Re: Könnte jetzt vielleicht noch jemand die Frage von Tempelritter beantworten ?
Geschrieben von Zetountis am 13. Februar 2005 23:43:41:
Als Antwort auf: Re: Könnte jetzt vielleicht noch jemand die Frage von Tempelritter beantworten ? geschrieben von Hubert am 13. Februar 2005 12:55:35:
Guten Abend, Hubert,
[...]
>Wenn beim nächsten Konklave das Kollegium der wahlberechtigten Kardinäle zusammentritt, kann es nur einen Kardinal zum Papst wählen, denn Nicht-Kardinäle werden gar nicht in die Sixtinische Kapelle hineingelassen.Wenn es so wäre, daß nur ein Anwesender zum Papst gewählt werden kann - könnte es aber sein, daß es nicht immer so gewesen ist?
Ich erinnere mich an "Gregorius, den guten Sünder" unseres mittelalterlichen Dichters Hartmann von Aue. Hier die betreffende Passage (nach meinem Gefühl nicht ohne feine Ironie über die römischen Zustände):
Als der Unglückselige [Gregorius]
siebzehn Jahre lang
auf dem verlassenen Felsen gelebt,
als ihm Gott seine schwere Schuld [unwissentlicher Inzest mit seiner Mutter]
vergeben hatte und ihm nun
gnädig zugeneigt war,
starb der Papst in Rom,
wie ich geschrieben las.
Kaum war er aus dem Leben gegangen,
bemühte sich jeder Römer,
dieses große Amt,
zu dem so herrlicher Reichtum gehörte,
für die eigene Sippe zu gewinnen.
Der Streit nahm solche Formen an,
daß sie vor Neid und Ehrsucht
nicht zu entscheiden wußten,
wem nun der Heilige Stuhl
anvertraut werden sollte.
Endlich beschlossen sie allesamt,
Gott unserm Herrn
die Wahl zu überlassen,
damit er ihnen durch ein Gebot
gnädig verkünden möge,
wer sich als ihr Oberhaupt eigne.
Sie nahmen sich vor, Gott zu dienen,
und taten es, indem sie
Almosen gaben und beteten.
Da erzeigte sich Gott barmherzig,
der stets den Anruf der Frommen erhört:
Er gab zwei altangesehenen Römern,
deren Geradheit und Ehrlichkeit
so hell zutage lag,
daß ihr Wort einem Eide gleichkam
eines Nachts den klaren Bescheid. -
Während sie, ein jeder für sich,
lagen und beteten,
sprach die Stimme Gottes zu ihnen,
sie sollten am nächsten Morgen
die Römer zusammenrufen
und ihnen folgendes verkünden -
denn das sei Gottes Wille
bei der Wahl ihres geistlichen Hauptes:
Im Lande Aquitanien
sitze auf einem einsamen Felsen
schon seit siebzehn Jahren
ganz allein ein Mann,
vom dem dort niemand wisse.
Diesem komme in Wahrheit
der Thron des Papstes zu;
sein Name sei Gregorius.
Daß Gott sich beiden offenbarte,
besagte, daß ein Mund allein
nicht so gültig bezeugen kann,
was Kraft und Wirkung haben soll.
Keiner von ihnen wußte,
daß auch dem anderen
in dieser Nacht dasselbe
verkündet worden war,
bis sie beide zusammenkamen
und einer es vom andern erfuhr.
Und als sie nun taten,
wie ihnen geheißen war,
indem er eine berichtete,
der andere die Bestätigung gab,
da glaubten die Römer
dieser Kunde mit Freuden
und jubelten zu Gott.
Die beiden vornehmen Alten
wurden als Boten ausgesandt
in das Land Aquitanien:
Dort sollten sie den frommen Mann
suchen und den Römern bringen.-Die Geschichte geht recht spannend weiter. Hier ein paar Zeilen vom Empfang in Rom:
Rom, die gewaltige Stadt,
empfing voller Freuden
ihren obersten Herrn.
Das sollte ihr lauter Gutes bedeuten,
denn man hatte in ihr
noch nie einen Papst gewählt,
der für die Wunden der Seele
ein besserer Arzt gewesen wäre.-
Er wußte das Leben recht zu führen,
denn belehrt vom Heiligen Geist
besaß er reifes Urteil.
Steng bemühte er sich um Recht.
Es ist wichtig, daß man als Herrscher
Demut bewahrt
(dadurch finden die Armen ihr Heil)
und sich dennoch entschlossen zeigt,
um die nötige Furcht zu wecken
und um kraft des Gesetzes
die zu unterwerfen, die es mißachten...>Kardinal kann man hingegen werden, ohne zuvor die Priester- oder Bischofsweihe empfangen zu haben. Da ein Kardinal ja nicht mehr und nicht weniger als ein "Berater des Papstes" ist, ist es also durchaus denkbar, daß ein nicht-geweihter, aber brillanter Theologe zum Kardinal ernannt wird.
und dann in kürzester Zeit durch alle hierarchischen Stufen vom Diakon und Priester bis zum Bischof hochgeweiht wird, denn der Papst ist schließlich Bischof von Rom.
Freundliche Grüße,
Gunther.