Psychotraumatologische Tsunamifolgen auf Sri Lanka...
Geschrieben von Samnico am 22. Juni 2005 15:25:36:
Als Antwort auf: Kein Tsumani an der Nordseeküste geschrieben von Spitama am 22. Juni 2005 14:45:45:
>Völlige Entwarnung wg. Überschwemmung der Norddeutschen Tiefebene:
>Deutsche Nordseeküste - Tsunamis praktisch ausgeschlossen
>
>Grüße - SpitamaHallo,
hat zwar nichts direkt mit dem Tsunami an der Nordsee zu tun, betrifft aber
den sehr wichtigen Punkt des psychotraumatologischen Behandlungsbedarfes einige Monate später. Auch nach der 3tF bzw. der "heißen Zeit" werden die Überlebenden mit postpsychotraumatologischen Situationen zu tun haben, allerdings werden wahrscheinlich keine ausgewiesenen Experten aus Übersee kommen und professionelle Hilfe leisten. Wir werden auf uns selbst angewiesen sein.
Hier auszugsweise einige Stellen eines Berichtes von Sri Lanka vom Leiter der Sektion Psychotraumatologie einer dt. psychosomatischen Universitätsklinik."Aus der Ferne sieht es aus wie eine Idylle aus einem Werbefilm: Fischer am Strand ziehen ihren urtümlichen Katamaran an Land. Wenn man hingeht, zeigen sie ihre Beute: ein halbes Dutzend Krebse. Bereitwillig lassen sie sich fotografieren - erst bei genauerem Hinsehen fallen die Augen der Männer auf: die einen abgrundtief traurig, die anderen leer, ausgebrannt "wie Asche", oder aber flackernd, hektisch, bei jeder Veränderung des Geräuschpegels des Ozeans den Blick starr auf das Meer gerichtet.....
Die Reise beschränkte sich aufgrund der kurzen Zeit auf die West- und Südküste zwischen Colombo und Hambantota....Die Gespräche wurden anhand eines "inneren Leitfadens" geführt, der sicherstellen sollte, dass bestimmte Punkte in jedem Fall angesprochen wurden. Es ging nicht darum, nach "Gefühlen" oder "Symptomen"
zu fragen, sondern nach scheinbaren Äußerlichkeiten wie Wohn-oder Familiensituation, Versorgung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln oder Schulmöglichkeiten. Dieses Vorgehen basierte auf der langjährigen Erfahrung in psychotraumatologisch orientierter Anamneserhebung. Wird hingegen auf das Befinden zentriert, besteht das Risiko, dass die Befragten in Hyperarousal-Zustände geraten, Flashbacks erleben oder dissoziieren.
Die Hauptsorge der Betroffenen galt dem Wiederaufbau ihrer Häuser. Fast alle beklagen sich darüber, dass es eine Vorgabe der Regierung gäbe, die besagt, dass in einem Küstenstreifen von 100 Metern Breite zum Strand keine zerstörten Häuser wiederaufgebaut werden dürften. Hotels dagegen dürften stehen bleiben und repariert, ggf. auch neu gebaut werden. Die meisten äußerten die Vermutung, dass die regierung die Gelder der Hilfsorganisationen für den Aufbau einer touristischen Infrastruktur verwende und nicht den Betroffenen selbst zur Verfügung stelle.....Am zweithäufigsten wurde über den Verlust von Schulgebäuden, Schulbüchern und Lehrern geklagt.Auch erzählten die Betroffenen, dass die Kinder nachts nicht schlafen könnten, sondern bei jeder Beunruhigung durch Geräusche angstvoll weinten......(Hier geht es speziell um eine Untergruppe, die viele Familienangehörige verloren haben und häufig als einzige überleben konnten)....sie seien häufig in einem chronischen Schockzustand und erheblich gefährdet.
(eine andere Gruppe, die zwar Besitz verloren hat und in Lagern wohnt und lediglich wenige Familienangehörige verloren hat)...diese Gruppe trauert, der verbliebene Familienverbund scheint aber stark genug zu sein, um ausreichende
Unterstützung anbieten zu können....Fazit: Zusammen sind wir stärker und werden besser damit fertig....falls denn doch bald was passieren sollte..."Einer trage des anderen Last" oder so ähnlich...
Gruß Samnico