Brauchen wir einen "Führer"?
Geschrieben von King Henry am 07. April 2005 22:03:29:
Als Antwort auf: Re: Mal Pfeffer dazu geschrieben von Johannes am 07. April 2005 20:41:59:
Hallo Johannes,
nein, ich betrachte das ganz allgemein, wegen den vielen Kirchenaustritten und der Religionsmüdigkeit und weil sich doch kaum jemand an die kirchlichen Gebote mehr hält heutzutage.
Das muß einen Grund haben ...
Den ganzen Rummel um den Papst beobachte ich auch aufmerksam, ich habe den Eindruck, da wird eine Art "Weltherrscher" zu Grabe getragen, wie es bei großen und mächtigen Herrschern auch der Fall war. Nur bei Jesus selbst geschah alles in völliger Stille. Na ja, der Papst ist ja nicht Jesus, soweit alles klar.
Die Menschen wünschen sich offenbar wieder einen Anführer, einen Häuptling, einen großen Presidenten an der Spitze, der die Nation "Mensch" antreibt zu neuen Höhen und zu einer menschlicheren Gesellschaft. Oder soll ich gleich "Führer" sagen? So jedenfalls erscheint mir der derzeitige Rummel um den körperlichen Tod eines Menschen, der ebenso unbedeutend ist wie jeder andere von uns.
Die vielen Leute, die zur Beerdigung laufen, sind entweder Katholiken oder Leute wie Bush, die sich gern mit fremden Federn schmücken und nur so tun als ob. Der ganze Rest hat einfach nur Spaß dran. Rockkonzerte, Fußballspiele, Expos, Freizeitparks sind ja auch regelmäßig überlaufen. Was bedeutet das schon?
Der Papst als eine Art Weltherrscher der Christenheit, die Moslems würden sich den Mahdi wünschen, andere einen neuen Buddha und so weiter je nach Religion, so erscheint mir das Ganze. Eine wunderbare Ablenkung von der Tatsache, das jeder Mensch sein Leben in die eigene Hand nehmen kann und nicht von irgendwelchen Gurus oder Päpsten abhängig ist.
Ich habe es schon gemerkt, der Mensch braucht etwas, an dem er sich (an-) hängen kann. Das er anbeten kann, weil er sich sonst hilflos fühlt. Diese Herrscher, seien sie real wie der Papst oder irreal wie die Jungfrau Maria, Jesus oder Gott selbst sind eine ganz hervorragende Ausrede um nicht selbst tätig werden zu müssen, um die Hand in den Schoß zu legen und in tiefer Dekadenz zu sinken.
Zum "Oberhirten" der evangelischen Landeskirche (Niedersachsen), wozu ich vor einigen Jahren auch noch gehörte: Es ist ja richtig, das es eine Abspaltung ist vom Joch der großen "katholischen" Kirche, die alleine schon eine Milliarde Mitglieder hat. Na und? Es gibt auch große und kleine Länder, oder sollten wir Luxemburg das Existenzrecht absprechen? Oder Monaco, wo auch ein allseits bekannter und (besonders bei Steuersparern) beliebter Monarch verstarb?
Logisch, das da nicht so viele Leute kommen wie bei einem Großen Monarchen oder dem zweifelsfrei weltberühmten und geachteten Oberhaupt der kath. Kirche!Die evangelischen Kirchen weichen auf, weil sie keine festen Grundsätze mehr haben und diese dem Zeitgeist anzupassen versuchen. So wie die Wissenschaft sich immer an neue Erkenntnisse anpaßt, versuchen die evang. "Gemeinschaften" (Hubert) sich an die Meinungen und Stimmungen der Mitglieder anzupassen. Und haben dann keine Konsistenz, keine feste Säulen, an denen man sich anlehen kann und dabei nicht umstürzen. Sie schwanken mit ihren Grundsätzen hin und her.
Im Grunde aber geht es bei allen christlichen Kirchen um das Gleiche: Der Glaube an Dogmen, ob sie wahr sind oder nicht, sei dahingestellt. So erklärte "unsere" (Nieders.) Bischöfin Kässmann "wer nicht an die Kreuzigung und Auferstehung Jesus glaubt, ist kein Christ" (die Gebote einzuhalten reicht wohl nicht?). Allerdings erklärt sie nicht, was "Glaube" eigentlich ist oder hat ihre eigene Vorstellung davon.
Katholiken, Protestanten, Orthodoxe, Zeugen Jehovas, Weltweite Kirche Gottes und wie sie alle heißen haben im Grunde denselben "Glauben" und unterscheiden sich nur in ihren individuellen Dogmen voneinander, z. B. im Streit um die "Dreieinigkeit", die ebenso viele Fans wie Gegner hat.
Die Kirchen resp. Gemeinschaften müssen mir erklären, warum ich das eine oder andere glauben soll oder das eine und andere nicht tun soll. Und dabei happert es gewaltig. Es ist unverständlich und lebensfremd. Nur bestimmte Werte sind sinnvoll und sollten gelehrt werden, da gibt es in der Tat eine unangenehme Abkehr der Menschen. Aber der ganze Rest, für was soll der sinnvoll sein?
"Sehnsucht nach Halt und Geborgenheit" - siehe oben und: Es gibt eine Intelligenz, die auf unsere Gedanken und Gefühle reagiert. Diese muß man richtig nutzen und anwenden (uti, non abuti = gebrauchen, nicht mißbrauchen), dann kann man den Himmel auf Erden erschaffen. Wieso sollte ich bei einer Kirche Halt und Geborgenheit bekommen, wenn die mir wie die katholische so gut wie alles verbietet? Oder mir nicht erklären kann, was "Glauben" wirklich ist und wie er funkioniert? Nein, nicht der Glaube an Dogmen!
Zum Schluß, falls noch jemand mitliest: Wir diskutieren fast nur über Religion bwz. Religionspolitik. Du, Johannes, kannst den Thread in das Ergänzugsforum verlegen oder ins Reliforum. Bei mir ist heute der Gaul durchgegangen ;-) - und ich halte mich jetzt auch wieder zurück. Wer mehr wissen will, kann ja ins Positives-Denken-Forum kommen bwz. in mein Café Positivdenker. Einen Becher Kaffee gibt es umsonst.
Und der neue Papst Hubert ist jederzeit willkommen. Falls er Kaffee mag ;-)
Beste Grüße
Henry/Heinrich
"Gärtner von Eden"
- wie kann man sich nur so irren? Discover21 08.4.2005 03:00 (0)