Re: Müssen sie wohl...

Geschrieben von Swissman am 16. Februar 2001 14:28:28:

Als Antwort auf: Re: Müssen sie wohl... geschrieben von Stefan am 15. Februar 2001 22:16:31:

>So wie ich die Diskussion bisher verfolgt habe, geht es um Kurzstreckenraketen.
>Wenn man die geographische Lage Kaliningrads nach der NATO-Osterweiterung betrachtet, würde ich diese Waffen im weitesten Sinne als defensiv bezeichnen.

Sehe ich nicht so: Taktische Nuklearwaffen kann man zwar auch defensiv einsetzen, aber sie eignen sich ebensogut zur Vorbereitung und Unterstützung von Offensivoperationen. Berücksichtigt man nun noch den Ort, an dem sie gelagert werden, die Exklave Kaliningrad, so ist der Fall für mich ziemlich klar: Wenn die Lage in Osteuropa so wäre, wie Herr Putin uns gerne glauben liesse, so wäre Kaliningrad im Verteidigungsfall kaum zu halten, da es keine Landverbindung zum restlichen Russland besitzt, und die Seeverbindungen lassen sich ebenfalls relativ leicht abschneiden. Nach Lage der Dinge würde man an dieser Stelle vermutlich pro forma hinhaltenden Widerstand leisten, um Zeit zum Aufbau einer zusammenhängenden Front im eigentlichen Russland zu gewinnen (Napoleon: "Wer alles verteidigt, verteidigt nichts").
Wenn der Iwan aber die Absicht hat, selber offensiv tätig zu werden, sieht es völlig anders aus: In dem Fall würde ich, an seiner Stelle, massenweise Offensivwaffen im Oblast Kaliningrad und in Weissrussland (Frage: Nach dem Winterkrieg gegen die Sowjets musste Finnland den Russen das Recht einräumen, in Hangö eine Flottenbasis zu betreiben - Weiss jemand, ob diese Basis heute noch existiert?) zusammenziehen, um von dort aus nach Westen vorzustossen - "erstaunlicherweise" deutet alles darauf hin, dass Herr Putin, unser "lieber Freund" (O-Ton W. Putin), genau dies tut...

>Und wieviel geleugnete Wustzipfel hängen den Yankees aus dem Rachen?
>Warum fühlte sich Saddam Hussein so sicher als er Kuweit angriff?

Nachweislich besprach Saddam Hussein sich wenige Tage vorher mit der US-Botschafterin in Bagdad. Dabei gab sie ihm unmissverständlich zu verstehen, dass man pro forma protestieren, sich dann aber mit der Annexion Kuwaits abfinden würde - Anders gesagt, man liess ihn ins offene Messer laufen.
Was ich dabei allerdings nicht verstehe: Warum schützt der Mann diese Leute auch noch? - An seiner Stelle hätte ich mit grösster Sicherheit (nicht gerade gerne, aber doch) Massenvernichtungswaffen eingesetzt! - Wir reden immerhin von einem Land, das sich einbildet, den Weltpolizisten spielen zu müssen, aber nicht bereit ist, dafür einen Preis (in Form von amerikanischem Blut) zu bezahlen: Seit Vietnam ist es wohl das schlimmste Tabu für einen US-Präsidenten, eigene Verluste bekanntgeben zu müssen... Man denke etwa an Somalia: Die USA mussten sich aufgrund der "unerträglich hohen" Verluste zurückziehen, weil sie neun Tote zu beklagen hatten...

>Warum wurde er am Ende verschont?

Weil er den amerikanischen Interessen lebend nützlicher ist, als wenn er getötet, und damit zum Märtyrer der islamischen Welt wird - auch so ist er schon der Liebling der arabischen Massen.

>Ich beobachte die Russen durchaus mit Mißtrauen. Aber mit dem gleichen Mißtrauen blicke ich auch über den Atlantik.

Das ist durchaus richtig, aber im Gegensatz zu den Amerikanern sind die Russen bereit, den Preis zu bezahlen. Die USA sind gleichzeitig das mächtigste (potentiell) und das schwächste (tatsächlich) Land der Erde. Zweifellos ist trifft auch auf sie die Antwort des Orakels zu Delphi zu: Von den Spartanern befragt, ob es jemanden gäbe, der sie besiegen könne, antwortete die Pythia kurz und bündig: "Luxus".

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