Verseuchte Städte

Geschrieben von Tasco am 20. Januar 2005 14:41:

Als Antwort auf: schmutzige Bombe in USA? geschrieben von JoeKaiser am 20. Januar 2005 13:47:31:

Verseuchte Städte

Betrachten wir als Beispiel die explosive Freisetzung von Caesium-137 mit einer Aktivität von 1,3 × 1014 Becquerel (Zerfälle pro Sekunde). Quellen mit einer solchen Aktivitätsmenge sind in der ehemaligen Sowjetunion abhanden gekommen. Terroristen könnten damit allerdings nur schwer umgehen, weil sie sich gegen die Strahlung schützen müssten. Doch das Caesium läge bereits als Pulver vor, sodass eine effektive Verbreitung durch einen Sprengsatz relativ einfach wäre.

Die Explosion einer solchen Bombe im Südwesten von Manhattan in New York würde eine Fläche von rund 800 Quadratkilometern derart verseuchen, dass sie nach den strengen Richtlinien der EPA nicht mehr bewohnbar wäre. Die Katastrophe hätte zwar nicht das Ausmaß von Tschernobyl - die insgesamt freigesetzte Strahlung wäre geringer und gefährliche kurzlebige Isotope wie Iod-131 wären gar nicht vorhanden. Doch das Chaos und der Schrecken wären enorm. In einem Gebiet, das etwa zwanzig Straßenzüge umfasste, wäre für die dortigen Bewohner (ohne Dekontaminierung) innerhalb der nächsten dreißig Jahre mit einem zusätzlichen Krebs­toten pro zehn Personen zu rechnen. Ein Areal von rund 15 Quadratkilometern müsste nach den Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (International Commission on Radiological Protection) evakuiert werden. Selbst wenn diese Standards auf die in der Umgebung von Tschernobyl angewandten Werte gesenkt würden, wären noch immer etwa hundert Häuserblöcke unbewohnbar. Der materielle Schaden würde hunderte Milliarden US-Dollar betragen.

Für die Dekontaminierung solch großer Areale in einem Stadtgebiet gibt es keinen Präzedenzfall. Die bisherigen Erfahrungen beruhen im Wesentlichen auf kleinen Reinigungsaktionen in Unternehmen sowie auf den während des Kalten Krieges durchgeführten Studien über die Folgen ­eines Atomkrieges. Zunächst müssten sich die Reinigungstrupps darauf konzentrieren, radioaktive Staubteilchen von Oberflächen oder aus Spalten und Rissen zu entfernen. Dies könnte mit relativ kostengünstigen mechanischen Verfahren wie Absaugen und Absprühen geschehen. Dort, wo Radioaktivität in poröse Materialien eingedrungen ist, müsste die Oberfläche durch Sandstrahlen oder ähnlich aufwendige und teure Verfahren abgetragen werden. In manchen Fällen müsste der Belag von Bürgersteigen und Straßen gänzlich entfernt und entsorgt werden, ebenso wie die oberste Erdschicht aus Grünanlagen und Gärten. Ein Großteil der Vegetation wäre wegzuschneiden. Mit Hilfe von Säuren und anderen Chemikalien müssten Rost und mineralische Ablagerungen entfernt werden, in die radioaktive Partikel eingedrungen sind.

Im Interesse der Machbarkeit könnte es auch notwendig werden, die Richtlinien über Strahlengrenzwerte - die für Situationen in Friedenszeiten entwickelt wurden - zu überdenken. Falls nicht wirklich ganze Stadtviertel aufgegeben werden sollten, müssten die Bewohner ein höheres Risiko in Kauf nehmen. Würde man etwa noch eine effektive Dosis von 0,05 Sievert über einen Zeitraum von fünfzig Jahren zulassen, so würde rein statistisch von 500 Personen eine Person zusätzlich an Krebs sterben. Dies entspräche einer Minderung der allgemeinen Lebenserwartung um etwa 15 Tage. Eine andere Möglichkeit wäre, all jene Gebiete zu säubern, die das Doppelte der normalen Hintergrundbelastung aufweisen.



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