll hingestellt hast, als Du uns erklärt hast, warum Du den Menschen nicht mit Deiner guten Ausbildung helfen möchtest.

Another und Torsten kritisieren also letztendlich das gleiche, für another ist es allerdings der Einstieg in den Untergang (deshalb seine vehemente Bekämpfung des Kommunismus), für Torsten der Einstieg in das zu schaffende Paradies. Aber als Beobachter bin ich der Ansicht, daß sich die beiden darin eigentlich einig sind, daß die derzeiten Auswüchse des Kapitalismus / der Globalisierung dem Kommunismus in die Hände spielen. Offen ist nur die Frage, wer was mit welchen Motiven macht.

Nur, Torsten, bevor Du dies zu sehr dem vermeintlichen Gegner ankreidest (den another als Euren Erfüllungsgehilfen ansieht), denk bitte daran, daß Du genau dies mit Deinen Genossen selbst inszenieren müßtest (und zumindest wolltest, siehe die Arzt-Diskussionen), wenn nicht andere dies bereits erledigen würden. Daß Ihr des nun dem bösen westlichen System in die Schuhe schiebt, gehört zur Dialektik, ändert aber nichts daran, daß another mit seiner Aussage recht hat, daß der derzeitige Kapitalismus auf die Einführung des Kommunismus hinarbeitet. Ihr betrachtet das gleiche nur von unterschiedlichen Blickwinkeln aus.

Okay, erscheint vielleicht etwas off topic, aber als Grundlagenthema erschien es mir wichtig für das Forum. Denn so können wir vielleicht etwas mehr auf die globale Entwicklung achten, als uns in politischen Kleinigkeiten zu verlieren.

Gruß

Johannes

P.S.: Detaildiskussion (Gesundheitssystem etc.) passen evtl. besser ins Erg.-Forum.

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