Das Öl, Scharon und die "Achse des Bösen"
Geschrieben von IT Oma am 12. Februar 2002 09:23:16:
(Übersetzung aus dem Elliott-Wellen-Forum)
11.2.2001Das Öl, Scharon und die "Achse des Bösen"
Das Große Spiel
von Uri AvneryVor einigen Wochen passierte etwas Merkwürdiges: Israel entdeckte den Iran als den großen Satan.
Dies passierte ziemlich überraschend, zumal diesem Ereignis weder sensationelle Nachrichten noch neu Entdeckungen vorausgingen.
Als habe ein Offizier das Ganze gelenkt, änderte der ganze israelische Apparat seine Richtung.
Alle Politiker, alle Generäle sowie alle wichtigen Medien (unter Mitwirkung geschmierter Experten) entdeckten quasi über Nacht, daß der Iran eine unmittelbare, reale und schreckliche Gefahr darstelle.Welch ein Zufall - im selben Augenblick wurde ein Schiff in Beschlag genommen, das angeblich für Arafat vorgesehene iranische Waffen transportierte.
Und in Washington berichtet Shimon Peres - ein Mann für alle Fälle und für jeden Dienst zu haben - jedem Diplomaten von Tausenden von iranischen Raketen, die die Hisbullah erhalten habe. Jawohl, die Hizbollah (im Übrigen von Präsident Bush mit auf die Liste der "Terrororganisationen" aufgenommen) erhalte furchtbare Waffen vom Iran (der gemäß Bush mit zur "Achse des Bösen" gehöre), um Israel, den Liebling des amerikanischen Kongresses zu bedrohen.Klingt dies alles verrückt ? Ist es ganz und gar nicht. In diesem Wahnsinn steckt Methode.
Eigentlich ist die Sache einfach zu erlären. Amerika ist immer noch wütend nach dem Anschag auf das WTC. Es hat Afghanistan in beeindruckender Weise besiegt, ohne größere Verluste auf der eigenen Seite beklagen zu müssen. Nun steht es da, wütend und siegesgewiß, und weiß nicht recht, wen es als nächsten angreifen soll: den Irak, Nord Korea, Somalia oder vielleicht den Sudan ?
Präsident Bush kann sich nun nicht mehr zügeln, da eine derart geballte Machtkonzentration nicht einfach abzuschalten ist - um so mehr, als Bin Laden immer noch lebt. Die wirtschaftliche Situation im Lande hat sich verschlechtert und eine Riesenskandal (ENRON) erschüttert Washington. Die amerkanische Öffentlichkeit sollte besser nicht zu lange darüber nachdenken.
Also, nun kommt die israelische Führung und verkündet: "Iran ist unser Feind! Er muß angegriffen werden!"
Wer hat diesen Entschluß wann und wie gefaßt ? Und vor allen Dingen: Wo ? Nicht etwa in Jerusalem, sondern in Washington DC. Irgendjemand aus der US-Regierung gab Israel das Zeichen: "Starte eine massive politische Offensive um den Kongress, die Medien und die amerikanische öffentliche Meinung unter Druck zu setzen".Wer sind diese Leute ? Und welches Interesse verfolgen sie ?
Hier bedarf es einer unfassenderen Darstellung:
Die zur Zeit am meisten umkämpften Ressourcen dieser Erde sind die Erdöl-Felder am Kaspischen Meer, die ein vergleichbares Erdöl-Vorkommen aufweisen wie Saudi-Arabien. Für das Jahr 2010 erwartet man eine Förderleistung von 3.2 Milliarden Barrel Öl am Tag nebst 4850 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Jahr.
Die USA sind entschlossen:
a) diese Felder in Beschlag zu nehmen,
b) alle potentiellen Wetbewerber auszuschalten,
c) die Region politsch und militärisch zu sichern und
d) einen sicheren Weg von den Feldern zum Offenen Meer zu finden.Das Projekt wird von einer Gruppe von Ölmagnaten geleitet, zu der auch die Bush-Familie gehört. Zusammen mit der Rüstungsindustrie setzten sie - so wie sie es damals mit Bush Senior taten - Bush Junior auf den Präsidentenstuhl. Dieser Präsident ist eine beschränkte Person, sein Weltbild ist oberflächlich, seine Aussprache ist primitiv - fast karikaturhaft, vergleichbar mit einem zweitklassigen Western. Für die breite Öffentlichkeit reicht dies aus. Seine Hinterleute sind jedoch sehr erfahren. Es sind diese, die den Regierungsapparat leiten.
Der Angriff auf das WTC hat deren Arbeit wesentlich erleichtert. Osama Bin Laden hat nicht verstanden, daß seine Aktionen ihren Interessen entgegenkamen.
Würde ich an Verschwörungstheorien glauben, müßte ich annehmen, Bin Laden sei ein amerikanischer Agent. Da ich das nicht tue, wundere ich mich nur über gewisse Zufälle. Der "Kampf gegen den Terror", den Bush ausgesprochen hat, ist der perfekter Vorwand für die von seinen Hintermänner geplante Kampagne. Unter diesem Vorwand haben sie drei kleine muslimische Staaten nahe der Öl-Felder unter ihre Kontrolle gebracht: Turkmenistan, Uzbekistan und Kyrgyzstan. Die gesante Region wird nun von amerikanischer Seite politisch-militärisch dominiert. Alle potentiellen Wettbewerber - Russland und China eingeschlossen - wurden verdrängt.Lange Zeit waren sich die Amerikaner uneins über den besten Weg, das Öl zum offenen Meer zu transportieren. Routen, die unter russischer Kontrolle standen, wurden ausgespart. Der im 19. Jahrhundert als "The Great Game" bezeichnete tödliche Wettkampf zwischen Briten und Russen findet nun seine Fortsetzung zwischen Amerikanern und Russen. Bis vor kurzem erschien die westliche Route, die durch das Schwarze Meer und die Türkei führte, als die aussichtsreichste - sie wurde jedoch von den Amerikanern wieder verworfen, da sie zu nahe an Russland vorbeiführte. Der beste Weg verläuft nun südwärts hin zum Indischen Ozean. Iran fand hier zunächst nicht die geringste Beachtung, da sie von islamischen Fanatikern regiert wird. Man konzentrierte sich auf die Route vom Kaspischen Meer durch Afghanistan, den westlichen Teil Pakistans (Beluchistan) zum Indischen Ozean. Um dieses Ziel zu erreichen führten die Amerikaner geheime Verhandlungen mit den Taliban, die jedoch nicht von Erfolg gekrönt waren. Deswegen wurde der "Kampf gegen den Terror" ausgerufen: die USA eroberten Afghanistan und installierten dort ihre eigenen Agenten innerhalb der Regierung. Auch der pakistanische Diktator folgt amerikanischen Weisungen.
Ein Blick auf die Karte genügt um überrascht festzustellen, daß die im Land installierten Militärbasen genau entlang der vorgesehenen Pipelineverbindung zum Indischen Ozeam verlaufen.Dies wäre nun das Ende der Geschichte, wenn der Appetit nicht mit jedem Bissen zunähme. Die Amerikaner zogen zwei Schlüsse aus den Erfahrungen in Afghanistan:
a) jedes Land könne nun mit intelligenten Bomben unterworfen werden, ohne Soldaten opfern zu müssen und
b) mit militärischer Macht und Geld könne überall eine passende Regierung installiert werden.Und so kam eine neue Idee in Washington auf: Warum eine lange Pipeline um den Iran herum (durch Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan) verlegen, wenn man eine wesentlich kürzere Verbindung durch den Iran legen kann ?
Man muß nur das Ayatollah Regime stürzen und eine pro-amerikanische Regierung installieren. In der Vergangenheit erschien dies unmöglich. Nun - nach den Erfahrungen in Afghanistan - sieht es durchaus machbar aus. Man braucht nur die öffentliche Meinung in Amerika entsprechend formen und die Unterstützung des Kongresses für den Angriff auf Iran erlangen.Hierbei leistet Israel gute Dienste, da es einen enomen Einfluß auf den Kongress und auf die Medien ausübt. Das Ganze läuft so: israelische Generäle erklären nun jeden Tag, daß der Iran Massenvernichtungsmittel herstellt und damit den jüdischen Staat mit einem zweiten Holocaust droht. Scharon erklärt, daß das kürzlich von Israel abgefangene, mit Waffen beladene Schiff beweise, daß Arafat in eine iranische Verschwörung verstrickt sei. Peres erzählt jedem, daß iranische Raketen die ganze Welt bedrohten. Jeden Tag erklärt irgendeine Zeitung ihren Lesern, daß Bin Laden im Iran oder innerhalb der Hizbullah im Libanon stecke.
President Bush weiß, wie er seine Diener belohnen kann: Scharon bekommt freie Hand, um die Palestinenser weiter zu unterdrücken, Milizen zu ermorden und ihre Siedlungen zu erweitern. Es ist ein einfaches Geschäft: Ihr beeinflußt den Kongress und die Medien, und ich liefere Euch die Palestinenser auf dem Tablett.Dies hätte nicht funktionieren können, wenn die USA weiterhin auf ihre europäischen Allierten und die arabische Welt angewiesen wäre. Aber in Afghanistan merkten sie, daß sie sie nicht mehr länger brauchten. Sie können nun beide völlig ignorieren. Wer braucht schon die erbärmlichen Armeen der Briten oder Deutschen, wenn die USA mächtiger sind, als alle anderen Armeen der Welt zusammengenommen ?
Für Scharon ist die Idee einer amerikanisch-israelischen Kooperation gegen den Iran nicht neu - im Gegenteil: schon 1981 unterbreitete er als damaliger Verteidigungsminister dem Pentagon folgenden Plan: Nach dem Tode Khomenis könnte Israel den Iran sofort besetzen um den Russen zuvorzukommen. Der IDF würde das Land schließlich den nachrückenden Amerikanern übergeben. Zu diesem Zweck hätte das Pentagon Israel im Voraus mit modernsten Waffen ausstatten nüssen um sie dann - unter amerikanischer Kontrolle - für diese Operation zu nutzen.
Das Pentagon war damals jedoch gegen den Plan. Nun wird die Zusammenarbeit vor einem anderen Hintergrund wieder angestrengt.Welche Schlüsse sind aus all dem zu ziehen ?
Zunächst einmal, daß wir an vorderster Front des kommenden Krieges stehen werden. Abgesehen von gegenseitigen Beschimpfungen zwischen Iran und Israel würde ein iranischer Gegenschlag auf einen amerikanischen Angriff uns schwer treffen - es sind Raketen sowie chemische und biologische Waffen im Spiel.
Zweitens, daß diejenigen unter uns, die einen wirklichen Frieden mit den Palestinensern wollen, sich nicht auf Amerika verlassen können. Nun hängt alles von uns alleine ab, den Israelis und Palestinensern. Unser Blut ist für uns wertvoller als kaspisches Öl.Uri Avneri lebt in Israel. Er hat viel über das Leben und die Karriere Ariel Scharons geschrieben.
Follow the oil/money.... Sag ich doch immer!
Gruß
IT Oma
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