Schopenhauer vs Hegel
Geschrieben von zSz am 06. Februar 2002 11:24:58:
Als Antwort auf: Terror als Gehirnwaesche fuer die Gesellschaft geschrieben von LowSouL am 06. Februar 2002 06:48:06:
Schopenhauer hat auf die Manipulation durch die abstrakten Sprachkonstruktionen Hegels, schon sehr früh hingewiesen. Nur wer kennt heute noch Schopenhauer.
SCHOPENHAUERS SPRACHKRITIK
Und doch ist nichts leichter, als so zu schreiben, daß kein Mensch es versteht: wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, daß Jeder sie verstehen muß.
Schopenhauer geht in seiner Kritik jedoch noch einen Schritt weiter und versucht zu belegen, daß die Verunstaltung der Sprache sowie die Verwendung abstrakter Begriffe keineswegs bloß nur die Unwissenheit des jeweiligen Autors kaschieren muß. Denn handelt es sich hierbei noch um die eher harmlosen Spiele mit Worten, die als Aufputz trivialer Gedanken eingeführt werden, so ändert sich für Schopenhauer die Situation drastisch, sobald die Verwendung abstrakter Begriffe zur Strategie ausartet," um das eigenständige Denken zu untergraben
"den wahren und natürlichen Hergang der Sache gerade auf Kopf zu stellen und demnach die Allgemein-Begriffe, welche wir aus der empirischen Anschauung abstrahieren, die mithin durch Wegdenken von Bestimmungen entstehen, folglich je allgemeiner desto leerer sind, zum Ersten, zum Ursprünglichen, zum wahrhaft Realen (zum Ding an sich, in Kantscher Sprache) zu machen, infolge dessen die empirisch-reale Welt allererst ihr Dasein habe..."
Ein durch abstrakte Begriffe bedingtes System erweckt derart den Eindruck, es eröffne einen Zugang zur Wirklichkeit, der völlige Deckungsgleichheit von Begriff und Wirklichkeit implizieren würde.
"Wenn ich daher solche moderne Philosopheme lese," schreibt Schopenhauer, "die sich in lauter sehr weiten Abstraktis fortbewegen, so kann ich bald, trotz aller Aufmerksamkeit, fast nichts mehr dabei denken, weil ich eben keinen Stoff zum Denken erhalte, sondern mit lauter leeren Hülsen operieren soll, welches eine Empfindung gibt, der ähnlich, die beim Versuch, sehr leichte Körper zu werfen, entsteht: die Kraft nämlich und auch die Anstrengung ist da: aber es fehlt am Objekt, sie aufzunehmen, um das andere Moment der Bewegung herzustellen.
Mit seiner rigorosen Ablehung der Universitätsphilosophie dokumentiert SCHOPENHAUER besonders drastisch seine Skepsis gegenüber einer ideologisch mißbrauchten Sprache.
Die verunstaltete, ideologisch mißbrauchte Sprache schlägt sich nach SCHOPENHAUER keineswegs bloß in staatlich besoldeten Werken nieder - sie übt eine erzieherische Funktion aus. Dadurch gelingt es ihr auch, die Autonomie des Intellektuellen zu untergraben und in bestimmten vorgeprägten Begriffsrastem zu denken.
Der Fortschritt in der Verunstaltung der Sprache und der Anhäufung des abstrakten Begriffsvokabulars läuft nach Schopenhauer konform mit einem unaufhaltbaren Rückschritt der Forschung. Der Sprache gelingt es nicht nur, hinter komplizierten und verschachtelten Wendungen realpolitische und ökonomische Interessen zu verbergen, sondern sie führt darüber hinaus auch wieder Begriffe ein, die bereits in vergangenen Epochen der Philosophie aus dem wissenschaftlichen Diskurs ausgeschieden sind. Die Wiedereinführung "abgestorbener" Begriffe, die nun als modernisierte Scheinbegriffe ihre Wirkung auf den Kreis der Intellektuellen nicht verfehlen, dienten zur Neutralisierung und Bloßstellung möglicher Gegner aber auch zur Umerziehung bzw. zur andressierbaren Gefügigkeit diverser Selbstdenker.