Re: 3 Tage Finsternis - psychologische Aspekte
Geschrieben von HotelNoir am 01. Juni 2005 01:01:36:
Als Antwort auf: 3 Tage Finsternis - psychologische Aspekte geschrieben von Backbencher am 31. Mai 2005 18:54:46:
Hi Backbencher, :)
das ist ein mehr als spannendes Thema! Habe kürzlich ein Buch über die sogenannte Dunkeltherapie gelesen, wo Leute freiwillig 2-7 Wochen in einem vollkommen dunklen Raum verbringen, das hat mich auch an diese Thematik erinnert, aber die Voraussetzungen sind natürlich völlig verschieden.
>3.
>Prophezeit sind die 'Dämonen'. Was immer das sind, die setzen Dir und mir ordentlich zu. Wenn da z.B. davor gewarnt wird, nicht die Türen aufzumachen, selbst wenn Frau oder Kind draußen stehen, dann deutet das darauf hin, daß mehr oder weniger jeder genau solche Assoziationen mit den Geräuschen hat. Das ist Psychoterror pur.Dämonen sind abgespaltene Persönlichkeitsanteile. Es gibt da sehr interessante Beobachtungen aus der psychedelischen Forschung. Sobald man das Gefühl annimmt, das sie auslösen, zumeist Angst und Entsetzen, verschwinden sie. Dazu werden die meisten Leute nicht in der Lage sein, wenn es soweit kommt. Es wird im wahrsten Sinne des Wortes ein Horrortrip werden - durch die eigene Seele.
>4.
>Stell Dir vor, die Sonne geht wirklich nicht mehr auf. Das ist ein Ereignis, das über alles je Dagewesenes hinausgeht. Der tägliche Sonnenauf- und -untergang, der Tagesrhythmus sind Dinge, die sich schon in unsere Gene einprogrammiert haben. Das sind Archetypen allerersten Ranges!!! Und wenn sowas plötzlich nicht mehr 'funktioniert' spielen wir alle verrückt. Es kommen plötzlich Zweifel auf, ob die Sonne je wieder aufgehen wird?Der Fakt alleine, dass der Tagesrythmus versagt, betrachte ich nicht als schlimm, der Mensch ist da sehr anpassungsfähig. Astronauten und Höhlenforscher haben damit auch kein Problem. Das Problem wird sein, dass der Grossteil der Menschheit sich an Sicherheiten zu klammern gewöhnt ist. Wenn nun die grösste aller Sicherheiten - der Tag-Nacht-Rhytmus - zusammenbricht, dann wird das psychisch enorme Folgen auf das Befinden haben. Der religiöse Moment wird extrem wichtig sonst gerät die Psyche in den freien Fall und das ist etwas vom schrecklichsten, das man erleben kann. Es wäre gut, wenn möglichst viele Leute erkennen würden, dass Sicherheitsdenken und Liebe/Glauben diametral entgegengesetzt sind. D.h. wer sich wirklich vorbereiten will, sollte mit dem Gefühl der Angst und der Ohnmacht vor dem Ungewissen zu leben lernen statt sich in die Illusion zu verstricken, mit seiner Survival-Ausrüstung komme er durch. Die Vorbereitung, die viele hier treffen, ist in Wirklichkeit eine Anti-Vorbereitung.
>5.
>Prophezeit ist, daß danach ein Großteil der Menschen echt verrückt ist. Wieso bist Du Dir so sicher, nicht gerade zu denen dazuzugehören? Wir machen im Allgemeinen immer den Fehler, daß wir von einer Information nur die eine Hälfte wahrnehmen. Automatisch gehen wir davon aus, daß wir wenn schon, dann schon zu den nichtverrückten Überlebenden gehören. Das ist aber wie gesagt nur der eine Teil der Botschaft. Und es ist unklug, nur den einen Teil zu sehen.Ich weiss nicht recht... komm mal wieder in die Stadt ;) und guck Dir die Leute an. Es braucht keine 3-tägige Finsternis damit die Leute durchknallen. Lebensmittelknappheit oder Krieg reichen vollkommen aus. So gesehen kann ich nicht nachvollziehen, dass die Leute erst nach der 3tf durchdrehen.
>6.
>Die meisten Menschen sind nicht gewohnt sich auch nur eine Stunde mit sich selbst zu beschäftigen, ohne TV, Medien und natürlich ohne Licht. Viele werden durchdrehen, weil sich ihr ganzes Innere aufwühlen wird. Es entsteht eine Mischung aus schlechtem Gewissen, üblen Erinnerungen, Selbstvorwürfen, Gefühl der Gottesferne, Glaubenszweifel, Wut, Selbstmitleid, Selbsttötungsgedanken und vieles mehr. Ist alles so oder ähnlich prophezeit! Jedes der eben genannten Begriffe ist allein schon eine Katastrophe, wenn man sich damit mal eine Stunde lang auseinandersetzen muß!Klingt nach jüngstem Gericht. Jeder bekommt seinen Spiegel vorgehalten. Wer sich selbst nicht aushalten kann, kommt in die "Hölle". Auch hier ist es verkehrt sich durch äussere Aktivitäten abzulenken, geweihte Kerzen hortet etc. statt mit sich selbst ins Reine zu kommen. Und das ist keiner von uns. Und je weniger wir es sind, umso Schlimmer wird. Allerdings hat es auch keinen Zweck, sich aus diesen Gründen mit sich selber auseinanderzusetzen. Diese Arbeit kann nur getan werden, wenn sie um ihrer selbst willen geschieht, aus Demut und Einsicht - und ohne Ziel und ohne Aussicht auf Erfolg oder Belohnung.
>7.
>Hunger, Schlafmangel, schlechte und dünnste Luft, Gestank und die wahnsinnig werdenden und vielleicht amoklaufenden Freunde/Bekannte im selben Raum. Das wird zusätzlichen Druck aufbauen.In der Schweiz wurden Versuche gemacht, wie lange es Menschen in Zivilschutzanlagen aushalten. Man hat gut gedrillte Soldaten ein paar Tage reingesteckt. Ich weiss die Ergebnisse nicht mehr, aber sie waren ernüchternd bis beängstigend.
Grade fällt mir wieder mal ein dass die Hopis sich selbst, die Tibeter und die Schweizer für die Hüter der Kultur halten, hmmm...
>8.
>Angst, was wir 'danach' wohl draußen vorfinden...
>
>Alles in allem, das ganze Szenario ist ein gänzlich unkalkulierbarer wahnsinniger - im wahrsten Sinne des Wortes! - Druck von außen und von innen auf das was von uns 'ich' oder 'Seele' genannt wird. Ich halte nix davon, daß wir das alles auf die leichte Schulter nehmen. Vielleicht ist das die allergrößte Herausforderung, der wie jemals überhaupt begegnen können.Das halte ich für sehr plausibel. Solange man tun, machen und agieren kann, egal ob Crash oder Krieg, ist man abgelenkt. Auf sich selbst zurückgeworfen sein und nicht in die Handlung gehen zu können, also seiner Ohnmacht ausgeliefert zu sein, ist schrecklicher und härter als wochenlanges Survival.
>Auch die Gläubigen unter uns sind gerne dabei solche Möglichkeiten zu ignorieren! Es werden viele dabei vom Glauben abfallen - und auch da sollten wir uns nicht von vornherein auf die eine 'gute' Seite dieser Information hinüberlügen, nach dem Motto, daß unser Gott da bei uns sicher die Ausnahme macht! Jedem Gläubigen sollte bewußt sein, daß es schon jetzt viele gibt, die unter unserem 'normalem' Stress schon durchdrehen. Die Psychiatrien sind jetzt schon voll von durchgedrehten Christen und jeder 'Seelsorger' kann lange Arien von der unter der offensichtlich unheilbaren Krankheit 'Depression' leidenden tiefgläubigen Christen singen.Christ-Sein im herkömmlichen und institutionaliserten Sinn ist ein einfacher psychologischer Trick, um sich in Sicherheit und Geborgenheit zu wiegen. Natürlich hat das mit Jesus und seiner Botschaft nichts zu tun. Die Religionszugehörigkeit wird natürlich keine Rolle spielt in dieser Situation, denn Zuversicht, Optimismus und Vertrauen in die Schöpfung sind haben mit moralischen Konzepten und Richtlinien nichts zu tun, sondern mit der Tatsache des Herzens. Gerade diese Tatsache verdrängen viele Christen, weil es sie aus kirchlicher Sicht zu einem Sünder macht. Man sollte sich sowohl als Christ wie auch als Nichtchrist fragen: Wie geht es mir, wenn ich alle meine Sicherheiten verliere, wenn nur noch Chaos um mich ist, wenn ich tote, sterbende, verstümmelte, verzweifelte, verrückte Menschen sehe? Kann ich in diesem Moment noch glauben, dass es gut ist was geschieht, weil es "Gottes Werk" ist? Da Christen im Allgmeinen Moralisten sind, werden sie reihenweise scheitern, viele sind ja derart "verhumanisiert" das sie schon zu weinen anfangen, wenn sie einen toten Vogel am Strassenrand sehen. Die "Ich bin doch so ein guter Mensch"-Masche wird nicht mehr ziehen, und der Betroffene wird zu spüren bekommen, was er mit dieser Haltung sich und der Menschheit angetan hat, wie alles sogenannt böse aus dem sogenannt Guten heraus entstanden ist, aus dem Bedürfnis aus unserer EINEN Welt zwei zu machen, eine gute, richtige und eine böse, falsche.
>Schön ist, wenn wir von dem naiven Glauben durchdrungen sind, daß wir schon gut durchkommen. Besonders in unseren im Internet geknüpften Netzwerken und Fluchtburgen. Ich kann ob der großen Naivität meistens nur schmunzeln.
Geht mir auch so, obwohl ich bis vor kurzem mich ernsthaft materialmässig vorbereitet habe. Ich wollte die Ohnmacht nicht spüren, ein Teil vom Ganzen zu sein, und diesem Ganzen ausgeliefert zu sein. Das Ego hält sich halt gerne für oberschlau.
>Seid herzlich gegrüßt
>Hinterbänkler, der sich die 3 Tage am liebsten von der hinteren Bank aus ansehen möchte...Oh ja, ist noch ein Platz frei auf der Bank? ;)
Liebe Grüsse
HotelNoir